1107 - Die Mutation
erster an der schmalen Haustür.
Ein Namensschild sah ich nicht, aber es gab eine Klingel, auch wenn sie beinahe unter den Blättern einer Ranke verschwunden war.
Ich drückte sie, und wir hörten im Haus einen Summton. Der war laut genug, um auch Schlafende aufzuwecken. Die Person, die öffnete, ließ sich Zeit. Und sie zog auch nicht die Tür auf, sondern das Fenster, hinter dem Suko sie gesehen hatte.
Hätten wir nicht schon von der Frau gehört, die hier wohnen sollte, wären wir überrascht gewesen, so aber hielt sich unser Erstaunen in Grenzen.
Der Empfang war nicht besonders freundlich. »Wer sind Sie? Und was wollen Sie?«
Wir antworteten noch nicht sofort, sondern schauten uns die Person näher an.
Die Frau, die sich im Licht abzeichnete, mußte so um die 30 Jahre alt sein. Ihr Haar war braun, das Gesicht recht schmal. Zwischen ihrer Stirn und dem Ansatz der Nase befand sich ein scharfer Einschnitt, so daß die Nase ziemlich hart aus dem Gesicht hervorsprang. Im Gegensatz dazu waren die Lippen der Frau weich, aber sie zeigten kein Lächeln.
»Ich habe sie etwas gefragt!« Angst vor uns Fremden zeigte sie nicht.
»James Cusack…«, sagte ich.
»Was ist mit ihm?«
»Er wohnt doch hier, oder?«
Der Mund verzog sich. »Als ob Sie das nicht wüßten. Sonst wären Sie ja nicht gekommen. Ja, er wohnt hier. Sonst noch was?«
»Wir möchten ihn sprechen«, sagte Suko.
Die Frau holte Luft. Über der Brust spannte sich der Stoff des gelben Kleides, das mit einem recht tiefen Ausschnitt versehen war und schon fast einem Negligé glich, wozu auch die dünnen Träger paßten. Beinahe wie Glendas Totenhemd…
»Wenn Sie ihn sprechen wollen, dann kommen Sie morgen wieder. Ich mache einen Termin für Sie.«
»Heißt das, daß James Cusack nicht da ist?« fragte Suko.
»Gratuliere. Das haben Sie schnell gemerkt.«
»Sie sind Jana?«
»Ihr seid Bullen, wie?« Sie lachte. »Ich weiß, eure Kollegen haben nichts gefunden. Sie wollen James und mir was anhängen. Aber das ist nicht drin, verdammt. Wir züchten hier Orchideen, und mit dem anderen Quatsch haben wir nichts zu tun.«
»Was meinen Sie damit?« fragte ich.
Sie grinste wie eine Raubkatze. »Das wissen Sie ganz genau. Ich denke mir, daß Sie ohne Durchsuchungsbefehl hier erschienen sind. Deshalb hauen Sie ab, und zwar schnell.« Ihre Worte schwebten noch in der Luft, als sie heftig das Fenster zurammte. So laut, daß wir erschraken.
»Das war deutlich genug«, sagte Suko.
»Zu deutlich.«
»Wie meinst du das?«
»Ich habe das Gefühl, daß sie uns loswerden wollte. Nur nicht länger mit uns sprechen.«
»Dann könnte sie in Eile sein.«
»Sie ist in Eile«, sagte ich.
»Vielleicht will sie weg?«
Ich zuckte die Achseln. »Das werden wir sehen. Jedenfalls hat sie nicht normal reagiert. Sie hat unter einem gewissen Druck gestanden, und sie wollte nicht, daß wir länger blieben. Da will jemand nicht gestört werden, das ist alles.«
Er lächelte mich an. »Dann warten wir doch.«
»Gefällt mir und gefällt mir trotzdem nicht.«
»Was hast du denn jetzt schon wieder?«
Wir hielten uns an einer recht dunklen Stelle auf und hofften, vom Haus her nicht gesehen zu werden. »Mir gefällt nicht, daß wir so verdammt eingeschränkt sind.«
»Wer holt den Wagen?«
»Du!«
Suko schüttelte den Kopf. »Gab es zwischen uns mal nicht so etwas wie losen?«
»Kann mich nicht erinnern.«
Suko hielt die Münze schon in der Hand. »Wenn die Zahl oben liegt, hole ich den Wagen.«
»Aber stell ihn nicht vor dem Haus ab.«
»Noch habe ich nicht verloren.«
Drei Sekunden später schon, da lag nämlich die Zahl unten. Suko schluckte hörbar seine Wut herunter.
»Es ist ja nicht weit«, tröstete ich ihn. »Ich kann dich ja mitnehmen.«
»Bis gleich.«
Mein Freund hatte verloren und protestierte auch nicht länger. Für einen Moment hörte ich noch ein leises Rascheln und seine Schritte, dann waren auch sie verstummt.
Ich blieb dort zurück, wo ich stand und fand diesen Ort recht günstig. Wenn ich den Kopf nach links drehte, sah ich die Vorderseite des Hauses mit den erleuchteten Fenstern im unteren Geschoß. Oben war alles dunkel, aber auch unten erlosch sehr bald das Licht bis auf eine schwache Notbeleuchtung, deren Schimmer unter der Haustür hervorkroch.
Ich hatte Jana nur kurz gesehen und auch gesprochen. Aber ich bezweifelte, daß sie das Licht gelöscht hatte, um zu Bett zu gehen. Dafür war sie nicht der Typ. Sie stand noch zu sehr unter
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