1109 - Hexenspiele
Lippenstift und einige Geldscheine, sowie Papiertaschentücher.
Er nahm sich die nächste Tasche vor. Dabei hatte er mehr Glück.
Ihm fiel ein Ausweis in die Hände, und zwei Sekunden später kannte er den Na men der Frau.
Sie hieß Rosy Welch und wohnte im Stadtteil Hoxton, nördlich der City of London. Das war immerhin eine Spur, aber Suko wühlte noch weiter, und es fiel ihm eine Liste in die Hände. Er mußte das Papier erst entfalten, dann konnte er lesen, was die Liste enthielt und war überrascht, zahlreiche Straßennamen zu lesen, die fein säuberlich untereinander geschrieben worden waren.
Er steckte die Liste ein. Den Ausweis schob er wieder zurück in die Außentasche. Name und Adresse hatte er sich gemerkt. Als er in die Höhe kam, sah er den Mann auf sich zukommen, der vorhin diese Puff-Baracke verlassen hatte.
Er war einer, der seine Haare besonders geschnitten hatte. Auf dem Kopf wuchsen sie dicht wie ein Schatten, obwohl sie kurz geschnitten waren, so daß sie die Form einer schmalen Kappe aufwiesen.
An den Seiten, wo normalerweise auch Haare wuchsen, waren sie abrasiert worden. Das Gesicht sah klumpig aus und war auch leicht verschoben durch die schiefe Nase. Ein Beweis dafür, daß dieser Typ einige Prügeleien hinter sich hatte. Bekleidet war er mit einer ochsenblutfarbenen Lederhose und einem schwarzen Sweatshirt mit dem Aufdruck »Ich bin der Tod«. Um dies zu untermauern, grinste den Betrachter ein roter Totenkopf an.
»Ist sie tot?«
»Ja.«
»Kann man nichts machen.« Er blickte zurück. »Scheiße, sie ist gegen meine Bude gerammt. Die Mauer hat sie beinahe durchbrochen. Ich kann den Laden für eine Weile schließen. Hier kriege ich nichts von ihrer Versicherung zurück.«
»Es schadet wohl nicht, wenn Ihre Bude mal dichtgemacht wird, Mister.«
»He, Chinese, deine Schnauze reißt du verdammt weit auf!« Er bekam einen bösen Blick. »Ich an deiner Stelle würde vorsichtig sein.«
»Ich an Ihrer auch«, erwiderte Suko und präsentierte zum drittenmal seinen Ausweis.
»Auch das noch«, stöhnte der Typ. »Mir bleibt auch nichts erspart, ehrlich nicht.«
»Sie kannten die Frau nicht - oder!«
»Nein. Nie gesehen. Sieht nicht schlecht aus, die Kleine. Hat eben Pech gehabt.«
»Das kann man sagen.«
»Ich muß wieder zurück.«
»Aber Sie werden dort bleiben, Mister. Die Kollegen kommen gleich. Es war Mord, und wir benötigen die Aussagen der Zeugen.«
»Damit habe ich nichts zu tun.«
»Trotzdem.«
Der Typ fluchte, bevor er wieder zurück zu seiner Bude ging.
Nachdenklich schaute Suko ihm nach, holte noch einmal die Liste hervor und überblickte die einzelnen Straßennamen. Sie waren ihm nicht geläufig, aber sie mußten zum Großraum London gehören. Wahrscheinlich fand er sie alle in einer Siedlung, die recht neu war. Es wurde ja immer gebaut, und so entstanden neue Straßen mit ebenfalls neuen Namen.
Suko wußte schon jetzt, daß er sich in der Umgebung umsehen würde. Das so bald wie möglich. Er würde allein sein oder Shao mitnehmen, das wußte er nicht genau. Auf seinen Freund und Kollegen John Sinclair konnte er nicht zählen. Er war nach Liverpool gefahren, um den Tod zweier Kollegen aufzuklären.
Es dauerte nicht mehr lange, da trafen die Kollegen von der Mordkommission ein. Sie hatten Spezialisten der Feuerwehr mitgebracht. Wie ein Denkmal stand Suko neben der Leiche. Er kannte den Chef der Truppe. Es war der Kollege Murphy, der die Augen verdrehte, als er Suko erblickte.
»Sie mal wieder.«
»Ich kann es nicht ändern.«
»Und wo ist Ihr Schatten?«
»Sie meinen John Sinclair?«
»Wen sonst.«
»Der hat leider in Liverpool zu tun.«
Murphy lachte laut auf. »Leider, sagen Sie? Einer aus eurem Duo reicht mir.« Er winkte ab. »Ist egal, dann kommen wir mal zur Sache. In welch einen Sumpf sind Sie denn wieder hineingetreten, Suko?«
»In keinen. Es war reiner Zufall, denn ich habe mit der Verunglückten nichts zu tun. Ich habe ihr auch nicht die Bombe in den Wagen gelegt, mein Lieber.«
»Sie haben damit nichts zu tun?«
»So ist es.«
Murphy strich über seinen Oberlippenbart. »Aber das wird sich doch ändern, wie ich Sie kenne?«
»Das ist durchaus möglich.«
»Super. Und ich dachte schon, ich wäre im falschen Film.«
***
Shao war schon vorgewarnt. Als Suko endlich eintraf, hatte die Dunkelheit das Licht des Tages bereits abgelöst. Es war zwei Stunden vor Mitternacht, und Suko sah ihrem Gesicht an, daß Shao sich Sorgen gemacht
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