1110 - Killer-Katzen
Großstadt finden können. Das war auch kein Platz für ein Kleinkind im Kinderwagen.
»Ich gehe mit, John. Hier gefällt es mir nämlich nicht.«
»Nichts dagegen.«
Wir mußten eine breite Stufe hochgehen und wandten uns dann nach rechts. Es war ein Schlachthaus, und es war auch mit einem Kühlhaus verbunden, wie wir merkten. Zu den Kühlräumen allerdings führte eine Metalltür, die durch einen Hebel verschlossen war.
Wir sahen auch den Mann wieder, der den Wagen gefahren hatte. Er stand neben einem breiten und langen Tisch, der oben aussah wie eine Kunststoffwanne. Dunstschwaden überzogen ihn, denn in einem großen Ofen an der Seite wurde gekocht. Auf dem Tisch lag nicht nur Fleisch in großen Stücken, wir sahen auch die dazugehörigen Messer, deren Klingenlänge und -breite einem Zuschauer schon Angst einjagen konnte.
Mit den Messern beschäftigte sich der junge Mann in seiner hellen Kleidung nicht. Darüber trug er eine Schürze, deren Latz ihm bis zur Brust hochreichte. Sie bestand aus Leder oder Kunststoff und war blutbeschmiert. Der Mann war damit beschäftigt, Fleischstücke in den blauen Plastiksack zu schaufeln, den ihm der Fahrer offen hinhielt. Im Hintergrund arbeitete ein zweiter Mann und klopfte Fleischstücke platt. Neben ihm dudelte ein Radio.
»Das ist ja schlimm hier!« flüsterte Fay.
»Eine Schlachterei ist kein Kindergarten.«
»Nein, danke.«
Man hatte uns noch nicht gesehen. Wir konnten die Unterhaltung der beiden Männer hören.
»Nein, Goran, das ist alles, was ich habe.«
Goran, der uns seinen Rücken zuwandte, schüttelte den Kopf. »Zuwenig, Meister, davon werden die Katzen nicht satt.«
»Dafür kann ich nichts. Laß sie doch Mäuse fressen.«
»Warum nicht Menschen?«
Der Metzger unterbrach seine Tätigkeit und starrte Goran an. »Bist du irre, Mann?«
»Nein, du weißt wie Brenda denkt.«
»Ich kann mir kein Zeug aus den Rippen schneiden. Sag das deiner Brenda.«
»Das werde ich.« Er schaufelte den Rest hinein. »Und jetzt mach dich vom Acker.«
»He, willst du mir drohen?«
»Nein, aber ich muß arbeiten.«
Goran hob einen Arm. »Sei vorsichtig, Ken. Mach dir Brenda nicht zur Feindin.«
»Leck mich.«
»Ha.« Goran drehte den Plastiksack zu. »Dir wird der Arsch noch auf Grundeis gehen. Dann bleibt dir deine verdammte Arroganz auch im Maul stecken.«
Ken schwieg. Er drehte sich um und sah uns. Es war so überraschend für ihn, daß er erschrak und zunächst keine Worte fand. Erst als uns Goran auch gesehen hatte, fand er seine Sprache wieder.
»Was wollen Sie denn hier?«
»Mit diesem Herrn dort reden.«
»Ach, mit mir?«
»Ja.«
»Worüber?«
»Über ihre Chefin.«
Goran lachte. Sein Alter war schwer zu schätzen. Er war bestimmt noch keine 40, doch sein Gesicht sah sehr alt aus. Das Leben hatte seine Spuren hinterlassen und tiefe Falten in die graue, ungesund wirkende Haut hineingezogen. Die wulstige Oberlippe schob sich beinahe bis zur Nase hoch. Die Augen schauten uns tückisch an. Auf den Wangen zeichneten sich dunkle Bartschatten ab. Seine Kleidung sah aus, als müßte sie mal gereinigt werden. Mit seiner Frage wartete er.
»Was wollt ihr denn von der Chefin?« fragte er schließlich.
»Das werden wir ihr selbst sagen.«
»Sie gibt keine Katzen ab.«
»Habe ich behauptet, welche kaufen zu wollen?«
Er kniff die Augen zusammen. »Ihr gefallt mir überhaupt nicht. Ihr seid Schleimer und Lügner.« Er drehte den Sack an der Öffnung noch mehr zusammen und wuchtete ihn über seine Schulter. Zu Ken gewandt sagte er: »Es war ein Fehler von dir.«
»Hau endlich ab!«
Das tat Goran auch. Er kam auf uns zu. Hätte er einen Bart getragen, wäre er der jüngere Rübezahl gewesen. Fay war zur Seite gegangen. Sie wollte nicht in seiner Nähe bleiben und beobachtete ihn mit flackerndem Blick.
Ich blieb stehen. Auch Goran stoppte. »Wir werden Ihrer Chefin trotzdem einen Besuch abstatten«, erklärte ich ihm.
»Ja, ich freue mich schon. Und auch die Katzen.« Er grinste mich an und ging vorbei. Als er Fay anschaute, leckte er schnell mit der Zunge über eine Lippen.
Es war eine widerliche Geste, der auch Fay nichts abgewinnen konnte. Ihr Mundverzerrte sich. Man sah ihr an, daß sie diesen Mann zum Teufel wünschte.
Ken wischte über seine Stirn, bevor er uns ansprach. »Ich weiß ja nicht, wer Sie sind, aber ich gebe Ihnen trotzdem einen Rat. Lassen Sie die Finger von diesem Weib.«
»Sie meinen Brenda?«
»Wen sonst?«
»Wie schlimm ist sie
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