1114 - Der Fluch der Kosmokratin
beschränken, in dem Quiupus Ballon tätig war. Einmal fing Rag einen Blick Sapr Vistoys auf. Der Hüne mit dem einfältigen Gesicht nickte in Quiupus Richtung und fuhr sich mit dem Zeigefinger in bezeichnender Geste gegen die Schläfe. Rag lächelte und schüttelte den Kopf. Nein, Quiupu war bei klarem Verstand. Sein Verhalten mochte einem Terraner seltsam erscheinen. Wie hätte es auch anders sein sollen? Es war natürlich, daß sich Mentalität und Verhaltensmuster verschiedener Spezies voneinander unterschieden. Aber Quiupus Denkapparat war immer in Form - gleichgültig, wie exotisch sein Benehmen sein mochte.
Er setzte seine Routinetätigkeit fort. Die Aggregate waren in Tätigkeit. Das Viren-Imperium formierte sich planmäßig. Srakenduurn-Materie strömte durch die Lücken zwischen den Virenfragmenten; die Konstellation der Fragmente änderte sich kontinuierlich, jedoch mit geringer Geschwindigkeit, während der „kosmische Kitt" zu wirken begann. Rag Cornus' Gedanken wanderten von seiner Arbeit fort. Was war da auch, womit er seinen Verstand hätte beschäftigen können? Jede drastische Veränderung einer Anzeige würde seine Aufmerksamkeit sofort auf sich ziehen. Die Instrumente waren so konstruiert, daß selbst der geistesabwesendste Beobachter aufgeschreckt wurde, sobald die Sensoren etwas Ungewöhnliches entdeckten. „Human Engineering" nannte man das auf Terra: die Kunst, den Menschen von den Launen der Technik so unabhängig wie möglich zu machen. Dabei spielte keine Rolle, daß die Geräte des Montageballons ursprünglich keineswegs auf Menschen abgestimmt waren. Man hatte sie angepaßt, nachdem die verwirrten Bestaubten von der Flotte der Ballons aufgenommen worden waren. „Sie machen es alles mit Formenergie", hätte Sapr Vistoy wahrscheinlich auch in diesem Fall gesagt.
Er dachte an Belice. Er rief sich das Bild in Erinnerung zurück - wie sie den Arm ausstreckte und der metallische Stoff des Gewands sich um ihren Körper spannte. Es wurde ihm heiß. Was hatte sie gemeint, als sie sagte, es sei sein Fluidum, das sie anziehe? War da etwas, worüber er sich hätte Hoffnungen machen dürfen? Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und starrte ins Nichts. Er und Belice! Irgendwo in einem Ferienpark auf der Erde, nachdem sie dieses verdammte Viren-Imperium endlich fertiggestellt hatten. Welch ein Traum!
„Wachträume nennt man das auf terranisch, nicht wahr?" sagte eine schrille Stimme hinter ihm.
Rag fuhr auf. Quiupu war an seinen Arbeitsplatz getreten.
„Alles normal", meldete er gewohnheitsmäßig und ein wenig verlegen.
Der Virenforscher schien nicht interessiert.
„Wir haben während der vergangenen Schicht eine weitere Kostprobe erhalten", sagte er. „Die Fertigstellung des Viren-Imperiums verlief über einen Zeitraum von mehreren Stunden mit einer Geschwindigkeit, die vier Prozent über den Sollwerten liegt."
„Das heißt...", begann Rag.
„Daß jemand daran interessiert ist, das Imperium rascher zu vollenden, als es in unserer Kraft steht", nahm ihm Quiupu das Wort vom Mund. „Das allein brächte mich nicht aus dem Gleichgewicht. Aber er bedient sich dazu der Maschinen und Geräte an Bord unserer Fahrzeuge! Er übt eine Macht über sie aus, die wir nicht besitzen! Er hat ein Wissen, das dem unseren weit überlegen ist."
Es arbeitete in Rags Gehirn. War das der richtige Augenblick, Quiupu von Belices zweitem Besuch zu erzählen? Er entschied dagegen.
„Was bedeutet das für uns?" fragte er. „Was willst du dagegen unternehmen?"
„Wir machen weiter Wie bisher", antwortete der Virenforscher. „Es bleibt uns keine andere Wahl.".
„Keine?" sagte Rag Cornus zweifelnd.
„Nicht, solange wir nicht eine entsprechende Anweisung von den Kosmokraten erhalten."
Da war sie wieder - seine Frage aus der vergangenen Nacht. Wußten die Kosmokraten überhaupt, was hier vorging? Hatten sie eine Möglichkeit, zeitgerecht darauf zu reagieren? Er war drauf und dran, Quiupu danach zu fragen, aber im letzten Augenblick unterdrückte er den Impuls. Er hatte derartige Fragen früher schon gestellt und niemals eine befriedigende Antwort bekommen. Quiupu und seine Virenforscherkollegen wußten nichts über die Kosmokraten.
Zwei Stunden verstrichen. Die Maschinen arbeiteten normal; die Fertigstellung des Viren-Imperiums vollzog sich mit der geplanten Geschwindigkeit. Der Spuk des vergangenen Tages schien vorüber. Später sprachen Lissa Montelfs Ortergeräte an, als sie ein unbekanntes Fahrzeug
Weitere Kostenlose Bücher