Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1114 - Der Pestmönch

1114 - Der Pestmönch

Titel: 1114 - Der Pestmönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Koch macht mir Sorgen.« Sie schielte zu ihm, und auch ich drehte den Kopf.
    Der Mann lehnte mit dem Rücken an der Wand. Sein Gesicht war so weiß, als wäre es gekälkt worden. Er atmete zwar, doch das hörte sich ebenfalls nicht normal an. Der Mann stand unter einem irrsinnigen Druck.
    »Befürchtest du, daß er durchdreht?«
    Glenda nickte. »Alles deutet darauf hin. Der hält sich nur mit großer Mühe aufrecht.«
    Ich deutete auf die Tür. »Mir machen die anderen mehr Sorgen. Sie werden irgendwann in der nächsten Zeit ein Werkzeug gefunden haben, mit dem sie die Tür aufbrechen können. Dann muß uns etwas einfallen. Jedenfalls hältst du dich zunächst zurück.«
    »Nein, John, das werde ich nicht tun!« widersprach Glenda. »Du hast mir die Beretta überlassen. Du weißt auch, daß ich mit der Waffe umgehen kann. Ich werde auf die Köpfe schießen, verstehst du? Nur auf die verdammten Schädel.«
    »Wenn du sie verfehlst, dann wirst du zu einer Mörderin.«
    »Muß ich das Risiko nicht eingehen?«
    Ich wich einer Antwort aus. »Außerdem stecken nicht genügend Kugeln im Magazin.«
    »Trotzdem, John. Ich kann mich einfach nicht so ohne weiteres fertigmachen lassen.«
    Sie dachte so wie ich. Leider lagen die Vorteile noch auf der anderen Seite, auch wenn sich im Moment hinter der Tür nichts tat. Aber die Ruhe war verdammt trügerisch.
    »Ich kann nicht mehr!«
    Es war der Koch, der diese Worte hart ausgestoßen hatte. »Nein, ich kann nicht mehr!«
    Wir fuhren herum.
    Er stand noch immer am gleichen Platz. Dennoch hatte sich bei ihm etwas verändert. Für uns war es ein folgenschwerer Entschluß, denn aus dem Messerblock hatte der Mann eine sehr breite und zweischneidige Klinge gezogen.
    Er hielt den Kopf gesenkt und starrte die Waffe an, als wollte er sie hypnotisieren.
    »Stecken Sie das Messer weg, Mann!« rief ich.
    »Nein!« Er schüttelte den Kopf. Dann schaute er uns an. Sein Blick sagte uns, daß er uns nicht wahrnahm. Er war nach innen gerichtet und einzig und allein darauf aus, sein Ziel zu erreichen.
    »Ich will hier weg!«
    »Das wollen wir alle«, sagte Glenda, wobei sie ihre Stimme nicht aggressiv klingen ließ. »Wir werden es auch schaffen. Aber nicht sofort, verstehen Sie?«
    »Ich will raus!«
    »Später!«
    »Neiiinnnn…!« röhrte er. »Nein, ich kann das nicht mehr aushalten. Ich will weg!« Über sein Gesicht rann der Schweiß in Strömen. Er stand dicht vor dem Durchdrehen, und das Messer in seiner Hand machte ihn verdammt gefährlich.
    Dann drehte er sich nach links.
    Wir standen uns gegenüber. Glenda flüsterte: »Verdammt, der meint es ernst. Soll ich schießen?«
    »Nein, nicht!«
    »Aber…«
    »Laß ihn kommen!«
    Durch den Körper des Mannes ging ein Ruck, als wäre ein Relais angeschlagen. Der Ruck war zugleich das Startsignal für seine Beine gewesen, denn er tat den ersten Schritt. Der Koch ging wie eine hölzerne Figur. Auch sein Gesicht wirkte dabei wie geschnitzt, und in den Augen lag ein Glanz, der erschreckte.
    Er ließ sich nicht stoppen. Zumindest nicht durch Worte. Und schießen wollten wir nicht. Die Klinge stach aus seiner Hand hervor, und sie sah verdammt gefährlich aus. Er hatte sich das längste Messer ausgesucht, das schon beinahe einem kleinen Schwert glich. Er ging wie jemand, der unter Drogen stand und auf ein Ziel programmiert war. Nichts konnte ihn aufhalten, es sei denn, man versuchte es mit Gewalt. Glenda hatte sich von mir entfernt und war somit von der Tür weggegangen.
    Sie zielte mit der Beretta auf den Kopf. Wenn er sich bewegte, wanderte die Waffe mit, so daß er permanent von der Mündung bedroht wurde. Die Pistole hielt sie mit beiden Händen fest und hatte die Arme ausgestreckt.
    Der Koch kümmerte sich nicht darum. Seine Mütze lag irgendwo am Boden. Die helle Kleidung war durch Soßenflecken und andere Essensreste verschmiert worden. Er sprach nicht. Er atmete durch den offenen Mund und stöhnte hin und wieder leise.
    Die Kellnerinnen bewegten sich zum Glück nicht. Sie beobachteten das sich anbahnende Drama weiterhin aus sicherer Distanz.
    Ich versuchte es noch einmal auf dem friedlichen Weg. »Bleiben Sie stehen und werfen Sie das Messer weg! Es hat keinen Sinn. Sie rennen in Ihr Unglück, Mann. Nichts, aber auch gar nichts können Sie mit dem Messer ausrichten.«
    Meine Worte kümmerten den Koch nicht. Ich wußte nicht einmal, ob er sie in seinem Zustand verstanden hatte. Er näherte sich mir wie ein keuchendes Monster auf zwei Beinen.

Weitere Kostenlose Bücher