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1116 - Der Hexenkelch

1116 - Der Hexenkelch

Titel: 1116 - Der Hexenkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zurückhielt. Er war mir zu impulsiv. Ich wollte die Stimmung auf keinen Fall anheizen. Deshalb übernahm ich wieder das Wort.
    »Ich verstehe eure Sorge, und ich glaube euch auch. Es ist bestimmt kein Bluff, doch wer gibt euch die Garantie, daß Alana eure Kinder wieder freiläßt, wenn wir ihr übergeben worden sind? Wer sagt euch das? Vertraut ihr einer Person, die schon einige Menschen aus euren Reihen getötet hat, um selbst am Leben bleiben zu können? Ich würde es nicht tun. Darauf könnt ihr euch verlassen.«
    »Was sollen wir denn machen?«
    »Nachdenken, überlegen.«
    »Sehr schön. Und wie?«
    »Zusammen mit uns. Vielleicht gibt es eine Chance, daß wir sie gemeinsam besiegen können.«
    Josuah Black schaute mich an, als hätte ich ihm etwas Schlimmes untergeschoben. Es begann plötzlich zu lachen und schüttelte den Kopf. »Das ist doch verrückt! Nein, sie hat die Bedingungen gestellt. Sie ist mehr als wir alle zusammen. Niemand kommt gegen ihre Kräfte an. Auch ihr nicht, verdammt. Ihr seid ebenso verloren wie wir, wenn ihr euch gegen sie stellt. Sie ist die Herrin. Sie hat die Kinder, und sie…«
    Ein Lachen unterbrach ihn.
    Ein widerliches, sehr lautes, triumphierendes und auch häßliches Lachen, das meiner Ansicht nach über die gesamte Insel hinweghallte. Es schien aus dem Himmel zu wehen und zugleich aus der Erde zu steigen. Es war einfach da. Es war so laut, so grölend, und es beeinflußte auch die Menschen hier.
    Wir sahen ihnen an, daß sie noch stärker unter ihrer Angst litten. Sie blickten sich an, aber sie sahen sich auch so um, daß sie die Insel überblicken konnten, um die zu sehen, die das widerliche Lachen ausgestoßen hatte.
    Es war die Banshee, das stand fest - und sie hielt sich nicht mehr zurück.
    Sie stand auf einem Felsen. Dort war sie wie ein Spuk erschienen, wie aus dem Himmel gefallen oder aus der Hölle entstiegen.
    Aber sie war nicht allein gekommen. Wie eine Mutter hielt sie die beiden Geiseln an ihren Händen fest…
    ***
    Das Lachen war verstummt. Plötzlich wirkte die Stille wie künstlich geschaffen. Es war nichts mehr zu hören, keine normale Stimme mehr, und auch wir hielten den Atem an.
    Die normalen Geräusche nahmen wir deutlicher wahr. Der Wind schien lauter zu wehen. Das Anrollen der Wellen hörte sich ebenfalls doppelt so stark an, ebenso wie das Flüstern und leise Weinen einer Frau, die wahrscheinlich die Mutter der beiden war.
    Ein Mädchen und ein Junge standen bei ihr. Beide hatten blonde Haare. Das Mädchen schien mir etwas älter zu sein; es war auch größer. Die beiden glichen sich. Es waren Geschwister, das hatte ich mit einem Blick erkannt. In ihren Gesichtern war nicht zu erkennen, ob sie unter großer Angst litten.
    Sie wirkten so glatt, wie Masken. Zudem waren sie recht weit von uns entfernt, so daß wir keine Einzelheiten erkennen konnten.
    Das relativ harmlose Bild täuschte. Auch wenn Alana dort stand wie eine Mutter, die mit ihren Kindern spazieren gehen wollte, war sie das nicht. Eine wie sie würde nicht zögern, selbst Kinder für ihre Zwecke einzuspannen. Was das bedeutete, hatte ich an Justin Corner sehen können.
    Suko hatte bisher nichts gesagt. Er beobachtete die Hexe, aber er ließ die Bewohner der Insel nicht aus den Augen. Die Lage spitzte sich zu. Es war zu spüren, obwohl niemand etwas sagte.
    »Sie hat es wahrgemacht!« sagte Alan Friedman keuchend. »Sie… sie hat es tatsächlich geschafft, verdammt noch mal.« Er pustete mir seinen warmen Atem ins Gesicht. »Das… das… schaffen wir nicht, John. Wir können nicht hingehen und sie einfach holen.«
    »Nein.«
    »Wollen Sie sterben?«
    »Aber es bleibt uns nichts anderes übrig, verdammt! Die verdammte Hexe wird die Kinder nicht freigeben. Da hilft kein Flehen, da hilft kein Betteln. Vielleicht wird sie auch deren Blut trinken, wenn alles vorbei ist. Kann man es wissen?«
    Wir kannten ihre Pläne nicht. Zumindest keine Details. Aber sie wußte, daß wir ihr gefährlich werden konnten, und deshalb hatte sie zu diesem profanen, aber wirkungsvollen Mittel gegriffen.
    Und sie zeigte allen noch einmal, daß sie sich als Siegerin fühlte. Alana hob ihre Arme an und zugleich die ihrer kleinen Gefangenen. Es war eine Geste des Triumphs, und sie kostete sie weidlich aus, denn sie ließ sich Zeit damit.
    Es wunderte mich, wie ruhig die Menschen waren. Ich drehte meinen Blick von der Banshee weg, um mich auf die Bewohner zu konzentrieren. Sie standen noch immer auf der Stelle. So

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