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1116 - Der Hexenkelch

1116 - Der Hexenkelch

Titel: 1116 - Der Hexenkelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ebenfalls verzweifelt überlegte, was die Banshee damit bezweckte. Das war nicht nur einfach ein kleiner Tanz, der uns erfreuen sollte. Sie führte etwas im Schilde, aber sie rückte noch nicht damit heraus.
    »Wie weit ist es ungefähr bis zu ihr?« fragte Alan Friedman.
    Ich winkte ab. »Zu weit.«
    »Verdammt, was machen wir denn da? Das tut die verfluchte Hexe doch nicht grundlos.«
    »Da haben Sie recht. Sie will uns etwas beweisen.«
    »Oder meinem Flieger, John.«
    »Auch möglich.«
    Er wollte noch etwas hinzufügen, doch die Hexe machte ihm und uns einen Strich durch die Rechnung. Sie hatte sich genügend lange produziert und wandte sich jetzt direkt dem Flugzeug zu. Es waren nur wenige Schritte, die sie gehen mußte. Sie schwebte dorthin, sie erreichte dem Rumpf und ging noch weiter.
    »Das gibt es nicht!«
    Auch als Friedman den Satz noch zweimal wiederholte, konnte er daran nichts ändern. Das gab es doch. Sie ging einfach in die Maschine hinein, ohne daß eine Tür geöffnet war. Sie verschwand darin, sie löste sich auf und hatte damit das Tor zu ihrer anderen Welt einfach überschritten.
    Alan wollte es noch immer nicht wahrhaben. Er schüttelte den Kopf. Er sprach zu sich selbst, dann mußte er etwas anderes mit ansehen. Die Hexe spielte weiter mit uns, denn sie veränderte ihre Gestalt. Plötzlich zeichnete sich ihr Körper auf dem Rumpf des Flugzeugs ab. Nicht mehr senkrecht, sondern waagrecht. Sie lag dort gestreckt, und die Proportionen hatten sich radikal verändert. Die Hexe wirkte jetzt wie ein in das Metall eingeschlossener Geist, der sich aus eigener Kraft nicht mehr befreien konnte.
    Eine blasse Bemalung. Ein zitternder Körper. Ein Kopf, in dem sich der Mund weit öffnete und zu einem Maul wurde. Sie bewegte auch ihre langen Arme. Noch immer hielt sie den gläsernen Kelch fest, den sie über ihren Kopf stemmte.
    Das war genau der Augenblick, in dem Alana ihre Gestalt veränderte. Sie zog sich wieder auf Normalgröße zusammen, drehte sich herum - und war nicht mehr zu sehen.
    Alan Friedman entspannte sich. »Habt ihr das mitbekommen?« hauchte er. »Habt ihr das gesehen? Verdammt noch mal, das ist nicht einmal ein Wunder. Das ist Teufelswerk.«
    »Hexenwerk!« erwiderte Suko trocken.
    »Ja, schon. Und was bezweckt sie damit?« rief Friedman. »Was soll das alles?«
    Die Antwort gab uns die Banshee selbst. Zuerst durch ihr Lachen. Diesmal hallte es uns aus dem kleinen Cockpit entgegen, in dem sie ihren Platz gefunden hatte.
    Auch dort hockte sie wie eine Königin. Durch die Scheibe konnten wir sie sehen, und Alan war wieder außer sich. »Die… die… will doch nicht etwa fliegen?«
    Zuzutrauen wäre es ihr gewesen, aber das hatte sie nicht vor. Sie bewies uns, wer hier die Herrin der Insel war. Denn plötzlich riß sie die Arme in die Höhe. Ob sie den Kelch noch hielten, erkannten wir nicht, wie sich ein plötzlicher Sonnenstrahl auf der Scheibe brach und uns die Sicht nahm.
    Dann sahen wir das Feuer.
    Im Cockpit flackerte die Flamme auf. Sie war wie eine lange Zunge, die sich der Decke entgegenreckte. Doch sie blieb keine Zunge, sie breitete sich blitzschnell und explosionsartig aus. Plötzlich war das Cockpit eine einzige Flammenhölle.
    »Neinnnn…!« schrie Alan Friedman. Er warf sich zu Boden und schlug mit den Fäusten dagegen.
    Dann sprang er wieder auf, wischte über seine Augen und sah mit an, wie die Maschine in die Luft flog. Sie explodierte inmitten eines Feuerballs, der aus Schlieren von dickem, schwarzem Rauch umgeben war. Eine rote Säule fuhr in den hellen Himmel. Das Flugzeug war vom Kopf bis zum Heck auseinandergerissen worden. Die glühenden Teile wurden in die Luft geschleudert wie kleine Spielzeuge. Sie brannten lichterloh, und sie zogen dunkle Rauchfahnen hinter sich her, bevor sie wieder zu Boden fielen. Sie bohrten sich in die Erde wie Scherben oder Messer. Andere wiederum rollten noch brennend weiter. Es entstanden kleine Nebenfeuer, die aber nur wenig Nahrung fanden.
    Außerdem war der Boden hier nicht so trocken.
    Obwohl wir in sicherer Entfernung standen, bekamen wir etwas von diesem Vorgang mit. Die Hitze fegte heran wie eine Welle, aber sie ebbte auch wieder ab.
    Alan Friedman konnte nicht hinschauen. Er hatte dem verkohlten Wrack den Rücken zugedreht und seine Hand gegen die Augen gepreßt. Er sprach mit sich selbst, während wir auf das schauten, was von der Maschine zurückgeblieben war.
    Nur Trümmer.
    Nichts war mehr heil geblieben. Verkohlte Reste,

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