112 - Magos Höllenschädel
war, als hörte er die Pflanze nun ärgerlich und enttäuscht knirschen – und noch etwas hörte er: Das Flattern riesiger Flügel und das Brausen der Luft, die darüber hinweg strich.
Esslin rannte auf den Baum zu, lief, sich auf die Knie fallen, drehte sich um und kroch im Krebsgang in die feuchte, morsche Baumhöhle.
Sekunden später glitt ein gewaltiger schwarzer Schatten über Boden und Pflanzen. Der Söldner der Hölle blickte gespannt nach oben, und er sah, was sich näherte.
Ein Flugdrachen!
Aber kein Pflanzenfresser!
Und dieses fliegende Ungeheuer war auf der Suche nach einer Beute.
Frank Esslin wäre genau das Richtige gewesen.
Der Söldner der Hölle zog sich so weit wie möglich zurück, aber der Flugdrachen hatte gute Augen. Frank Esslin konnte nicht verhindern, daß das mächtige Tier ihn entdeckte.
***
Diesmal war es passiert: Mago hatte mich überrumpelt. Weder ich noch Mr. Silver hatten es verhindern können. Ich kam langsam zu mir und wußte sofort, daß ich mich in der Gewalt des Schwarzmagiers befand.
Einer meiner ersten Gedanken galt meinem Gesicht. Besaß ich es noch oder hatte es mir Mago genommen. Ich befühlte meinen Kopf mit der Fingern, und ich spürte Haare, Haut Fleisch.
Ein erleichterter Seufzer entrang sich meiner Brust. Mr. Silvers Abwehrmagie hatte das Schlimmste verhindert, sonst hätte ich jetzt wahrscheinlich so ausgesehen wie Rick Davenport.
Es war mir erspart geblieben, und dafür war ich dem Ex-Dämon unendlich dankbar.
Ich richtete mich auf und blickte mich um. Mein Geist war noch verwirrt. Vermutlich kam mir deshalb alles so unwirklich vor. Ich befand mich noch im Beerdigungsinstitut, aber irgend etwas hatte sich daran verändert.
Was, das vermochte ich nicht zu sagen. Möglicherweise stand ich noch unter dem Einfluß des magischen Schocks, der mich umgeworfen hatte.
Ich sah Särge. Sie lagen auf dem Boden oder lehnten an der Wand. Wo war Mr. Silver? Mein matter Blick suchte ihn, doch ich entdeckte den Hünen nirgendwo.
Nur Oscar Quarshie bemerkte ich. Er lag hinter mir. Die Kraft des Schwarzmagiers hatte auch ihn niedergestreckt, und er war immer noch bewußtlos.
Wieso war Mr. Silver nicht mehr hier? Es war undenkbar für mich, daß der Freund mich im Stich gelassen hatte. Ebensowenig kam es für mich in Frage, anzunehmen, daß der Hüne mit den Silberhaaren die Flucht ergriffen hatte.
Aber wo befand sich Mr. Silver?
Da ich auch Mago nicht sah, nahm ich an, daß der Ex-Dämon hinter dem Schwarzmagier her war. Ich drückte meinem Freund aus der Silberwelt die Daumen und hoffte, daß es ihm gelang, Mago zur Strecke zu bringen.
Der Nachhall von Magos Attacke wollte nicht aufhören. Ich hatte einen Druck im Schädel und ein unangenehm dumpfes Gefühl, das das Denken erschwerte.
Dennoch wußte ich, was ich zu tun hatte: Ich mußte mich um Oscar Quarshie kümmern. Es schien ihn schlimmer erwischt zu haben als mich. Er war nicht so widerstandsfähig wie ich.
Ich beugte mich über ihn. Einen Moment befürchtete ich, der Mann wäre tot, aber dann vernahm ich sein Atmen und war beruhigt.
»Mr. Quarshie! Mr. Quarshie!« sagte ich eindringlich und bemühte mich, den Leichenbestatter wachzubekommen.
Es dauerte auch nicht lange, bis er die Augen aufschlug. »Mr. Ballard…«, kam es tonlos über seine Lippen.
»Wie fühlen Sie sich?« wollte ich wissen.
»Benommen… Als würde dieser Kopf nicht mir gehören. Geht es Ihnen nicht ebenso?«
»Doch«, gab ich zurück. »Ich bin nur ein bißchen härter im Nehmen als Sie. Schließlich ist das nicht die erste magische Attacke, die ich zu verdauen habe.«
»Wo ist Ihr Freund?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte ich.
»Nun haben Sie diesen Kerl selbst gesehen. War das Mago?«
»Er sieht für gewöhnlich ein bißchen anders aus, aber… ja, das war er.«
»Was befand sich in diesem Totenkopf?« erkundigte sich der Leichenbestatter.
»Schwarze Magie«, gab ich Auskunft.
»Wir wurden davon voll getroffen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht ganz so, wie sich Mago das gewünscht hat. Wir standen unter Mr. Silvers Schutz. Wäre das nicht der Fall gewesen, würden wir jetzt mit Sicherheit so aussehen wie Rick Davenport.«
»O mein Gott«, entfuhr es dem Leichenbestatter. Er preßte die Handballen gegen die Schläfen. »Wenn ich doch nur dieses dumpfe Gefühl verlieren würde.«
»Es wird aufhören. Haben Sie ein wenig Geduld«, sagte ich.
»Glauben Sie, daß Sie aufstehen können?«
»Ich kann’s ja mal
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