1121 - Wenn Totenmasken leben...
willst. Jolanda sah zwar wie eine normale Frau aus, aber das ist sie nicht gewesen. Sie war mehr, viel mehr, und sie hat es mir heute Abend voller Hohn und Spott ins Gesicht geschleudert.«
»Was war sie denn?« fragte Jane.
»Eine Hexe!« schrie Montego. »Eine verfluchte Hexe!«
Nach dieser Antwort herrschte Schweigen. Nur das Atmen war zu hören. Niemand war jetzt schon fähig, einen Kommentar abzugeben. Während Alan den Kopf schüttelte, dachte Jane Collins anders über die Erklärung nach. Es konnte stimmen, dass Jolanda einen Bund mit den finsteren Mächten geschlossen hatte und sich dabei selbst als Hexe betrachtet hatte. Alles war in diesem Fall möglich, und sie selbst besaß ebenfalls noch leichte Hexenkräfte, die tief in ihr schlummerten.
»Der Teufel war ihr Herr und Meister. Ihm hat sie die Masken der Toten geweiht. Er sollte ihre Seelen bekommen. Ich habe für sie gearbeitet und die Masken hergestellt. Sie hat mich benutzt. Sie hat mich ausgelacht, sie ging immer nur ihren eigenen Weg, und ich habe mich vor ihren Karren spannen lassen. Oft genug hörte ich das Singen der Masken. Ich hatte dabei immer das Gefühl, ihre Qualen mitzuerleben, die sie beim Übergang von Leben in den Tod empfanden. Das alles habe ich lange genug durchlitten, ohne Fragen zu stellen. Vielleicht war ich auch zu sehr verliebt und bin dadurch blind gewesen. Aber das ist jetzt vorbei. Ich schwöre es. So etwas kehrt nicht mehr wieder. Sie wird keine Maske mehr aufhängen können.«
»Mussten Sie ihr gleich den Kopf absägen?« fragte Jane.
Wieder lachte er. »Was hätte ich denn sonst tun sollen? Sie verbrennen? So wie man es im Mittelalter getan hat? Ich wollte eben auf Nummer Sicher gehen! Ich habe mal gelesen, dass man Hexen und andere Monstren nur endgültig vernichten kann, wenn man ihnen den Kopf vom Körper trennt. Das habe ich getan, und so habe ich mich von ihrem verdammten Druck befreien können.«
»Aber nicht von dem der Masken«, sagte Jane.
»Wie meinen Sie das?«
»Wenn man sie als die Kinder der Hexe bezeichnen kann, dann leben sie noch. Sie haben es nicht geschafft, auch sie zu vernichten. Das muss Ihnen klar sein.«
»Jolanda war wichtiger.«
»Es ist Ihnen klar, dass ich Sie der Polizei übergeben muss.«
Er winkte ab. »Tun Sie das. Es ist mir egal.«
»He!« mischte sich Alan ein. »Warum wollen Sie meinen Vater der Polizei übergeben? Er hat eine Hexe getötet. Sie war die richtige Mörderin. Die Leiche des Postboten liegt noch oben. Er hat nur getan, was getan werden musste. Haben Sie eine Ahnung, welches Unheil eine Hexe hätte anrichten können?«
»Ja, das weiß ich. Ob sich davon die Polizei überzeugen lässt, weiß ich nicht. Jedenfalls werde ich auch aussagen müssen. Es wird schwer sein zu beweisen, dass Jolanda Juffi dem Teufel gedient hat. Und wenn auch, letztendlich ist sie doch ein Mensch geblieben. So werden es die Richter sehen.«
»Ich habe getan, was getan werden musste«, sagte der Mann und schaute noch einmal auf den Körper. Den Kopf blickte er nicht mehr an. »Wir können gehen.«
»Ich besorge dir den besten Anwalt, den ich auftreiben kann, Vater. Die Sache wird in Ordnung gebracht, das verspreche ich dir.«
Alan warf Jane einen triumphierenden Blick zu, als hätte er den Prozess bereits jetzt gewonnen. Er stützte seinen alten Herrn auch ab, als die beiden vor Jane Collins zur Tür gingen.
Ihre Ahnung hatte sie nicht getrogen. In dieser einsam liegenden Pension war nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Wieder hatte sie eine Frau erlebt, die sich dem Teufel verschrieben hatte. Durch die Totenmasken war der Kontakt mit dem Bösen aufrechterhalten worden.
Sie verließen den Raum und blieben im Kellergang stehen. Durch die gegenüberliegende offene Tür konnten sie in den Maskenraum hineinschauen. Noch immer gaben die Kerzen dort ihr Licht ab. Etwas war jedoch anders geworden. Sie hörten keinen jammernden Gesang mehr. Kein Klagen, kein Weinen und Greinen.
Die Stille kam ihnen beinahe schon unnatürlich vor. Jane fragte sich, ob sich der Fall so einfach lösen würde.
Vater und Sohn waren stehen geblieben. Conrad wollte noch einen letzten Blick auf seine Werke werfen. »Ich habe sie alle hergestellt«, sagte er. »jede einzelne ist unter meinen Händen entstanden. Für mich sind sie so etwas wie Kunstwerke, und ich bin auch jetzt noch stolz auf sie, darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Du bist der Beste, Vater.«
»Aber ich habe nicht mit ihnen gespielt. Ich
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