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1122 - Der Prophet des Teufels

1122 - Der Prophet des Teufels

Titel: 1122 - Der Prophet des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Pfarrer hatte sich vorgenommen, ruhig nachzudenken und sich nicht mehr ablenken zu lassen.
    Er übertrat die Schwelle. Dabei hielt er den Kopf leicht gesenkt, schaute zu Boden – und merkte plötzlich das andere.
    Er blieb stehen. Da hörte er das Lachen. Mielke hob den Kopf.
    Neben dem Schreibtisch stand der Prophet und hielt die Karten wie einen Fächer in der Hand…
    ***
    Diesmal durchschoss kein heißer Strom seinen Körper. Es war mehr ein Kälteschock, der ihn erwischte. Er hielt den Atem an und merkte, wie das Glas in der linken Hand zu zittern begann. Mit einem so schnellen Erscheinen hatte Mielke nicht gerechnet, deshalb kam er sich vor wie gegen eine Wand gelaufen. Zugleich wünschte er sich oder den Propheten weit weg, doch er war nicht der Herrgott und konnte die Realität nicht beeinflussen.
    Der Prophet hatte sein Äußeres nicht verändert. Nach wie vor saß der Hut auf seinem Kopf, und auch das Cape hing von seinen Schultern herab. Er hielt die Hand mit den gefächerten Karten so hoch, dass er über deren Rand hinwegschauen und den Blick des anderen Mannes finden konnte. Der graue Bart war so dünn gewachsen, dass er sich kaum von seinem Gesicht abmalte, und die nach Speichel glänzenden Lippen hatten sich zu einem Lächeln verzogen.
    Frank Mielke wusste nicht, was er unternehmen sollte. Schließlich hob er das Glas an und trank es leer.
    »Sehr gut, Herr Pfarrer«, lobte der Eindringling. »Vor dem Sterben einen Schluck.«
    Mielke warf das leere Glas in einen Ohrensessel, den er von seiner Großmutter geerbt hatte. »Ich habe nicht vor, schon jetzt zu sterben«, erklärte er mit einer so festen Stimme wie möglich.
    »Das liegt nicht an Ihnen, Herr Pfarrer, sondern einzig und allein an mir.«
    »Verschwinden Sie!«
    Der Prophet schüttelte den Kopf. Dann fragte er: »Wollen Sie nicht eine Karte ziehen?«
    »Nein!«
    »Sie sollten es.«
    »Hauen Sie ab!« Der Eindringling lachte. Er legt den Kopf zurück und schnippte plötzlich mit einer schnellen Bewegung eines Fingers eine Karte aus dem Verbund hervor. Sie flog in die Luft und berührte beinahe noch die Decke, wo sie sich drehte und zu Boden trudelte.
    Ohne es eigentlich zu wollen, verfolgte der Geistliche den Weg der Karte, die recht langsam zu Boden fiel, ihn schließlich mit der Kante berührte, dann umkippte und auf dem Rücken liegen blieb.
    Er starrte das Motiv an. Es war der Sensenmann!
    Frank Mielke schoss das Blut in den Kopf. Es war nicht viel passiert, abgesehen von dieser lächerlichen Bewegung, aber es war genau die Karte vor ihm zu Boden gefallen, die ihn schon auf dem Friedhof so geschockt hatte.
    Ob er wollte oder nicht, er musste sie einfach anstarren und hörte dabei das Lachen des anderen. »Ich kann machen, was ich will, wenn ich mit Ihnen zusammen bin, Herr Pfarrer, aber es fällt immer die gleiche Karte aus der Reihe. Das ist kein Zufall. Es ist Bestimmung. Es ist Ihr Schicksal. Die Uhr des Lebens ist für Sie so gut wie abgelaufen, und daran kann auch ich nichts ändern. Ich bin immer nur derjenige, der den Weg zeigt, und dieser Weg führt ins Verderben, das kann ich Ihnen schwören, Herr Pfarrer.«
    Mielke strengte sich an. Er musste und wollte sich zusammenreißen. Er wollte dem Fremden nicht zeigen, wie er sich tatsächlich fühlte. »Mein Leben liegt, wie das Leben jedes Menschen, in der Hand des Allmächtigen. Auch Sie können dagegen nichts tun. Er bestimmt, wann ich sterbe und wann nicht.«
    Der Prophet gab ihm eine lockere Antwort. »Jeder glaubt an das, was er will. Ich habe auch nichts dagegen. Jemand wie Sie glaubt an den Allmächtigen, aber ich diene einem anderen, der für mich ebenfalls allmächtig ist.«
    Mielke dachte wieder an die Worte seiner Zugehfrau. Der Begriff wollte ihm nicht so recht über die Lippen, doch er musste die Frage einfach stellen. »Dem Teufel?«
    »Ja, kann sein.«
    »Oder dem Tod?«
    »Er ist mein Freund!«
    Der Geistliche holte tief Luft. Er hatte keine Lust mehr, sich noch länger mit dieser ihn anwidernden Person zu unterhalten. Deshalb drehte er sich um, ging zur Tür und öffnete sie. Er fragte den anderen auch nicht, wie es ihm gelungen war, das Haus zu betreten. Es interessierte ihn nicht mehr. Er wollte nur, dass diese Person ein für allemal verschwand.
    Als er die Tür aufriss, erwischte ihn der leichte Windstoß. Er drehte sich zu dem Propheten hin um, ohne die Türklinke aus der Hand zu lassen. Er wollte ihm sagen, was er von ihm hielt, aber das erste Wort schon blieb in

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