1123 - Der Terror beginnt
ließ meinen Blick über die beiden Seiten mit den angebotenen Gerichten streifen. Da war nichts Besonderes dabei. Wenn mir jetzt jemand einen Hamburger offeriert hätte, Himmel, ich hätte nichts dagegen gehabt, aber den fand ich nicht auf der Karte. Dafür viel Lamm und auch Rind.
Die angebotene Putenkeule mit einer Currysoße entdeckte ich im letzten Augenblick. Für sie entschied ich mich. Dazu wurden Salat und Reis serviert.
Der Keeper war wieder da, als ich die Karte zur Seite legte. »Nun, was gefunden, Sir?«
»Ich nehme die Pute.«
»Eine gute Wahl haben Sie da getroffen, wirklich. Ich werde es dem Koch sagen. Wann wollen Sie speisen?«
Ich blickte auf meine Armbanduhr. »Noch nicht sofort. In einer halben Stunde?«
»Das wird sich einrichten lassen. Es tut mir leid, daß ich Ihnen das alles so sagen muß, aber heute ist ein Koch ausgefallen, und eine Bedienung ebenfalls. Da hat man schon seine Probleme, wenn alles reibungslos ablaufen soll.«
»Stimmt.«
Der Keeper ließ mich allein, und ich konnte mich wieder meinem Bier widmen. Es tat mir nach der langen Fahrt gut. Ich fühlte mich auch leicht entspannt, aber die anderen Gedanken wollten nicht weichen. Ich vergaß nicht, weshalb ich überhaupt in dieser etwas düsteren Bar hockte, deren Mobiliar noch aus den siebziger Jahren stammte und nußbaumfarben schimmerte.
Und dann kam sie.
Es war wie die berühmte Blume, die plötzlich im Eis wuchs. Eine Frau betrat die Bar, die ich zuerst sah, weil ich direkt auf den Eingang schauen konnte. Im ersten Moment hatte ich den Eindruck, Jane Collins zu sehen, denn die Frau war ebenso blond wie sie, aber sie trug eine andere Frisur. Ihr Haar war voluminöser, hochgekämmt, strähnig, und diese Strähnen waren nicht in eine Richtung verteilt worden, sondern liefen kreuz und quer. Das Blond war nach meinem Dafürhalten etwas zu hell, um echt zu sein, aber das bemerkte ich nur am Rande. Die Frau trug eine helle Jacke und eine dunkle Hose. Unter der Jacke sah ich ein beigefarbenes T-Shirt.
Die Frau hatte ein nettes Gesicht. Ein wenig rund, einen herzförmigen Mund und große Augen, deren Farbe ich nicht erkennen konnte. Ihr Eintreten hatte die Männer verstummen lassen. Dafür waren ihre Blicke auf sie gerichtet. Einer aus der Gruppe sprach sie an. »Madam, wollen Sie sich nicht zu uns setzen, um der Gesellschaft etwas Glanz zu geben?«
»Danke aber ich ziehe einen anderen Platz vor.«
Damit war die Theke gemeint. Ich hörte, wie die anderen über mich sprachen und mich als Glückspilz bezeichneten, aber das störte mich nicht. Die Frau ging langsam weiter. Sie visierte die Theke an, auch mich und lächelte mir zu.
Zwei Hocker von mir entfernt nahm sie Platz und stellte ihre helle Handtasche auf die Theke.
»Endlich«, sagte sie.
»Hatten Sie eine lange Fahrt hinter sich?«
»Es geht.« Sie winkte ab. »Na ja, zunächst brauche ich einen Drink.«
»Dafür bin ich da«, sagte der Keeper.
»Was darf es sein, Madam?«
»Haben Sie Wodka?«
»Sicher.«
»Den nehme ich. Und danach ein Bier.«
Die ging ganz schön ran. Alle Achtung. Ich nuckelte noch immer an meinem Bier und beobachtete die Frau. Sie schien es gewohnt zu sein, an einer Bar zu sitzen, denn ich erkannte bei ihr keine Spur von Unsicherheit. Sie gab sich lässig, und auch wie sie die Zigarette aus der Schachtel holte und anzündete, ließ auf Routine schließen. Den Rauch blies sie schräg gegen die Decke, schloß für einen Moment die Augen und öffnete sie erst wieder, als ihr der Keeper den Wodka hinstellte.
»Danke.«
Mit einem routinierten Schluck leerte sie das Glas. Dann schaute sie mich an. »Sie sind zum erstenmal hier, Mister?«
»Sieht man das?«
»Nein, aber ich kann es mir vorstellen. Sie gehören nicht zu der Gruppe dort?«
»Auf keinen Fall.«
»Sind Sie beruflich unterwegs?«
»Wie man's nimmt. Ich möchte nach Schottland und besuche Freunde«, antwortete ich.
Sie sagte lachend: »Das ist ja beinahe wie Urlaub.«
»So ähnlich.«
»Den habe ich auch verdient.«
»Ihr Bier, Madam.«
»Danke.« Auch hier zeigte sie, daß sie einen Krug Bier nicht zum erstenmal leerte. Als sie das Glas wieder abstellte, war es zu einem Drittel leer. »Das tut gut, wenn man den ganzen Tag darben mußte.«
»Ich habe das gleiche Gefühl erlebt.«
Sie legte den Kopf schief und lächelte mich an. In ihrer glatten Gesichtshaut bildeten sich zwei Grübchen. »Ich habe vor, hier etwas zu essen. Allein schmeckt es mir nicht. Wollen wir uns
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