1123 - Der Terror beginnt
Land streift und auf der Suche ist.«
»Das würde ich nicht behaupten, ich fühle mich recht wohl. Ansonsten überlasse ich alles dem Schicksal.«
»Ja, das können Sie auch, denn Sie sind ein Mann.«
»Wieso?«
Nora seufzte und schaute auf den nassen Fleck, den der Wein auf der Tischdecke hinterlassen hat.
»Bei uns Frauen ist das etwas anders. Ich kenne mich selbst aus in dem Job. Man redet uns ein, daß es eben in ist, jung zu sein und dabei immer jung zu bleiben. Nur nicht alt werden. Aber das geht nicht. Da habt ihr Männer es leichter.«
»Na ja, wir werden auch alt.«
»Schon.« Sie schaute wieder verhangen und befand sich in einem Zustand, in dem sie ihre Seele nach außen kehrte. »Bei euch ist es nicht so schlimm. Ich will nicht behaupten, daß ihr weiser werdet, nein, das nicht, aber so ähnlich ist das schon. Männer werden nicht so leicht abgehalftert.«
»Mag sein. Nur kenne ich mich da weniger aus, muß ich Ihnen ehrlich gestehen.«
Wieder winkte sie ab. Diesmal verfehlt ihre Hand das Glas nur sehr knapp. »Ist auch egal. Wir leben heute und nicht morgen, und auch nicht übermorgen.« Sie faßte das Glas an und hob es in die Höhe.
»Cheers, John, schön, daß wir uns getroffen habe. Ist einer der Zufälle im Leben gewesen.«
Die Gläser stießen gegeneinander. Ich lauschte dem Klang nach und fragte mich dabei, ob eine Frau wie Nora Thorn zu bedauern war oder nicht. Eigentlich hatte sie alles, was sie benötigte. Einen Job, sicherlich einen guten Verdienst, und doch fehlte etwas. Und es kam die Furcht vor dem Alter hinzu.
Unsere Gläser waren leer. Die Zeit war auch nicht stehengeblieben und schon recht weit fortgeschritten. Die Gruppe der Vertreter hielt sich in einem Nebenraum auf. Wir hörten sie dort lärmen.
Über dienstliche Dinge wurde bestimmt nicht gesprochen. Ansonsten saßen Nora und ich allein im Restaurant. Auch ich war nicht mehr ganz nüchtern, aber mir erging es besser als Nora.
»Nehmen wir noch einen Absacker, John?«
»Wenn Sie noch können.«
»Hör auf. Sag einfach Nora. Laß das doch mit dem blöden Sie.«
»Einverstanden.«
»Also. Was ist mit dem Absacker?«
»Hast du einen bestimmten Vorschlag?«
Nora drückte den Oberkörper rasch zurück und streckte die Beine aus, wobei sie mit meinen kollidierte, was sie aber nicht weiter störte, denn sie schob einen Fuß an meiner rechten Wade in die Höhe. Dabei lächelte sie mir zu, und ich erkannte auch die Absicht dahinter.
»Wir haben italienischen Wein getrunken, und deshalb wäre ich dafür, einen kleinen oder ordentlichen Grappa zu nehmen.«
»Der kann dich aber umhauen«, warnte ich sie.
»Wenn du mich auffängst, ist mir das egal«, gab sie lachend zurück und setzte sich wieder normal hin. Ihr Fuß verschwand auch von meiner Wade. Die Bedienung war schon gegangen. Jetzt hatte nur noch der Barkeeper Dienst, der gähnend in der Tür stand. Ihm winkte Nora zu und bestellte zwei Grappa.
»Aber vom besten.«
»Wir haben nur gute, Madam.«
Nora zog die Mundwinkel schief. »Das wüßte ich aber.«
»Wie oft bist du schon hier gewesen?« fragte ich.
»Weiß ich nicht, John. Jetzt zumindest nicht. Und morgen muß ich weiter.«
»Wohin?«
Sie deutete mit dem Zeigefinger zur Decke. »Nach Norden. In das schöne Schottland.«
»Nicht schlecht.«
Sie verzog den Mund. »Da ist es nur einsam.«
Der Grappa wurde gebracht. Schon anhand der gelben Farbe fiel mir auf, daß er wirklich zur besseren Sorte zählte, und als ich ihn probierte, konnte ich mich auch geschmacklich davon überzeugen.
Nora Thorn hatte ihr Glas auf einen Schlag geleert. »Puh!« stöhnte sie, »das war was.«
»Ich denke, wir sollten gehen«, schlug ich vor.
»Meinst du?«
»Klar, komm.« Ich stand auf und trat an ihre Seite. Sehr langsam kam sie hoch und erklärte mir, wie froh sie war, daß sie jemand hatte, der sie ins Bett brachte.
»Das meine ich wörtlich, John.«
»Alles paletti.«
Ich hakte Nora unter, als wir uns auf den Weg machten. Sie lehnte sich dabei an mich und summte die Melodie aus irgendeinem Musical vor sich hin.
Der Keeper hatte alles gesehen. Er stand noch immer an der Tür und wünschte uns mit einem wissenden Grinsen auf den Lippen eine besonders schöne Nacht.
»Mal schauen«, erwiderte ich.
Es war gut, daß es hier einen Lift gab, in den ich Nora reinschob. Sie benutzte mich als Stütze und schlang dann die Arme um meinen Nacken.
»In welcher Etage wohnst du?«
Ich spürte ihre Wange an meiner. »Die
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