1127 - Der Gothic-Vampir
es nicht trotzdem sein, daß du dich geirrt hast?«
»Nein. Dann hätten sich die Chroniken geirrt.«
»Das stimmt leider auch.«
»Bitte, John, tu mir einen Gefallen uns sieh es nicht persönlich. Dieser Montfour hat mir dir nichts zu tun. Das ist eine ganz andere Zeit gewesen und damit auch eine völlig andere Verbindung. So mußt du das sehen.«
Ich schluckte. »Klar, das weiß ich alles, aber es ist trotzdem ein Schock.«
»Für mich war es das auch.«
»Ob wir wollen oder nicht, wir sind jetzt gefordert«, sagte ich. »Es gibt keinen Zweifel daran, daß Montfour freigekommen ist, und er wird sich auch so verhalten wie es ein normaler Vampir tut. Davon müssen wir ausgehen, aber das brauche ich dir nicht zu sagen.«
»Nein, bestimmt nicht. Ich weiß nur nicht«, sagte der Templer, »welchen Weg er einschlagen wird. Das bleibt unser großes Rätsel. Die Gegend ist für ihn ideal. Es gibt nur wenige Dörfer oder kleine Städte, und sie liegen recht verstreut in der Landschaft. Da kann er sich bewegen, ohne selbst zu schnell entdeckt zu werden.«
»Möglich.«
»Du klingst nicht sehr überzeugend.«
»Ich bin auch nicht so überzeugt«, erklärte ich. »Hast du eigentlich schon an die Möglichkeit gedacht, daß er euch besuchen könnte?«
»Im Augenblick beschäftige ich mich nicht mit diesem Gedanken. Ich könnte mir allerdings vorstellen, daß er in der Lage ist, eine gewisse Spur aufzunehmen. Gehen wir einfach davon aus, daß ein Vampir nichts vergißt. Auch wenn er mehr als zweihundert Jahre im Tiefschlaf und in einer anderen Gestalt überlebt hat. Die Erinnerungen sind geblieben. Davon gehe ich im schlimmsten Fall aus.«
»Kann man so sehen«, sagte ich. »Und weiter?«
»Wenn er sich tatsächlich auf seine Aufgabe besinnt, wäre es nicht so weit hergeholt, daß er sich auf die Suche macht, um Spuren der Familie de Valois zu finden. Sie waren damals sicherlich keine Freunde, wenn man nur daran denkt, daß sich dein Kreuz zu dieser Zeit im Besitz des Hector de Valois befand. Montfour ist zurückgekehrt. Er lebt wieder, und er könnte versucht sein, herauszufinden, was mit den anderen aus seiner Zeit geschehen ist.«
»Aber Hector gibt es nicht mehr. Das silberne Skelett ist zerschmolzen. Ich bin damals selbst dabeigewesen.«
»Weiß Montfour das?«
»Ich denke nicht.«
»Eben. Er weiß es nicht. Aber er wird sich erkundigen. Er wird versuchen, gewisse Spuren zu finden, und die könnten ihn auch in unsere Gegend führen.«
»Was macht dich da so sicher?«
»John, bitte, es liegt auf der Hand. Hector de Valois ist ein Templer gewesen. Ich gehe davon aus, daß Montfours Haß auf die Templer die langen Jahre überlebt hat. Also kann er versuchen, die Spur wieder aufzunehmen. Die würde ihn ja zwangsläufig in unsere Gegend und nach Alet-les-Bains führen.«
Der Abbé legte eine Sprechpause ein, damit ich über die Worte nachdenken konnte. Die Conollys hatten es bereits. Diesmal war es Sheila, die mir zunickte. »Das würde ich nicht aus den Augen lassen, John. Es könnte zutreffen. Wenn er damals die Templer gehaßt hat, wird er sie auch noch heute hassen, und er wird sich einen Weg suchen, um zu ihnen zu gelangen. Das ist logisch.«
»Hat er die Templer wirklich so gehaßt?« fragte ich laut, damit es auch der Abbé hören konnte.
»Ich kann es dir nicht mit Bestimmtheit sagen, aber wir müssen davon ausgehen. Es ist auch möglich, daß sich Montfour auf Grund des Daseins der Templer zurückgezogen hat. Sie können ihm zu nahegekommen sein oder zumindest Hector de Valois. Ich jedenfalls werde noch in dieser Nacht reagieren.«
»Wie?«
»Ganz einfach. Ich lasse die Wachen bei uns verstärken und schicke gleichzeitig Freunde in die Umgebung, die sie dann unter Beobachtung halten.«
»Kannst du tun«, sagte ich. »Es müßte schon ein Zufall sein, wenn sie Montfour entdeckten.«
»Ja und nein. Kannst du dir vorstellen, daß ihn sein Weg in die Kathedrale der Angst führen könnte?«
Ich pfiff leise. »Kann ich mir in diesem Fall vorstellen, aber dann müßte der Untote schon ein Hellseher sein. Er wird Hector sicherlich in seinem ersten Grab vermuten. Woher sollte er wissen, daß wir ihn damals umgebettet haben?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich nehme nur an, daß er die Jahrhunderte über gewartet hat. Er war zwar außer Gefecht gesetzt, aber er ist nicht vernichtet worden. Er hat es geschickt angestellt. Etwas in ihm muß wie ein Keim gewesen sein, der überlebt hat.«
»Tja«, sagte ich.
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