1127 - Der Gothic-Vampir
genossen, aber er hatte sich davor gehütet, von jeder seiner Gespielinnen das Blut zu trinken. Nur hin und wieder, wenn der Hunger besonders stark war, hatte er seinem Trieb nachgegeben und zugebissen.
Dann waren die oft stolzen Frauen zu seinen Bräuten geworden und hatten ebenfalls nach dem Blut der Menschen gegiert.
Was mit ihnen später passiert war, wußte er nicht. Sie konnten noch existieren, aber sie waren möglicherweise auch vernichtet worden, wenn sie den Menschen auffielen, denn zur damaligen Zeit glaubte man noch an die Existenz der Vampire. Ihr Dasein war dann in die alten Geschichten und Legenden mit eingeflossen, die sich bis in die heutige Zeit erhalten hatten.
Auch der Boden in der Umgebung des Felsens war mit hartem Gestein belegt. Er fand keine lockere Stelle. Die Steine bildeten Buckel, die er überspringen mußte, und er lief jetzt schneller, um so schnell wie möglich an das Blut heranzukommen.
Beim Herflug hatte er gesehen, daß es auch eine Straße gab, die hoch zu diesem Felsen führte. Keine Straße, die viel befahren wurde.
Mehr eine staubige Schlange, die einen Teil der Landschaft durchschnitt. Der Blutsauger konnte sich vorstellen, daß sich die beiden Menschen dort aufhielten. Er mußte sich auch deshalb beeilen, weil sich die Nacht allmählich ihrem Ende näherte und die Dunkelheit an Kraft verlor. Den Tag wollte er nicht im Freien verbringen, da mußte er sich an einem dunklen Ort verstecken und den Untergang der Sonne abwarten.
Nach wenigen weiteren Schritten geriet die Straße in sein Blickfeld. Aber er sah noch mehr, denn auf dem Boden verteilte sich schwacher Lichtschein.
Sofort blieb er stehen. Dann duckte er sich und stellte fest, daß sich das Gelände zur Straße hin senkte. Genau dort stand ein kleiner Transporter. Das Licht der Scheinwerfer brannte, der Schein verteilte sich auf der Fahrbahn, und der Blutsauger sah auch die beiden Menschen, die das Gefährt verlassen hatten und vor ihm in es hineinschauten.
Von einem Auto hatte er keine Ahnung. Auch nicht von einer hochgeklappten Motorhaube. Diese Welt war nicht nur neu für ihn, sie war ihm auch fremd.
Eines jedoch war geblieben – die Menschen!
Sie hatten sich nicht verändert. Sie trugen andere Kleidung, aber in ihren Körpern strömte nach wie vor das Blut, das für einen Vampir so ungemein wichtig war.
Er überlegte, ob er einen Angriff starten sollte. Noch zögerte er, obwohl er unruhig war und wieder mit den Händen über den rauhen Fels scharrte.
Er hörte ihre Stimmen jetzt deutlicher, aber er wußte nicht, was die Worte genau zu bedeuten hatten.
»Starte mal«, sagte der Mann.
Die Frau nickte. Sie bewegte sich auf eine offene Tür zu. Dabei schritt sie durch das Licht der Straße. Für einen Moment konnte der Blutsauger sie genau erkennen und stellte fest, daß sie nicht nur hübsch, sondern auch recht jung war. Sie trug eine Jacke und eine Hose, wie sie zur Zeit des Vampirs nur bei den Männern üblich gewesen war.
Die Frau stieg in den Kasten mit vier Rädern, der nichts mit einer Postkutsche zu tun hatte.
»Jetzt!« rief der Mann.
Ein völlig fremder Laut erreichte die Ohren des Blutsaugers. Ein Brummen und Knattern, wie er es nicht kannte. Der Kasten auf den vier Rädern zitterte, an seiner hinteren Seite bildete sich ein grauer Nebel, aber der Mann war zufrieden. Er klappte die Motorhaube zu und winkte dann der Frau.
»Wir fahren.«
»Wohin?« rief sie. Sie hatte sich nach draußen gebeugt. »Zum Markt oder wieder zurück?«
»Nein, zum Markt. Der steht es durch. Ich kann im Ort auch einen Fachmann fragen.«
»Dann beeile dich!«
Der Vampir hatte bisher zugeschaut. Er ahnte nur, daß die beiden ihm entwischen wollten, und das konnte er auf keinen Fall zulassen.
Er brauchte das Blut. Er wollte stark werden, er wollte wieder so sein wie früher, und er nahm auch keine Rücksicht mehr.
Mit langen Sätzen lief er den flachen Hang hinab auf die einsame Straße zu…
***
Suzanne Petit war auf den Beifahrersitz gerutscht und strich ihr langes dunkelbraunes Haar zurück. »Das hätte uns gerade noch gefehlt, eine Panne in dieser Einsamkeit. Mann, ich bin vielleicht sauer gewesen.« Sie schüttelte den Kopf.
»Es geht ja wieder.«
»Was war es denn?«
Albert zuckte die Achseln. »Da hatten sich nur einige Kontakte gelockert, das ist alles gewesen. Ich habe sie festgesteckt.«
»Hoffentlich fest genug.«
»Klar.«
»Wir sollten uns einen anderen Wagen kaufen, Al.«
Er lachte. »Von
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