Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1129 - Das Blutmesser

1129 - Das Blutmesser

Titel: 1129 - Das Blutmesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
der mich mein Weg führte. Ich stellte mich vor das große gläserne Dreieck und schaute hinaus in einen leicht trübe gewordenen Samstagnachmittag.
    Was noch zum Grundstück der Malerin gehörte, wußte ich nicht. Etwas weiter entfernt standen Pferde auf einer Weide. Über sie und den grasigen Boden hatte sich der graue Herbstschleier gelegt und gab der Natur ein gedämpftes Aussehen. Jetzt konnte ich mir vorstellen, woher Michelle die Motive für ihre Bilder holte. Die Landschaft wirkte irgendwie mit Schwaden der Melancholie durchzogen.
    Jenseits der Koppel sah ich die Schatten einiger Häuser. Sie aber sahen aus, als wären sie bereits dabei, sich im Nebel völlig aufzulösen.
    Drehte ich den Kopf nach rechts, sah ich wieder flaches Land, aber auch einen einsamen Radfahrer, der sich über einen schmalen Feldweg bewegte, als wollte er ins Nirgendwo fahren.
    Mir gefiel die Stimmung, und hätte ich noch das ferne Läuten einer Kirchenglocke gehört, wäre dieser Welt an einen Samstag wirklich perfekt gewesen.
    Meine Gedanken drehte sich um Michelle. Ich glaubte ihr, daß sie diese Personen mit den spitzen Hüten nicht in die Bilder hineingemalt hatte.
    Stellte sich automatisch die Frage, wer es dann getan hatte.
    Aber es gab noch eine Alternative. Zwar klang sie sehr phantastisch, aber sie war nicht zu unterschätzen. Vielleicht hatte es niemand getan.
    Möglicherweise waren diese Gestalten auch von allein in die Bilder gelangt.
    Eine verrückte Idee - sollte man meinen, aber ich kannte mich da etwas besser aus. Auch mit Bildern oder Gemälden hatte ich meine Erfahrungen gemacht. Oft genug standen sie in einem sehr engen direkten Zusammenhang mit ihren Erschaffern. Sie waren gewissermaßen ein Abbild ihrer Seele oder ihres Gefühlslebens. Ich hatte schon erlebt, daß Bilder Zugänge zu anderen Welten waren. So etwas wie transzendentale Tore. Es war durchaus möglich, daß es hier auch der Fall war. Wenn Michelles Angaben der Wahrheit entsprachen, dann hatte sie bereits Kontakt zu dieser anderen Welt gehabt.
    Durch die Bilder?
    Nein, dann hätte sie anders reagiert, als ich sie auf dieses Thema angesprochen hatte. Wahrscheinlich hatte der Kontakt jetzt eine andere Dimension angenommen, und ich konnte froh sein, sie getroffen zu haben. Es war mein Job, mich gegen die verdammte Meute aus den anderen Reichen zu stellen. Egal, ob es sich nun um Vampire, Zombies oder Geister aus anderen Dimensionen handelte.
    Erst jetzt fiel mir auf, wie still es geworden war. Nur das Blubbern der Kaffeemaschine hörte ich noch, aber Michelle sagte kein einziges Wort.
    Ich drehte mich nach links.
    Sie stand an der Küchenzeile und hatte mir den Rücken zugedreht. Der Saum des Kleides endete in Höhe der Waden. Sie trug flache Schuhe, was ich auch erst jetzt sah. Aber mich störte ihre Haltung. Sie wirkte wie eine Puppe, die jemand dort hingestellt hatte. Die linke Hand hatte sie auf die Arbeitsplatte gestützt, den rechten Arm hielt sie angewinkelt, hatte ihn auch erhoben und dabei die Hand vor ihr Gesicht gedreht.
    Komisch…
    »Michelle«, rief ich leise.
    Die Malerin kümmerte sich nicht um meinen Ruf.
    Als sich beim zweitenmal nichts tat, ging ich auf sie zu. Sie mußte wohl meine Schritte auf den Bohlen gehört haben. Das war für sie Motiv genug, sich zu drehen.
    Aber nur langsam, als wollte sie mir ein Schauspiel bieten. Die Veränderung warnte mich, und dann sah ich auch ihre rechte Hand, die nicht gegen das Gesicht gedrückt war, sondern in Höhe der Kehle angehalten hatte. Das wäre nicht weiter schlimm gewesen. Als furchtbar sah ich das Messer an, dessen Griff sie hielt und dessen Klinge die Kehle berührte, als sollte sie im nächsten Moment durchtrennt werden…
    ***
    Ich machte nicht den Fehler, mich zu bewegen. Ich stand da wie vereist.
    Mit diesem Bild hatte ich nicht gerechnet und machte mir jetzt auch Vorwürfe, weil ich die Aussagen der Malerin vielleicht zu leicht genommen hatte.
    Das Messer lag an ihrer Kehle. Sie hatte mit der scharfen Schneide die Haut auch bereits berührt und sie leicht eingeschnitten, so daß ich einen roten Faden sah. Oder bildete ich mir den ein? Warf das Kleid vielleicht einen Schatten?
    Jedenfalls war das verdammte Rasiermesser keine Einbildung. Plötzlich klebte das Hemd an meinem Körper. Ich mußte jetzt die Ruhe bewahren und durfte keinen Fehler machen.
    Nach einigen Sekunden hatte ich den Schock überwunden. Von einem Rasiermesser und einer Schale mit Blut hatte sie mir berichtet.

Weitere Kostenlose Bücher