113 - Die Vampireule
was in ihr vorging, da ich nichts über ihre Herkunft wußte.
„Woher stammt eigentlich die Eule?"
„Das weiß niemand. Sie war plötzlich da. Irgend jemand hat einmal behauptet, daß sie während eines alchimistischen Versuchs entstanden sein soll. Aber Näheres ist nicht bekannt."
Wir betraten das Lager. Es war ungewöhnlich ruhig. Die Kinder und Jugendlichen waren nicht mehr zu sehen, nur die Erwachsenen saßen schweigend um das Feuer herum und starrten in die Flammen. Brian O'Reilly hob den Kopf und blickte mich fragend an.
„Mona ist endgültig tot, O'Reilly", sagte ich leise.
Er stieß einen tiefen Seufzer aus und nickte langsam. „Wahrscheinlich ist es besser so."
Ich wandte den Kopf um und blickte zur Ruine. Eine Stichflamme schoß hoch, die jedoch rasch erlosch. Das Quartier Lackeens war endgültig vernichtet.
„Wir dürfen die Eule nicht vergessen", sagte ich.
„Was sollen wir tun, Mister?"
Zuerst einmal stellte ich Coco und mich vor. Ich gab die Namen an, die ich auch Lackeen gegenüber verwendet hatte.
Die Tinkers waren für mich alles andere als eine Hilfe. Sie waren nur eine Belastung. Doch ich mußte vorerst bei ihnen bleiben. Ohne unsere Hilfe waren sie den Angriffen der Eule schutzlos ausgeliefert.
Ich ließ mir von Brian O'Reilly die Ereignisse der vergangenen Stunden erzählen. Der Eule war es doch tatsächlich gelungen, an die vierzig Menschen auf einen Schlag zu hypnotisieren. Das war wesentlich mehr, als Coco in ihrer besten Zeit hatte erreichen können. Ich wunderte mich, daß man bisher die Fähigkeiten der Bluteule nicht innerhalb der Schwarzen Familie besser genutzt hatte. „Geht schlafen!" sagte ich zu O'Reilly. „Ich werde Wache halten."
Die Tinkers verschwanden in den Wohnwagen und Zelten. Cosimo hatte ein kleines Zelt zugeteilt bekommen. Müde kroch er hinein.
„Ich wecke dich in drei Stunden, Coco", flüsterte ich meiner Gefährtin zu. „Du benötigst den Schlaf dringender als ich."
Coco drückte mir dankbar einen flüchtigen Kuß auf den Mund und verschwand in einem Zweimannzelt. Sie war so erschöpft, daß sie nicht einmal einen Bissen gegessen hatte.
Ich setzte mich nieder, öffnete mein Hemd und holte den Ys-Spiegel hervor, der schwer auf meiner Brust lag. Noch immer war der Spiegel für mich ein Rätsel. Ich war auf magische Weise mit ihm verbunden. Erst, als ich Hermes Trismegistos' Erbe angetreten hatte, war es nicht mehr unbedingt notwendig gewesen, daß ich den Spiegel ständig bei mir hatte. Welche gewaltigen Kräfte in ihm schlummerten, das hatte ich nun schon mehrmals erlebt.
Den Kommandostab und die Pistole legte ich vor mir auf den Boden.
Rasch aß ich einige Bissen Brot und Käse, trank eine Dose Bier und rauchte eine Zigarette.
Aus den Wohnwagen und Zelten hörte ich Schnauben, Röcheln und Schnarchen.
Ich war müde. Die kurze Zeit, in der ich mich in dem magischen Kegel befunden hatte, war kräfteraubender gewesen, als ich vorerst angenommen hatte. Am liebsten wäre ich zu Coco ins Zelt gekrochen, doch mein Pflichtgefühl siegte. Meine ruhelosen Gedanken hielten mich wach. Immer wieder kreisten sie um Olivaro und die Janusköpfe.
Armida war tatsächlich eine höchst ungewöhnliche Eule.
Entstanden war sie vor mehr als vierhundert Jahren während eines Alchimistenexperiments in Dublin. Ein Magier namens McDonald hatte sich mit verschiedenen Tierexperimenten beschäftigt, darunter auch dem Ausbrüten von verschiedenen Vogeleiern, die er mit geheimnisvollen Tinkturen und Salben präpariert hatte. Die meisten seiner Versuche waren kläglich gescheitert. Doch eines Tages hatte er Erfolg gehabt. Aus einem Ei war eine Eule geschlüpft, die wie eine ganz normale Eule ausgesehen hatte und ewig hungrig gewesen war. Der Magier hatte den Vogel mit den ungewöhnlichsten Lebensmitteln, Kräutern und Salzen gefüttert. Er nannte ihn Armida, fütterte ihn mit lebenden Mäusen und gab ihm Blut von verschiedenen Säugetieren zu trinken. Noch verriet nichts, daß Armida über ungewöhnliche Fähigkeiten verfügte.
Bei einem seiner Experimente atmete der Magier giftige Dämpfe ein und starb.
Armida ernährte sich einige Zeit von den Mäusen, die in Käfigen gefangengehalten worden waren; und da zeigten sich erstmalig ihre Fähigkeiten. Allein mit der Kraft ihrer Gedanken gelang es ihr, die Käfige zu öffnen und die Mäuse herauszuholen. Als sie nichts mehr zu fressen fand, wandte sie sich dem Toten zu und fraß ihn auf.
Der durch ein Experiment
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