113 - Die Vampireule
entstandene Vogel konnte natürlich nicht wissen, daß McDonald ein Mitglied der Schwarzen Familie gewesen und Vampirblut in seinen Adern geflossen war.
Zwei Wochen vergingen, erst dann war McDonalds Bekannten sein Verschwinden aufgefallen. Durrana, eine Vampirin, die entfernt mit McDonald verwandt gewesen war, suchte das Haus des Magiers auf, fand den Toten und nahm die Eule, an der sie sofort Gefallen gefunden hatte, mit.
Von diesem Zeitpunkt an wich Armida nicht mehr von Durranas Seite. Sie begleitete die Vampirin auf deren Beutesuche und machte sich, nachdem Durrana ihren Opfern das Blut ausgesaugt hatte, über die Toten her.
Es dauerte weit über hundert Jahre, bis Armida halbwegs ihre Fähigkeiten beherrschte. Die Vampirin hatte bald erkannt, daß die Eule kein normaler Vogel war, und mit ihr verschiedene Tests durchgeführt.
Nach zweihundert Jahren war es Durrana gelungen, sich in einer Art Telepathie mit dem Vogel zu unterhalten. Die magischen Fähigkeiten der Eule waren immer stärker hervorgetreten.
Mit Hilfe der Eule hatte Durrana versucht, eine höhere Position innerhalb der Schwarzen Familie zu erreichen, doch sie war in eine Falle gelockt worden, aus der sie auch Armida nicht befreien konnte. Asmodi hatte Durrana getötet, die Eule aber am Leben gelassen. Der Vogel war zu kostbar für ihn. Asmodi wählte unter seinen unzähligen Töchtern Lackeen aus, der er Armida schenkte. Er hatte bewußt Lackeen ausgewählt, denn sie war nur schwach magisch begabt und ihm treu ergeben. Von ihr drohte ihm keine Gefahr.
Lackeen und Armida hatten sich rasch aneinander gewöhnt; doch das innige Verhältnis wie zwischen Durrana und Armida kam nicht auf.
Armida konnte nicht wie ein Mensch denken. Für sie war zuerst Durrana, dann Lackeen ein Teil von ihr gewesen. Und dieser Teil war jetzt tot. Menschliche Gefühle waren ihr kaum bekannt. Sie war zufrieden gewesen, wenn sie auf Lackeens Schulter hatte sitzen können, wenn die Hände der Vampirin über ihr Gefieder gestrichen waren; und vor allem war sie begeistert gewesen, wenn es etwas zu fressen gegeben hatte.
Im Lauf der Jahrhunderte hatte sie aber gelernt, Englisch recht gut zu verstehen. Und sie hatte sich einige Eigenschaften angewöhnt, wovon die wichtigste der Willen gewesen war, alle Aufträge von Lackeen auszuführen. Und im Tod hatte ihr Lackeen noch einen letzten Befehl erteilt. Überdeutlich waren ihre Gedanken zu spüren gewesen.
„Töte das Mädchen!" hatte Lackeen gedacht. „Armida, töte sie und die beiden Männer und die Tinkers! Töte sie!"
Dann war sie gestorben, und Armida hatte sich verzweifelt aus den Fesseln zu befreien versucht.
Die magische Kraft, die von den gnostischen Gemmen ausgegangen war, hatte sie nicht gespürt; auf normale Magie sprach sie nicht an; sie konnte ihr nicht schaden. Schließlich war es ihr gelungen, die Fesseln abzustreifen, die ihre Flügel zusammengehalten hatten, und ihr war die Flucht gelungen. Jetzt schwebte sie über der kahlen Landschaft, noch immer etwas benommen und schwach. Sie empfand keine Trauer über Lackeens Tod. Dazu war sie gar nicht fähig. Auch der Gedanke an Rache war ihr fremd. Rache war eine menschliche Eigenschaft, die ihr weitgehend unverständlich war. Doch Lackeen hatte ihr einen klaren Befehl erteilt. Sie sollte die drei Gefangenen und die Tinkers töten. Bisher hatte sie alle Befehle von Lackeen ausgeführt, und auch in diesem Fall würde sie es tun.
Ihre Denkfähigkeit war äußerst beschränkt, doch sie wußte jetzt, daß die drei Gefangenen mächtig und ihrem Zauber entkommen waren. Die Tinkers stellten keine Gefahr dar.
Allein war sie zu schwach, um die drei Gefangenen zu töten. Sie brauchte Hilfe. Die Bluteule landete auf einer Mauer und putzte sich das Gefieder; dabei dachte sie nach, was ihr ziemlich schwerfiel. Ein kleines Käuzchen flog an ihr vorbei, und sie hob den Kopf und starrte dem Vogel nach.
Armida erhob sich in die Lüfte und stieß ein seltsames Heulen aus. Damit lockte sie das kleine Käuzchen an, das auf sie zuflog und sie umkreiste.
Die Bluteule flog weiter und heulte immer wieder auf.
Wenige Minuten später folgten ihr ein Dutzend Käuze, Uhus und Eulen.
Sie ging tiefer, flog knapp über dem Boden und stieß klagende Laute aus.
Aus einigen Erdlöchern krochen Erdgeister, die kaum fußgroß waren und schwach bläulich schimmerten. Diese primitiven Geschöpfe schlossen sich ebenfalls Armida an.
Ich konnte nicht still dasitzen. Immer wieder ging ich um das
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