113 - Die Vampireule
schließlich gelang es ihr, sich aufzusetzen.
O'Reilly blieb vor seiner Schwiegertochter entsetzt stehen. Die Untote sprang auf und wollte auf ihren Schwiegervater losgehen, doch Coco hatte aufgepaßt. Ihre rechte Hand verkrallte sich im Haar des Vampiropfers und riß es zurück.
Die Untote trat mit den Beinen nach meiner Gefährtin und versuchte sich aus dem Griff zu befreien. „Ich töte euch alle!" brüllte das einstmals hübsche Mädchen mit fast unverständlicher Stimme.
„Sind Sie jetzt davon überzeugt, O'Reilly, daß dies nicht mehr Ihre Mona ist?"
O'Reilly krampfte die Hände zusammen. Sein gewaltiger Schnauzbart bebte, und ich sah Tränen in seinen Augen.
„Mona ist seit gestern tot, O'Reilly. Das, was Sie vor sich sehen, ist nur eine leere Hülle."
O'Reilly wandte sich erschüttert ab.
Ich wartete, bis er und seine Söhne den Raum verlassen hatten.
Ich wußte nicht mehr, wie viele Vampiropfer ich schon gepfählt hatte. Mona mußte getötet werden, obzwar das nicht der richtige Ausdruck war. Sie war bereits tot.
Coco reichte mir die Pistole, und ich unterzog mich meiner traurigen Pflicht.
Die Untote wollte nach mir schnappen, aber es gelang ihr nicht. Ich schob ihr das Kleid über die Schultern und dabei berührte ich ihre Haut, die kalt wie ein Eisblock war. Rasch setzte ich der Untoten die Pistole an die Brust und drückte ab. Der Bolzen bohrte sich tief in die Brust. Die Untote bewegte sich nicht mehr. Coco ließ sie los, und ich warf sie auf eine Couch und wartete, daß der Leib zu Staub zerfallen würde. Doch nichts geschah.
In den vielen Jahren meines Kampfes gegen die Dämonen war ich auf alle möglichen Arten von Vampiropfern gestoßen. Die meisten zerfielen zu Staub, wenn man ihnen einen Eichenbolzen ins Herz rammte, doch es gab auch einige, die nur durch das Feuer zerstört werden konnten.
„Cosimo, stehen Sie auf!" sagte ich.
Olivaros Verbündeter gehorchte. Er hatte sich noch immer nicht erholt. Der magische Kegel und die Qualen, die ihm bereitet worden waren, hatten seinen Körper übermäßig strapaziert. Coco mußte ihn stützen.
Ich sah mich in Lackeens Stützpunkt um, fand aber nichts Interessantes. Rasch zerschlug ich einige Tische und Stühle, die ich auf und neben die Untote legte. Ihren Körper bedeckte ich mit Stoffen und tropfte dann etwas Benzin darauf.
Auf der Treppe stehend zog ich die Pistole mit den Explosionsgeschossen, zielte auf die Untote und drückte ab. Die Kugel explodierte, und die Tücher fingen Feuer. Dann brannten die Holzstücke. Ich wartete, bis der Körper der Untoten in Flammen stand, dann stieg ich rasch die Treppe hoch.
„Gehen wir zum Lager der Tinkers", sagte ich.
Ich bückte mich, hob die beiden gnostischen Gemmen auf und reichte sie Coco. „Die Bluteule ist mir entkommen."
„Das ist schlimm", sagte Cosimo mit zittriger Stimme. „Sehr schlimm.
Sie wird Luguri verständigen."
„Das vermute ich auch. Aber möglicherweise hat sie etwas ganz anderes vor."
„Du glaubst, daß sie sich rächen will?"
„Das kommt mir wahrscheinlicher vor. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Eule etwa hundert Jahre mit der Vampirin zusammen war. So etwas verbindet. Ich bin ziemlich sicher, daß die Eule etwas plant."
„Was wissen Sie über Armida, Cosimo?" fragte Coco.
„Darüber haben wir ja heute schon einmal gesprochen. Mehr weiß ich nicht. Um es ehrlich zu sagen, ich habe mich bis jetzt nicht für die Bluteule interessiert."
„Ohne einen Partner kann die Eule nicht lange leben", meinte Coco. „Sie braucht zum Leben die Opfer von Vampiren. Zuerst läßt sie den Vampir einen Menschen beißen. Dabei gehen blutzersetzende Stoffe auf das Opfer über. Erst dann trinkt die Bluteule das Blut. Vom Blut normaler Menschen kann sie sich nicht ernähren. Deshalb lebt Armida auch immer mit einem Vampir zusammen, dem sie ihre ungewöhnlichen Fähigkeiten zur Verfügung stellt."
„Da ist es doch wahrscheinlicher, daß sich die Eule zuerst einen neuen Partner sucht", warf Cosimo ein.
„Sie wird es einige Tage auch ohne Nahrung aushalten", beharrte Coco auf ihrem Standpunkt. „Die Rache an uns - und vor allem an mir - ist für die Eule vordringlicher. Sie weiß nicht, was wir vorhaben. Sie muß damit rechnen, daß wir Irland schon bald verlassen, und dann hätte sie es unglaublich schwer, uns zu finden."
Ich stimmte vollkommen mit Coco überein. Die Eule stellte eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Natürlich konnte ich nicht genau beurteilen,
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