1132 - Hexenfalle Bamberg
sondern glatt.
Sie hatte sie nach hinten gekämmt und dort zusammengebunden, dadurch wirkte ihr Gesicht noch voller. Ihr Mund war klein, das Kinn ebenfalls, aber zur Stirn hin war ihr Gesicht recht breit. Sie hatte dunkle Augen und eine kleine Nase, die leicht gerötet war, ebenso wie die Augen. Ein Hinweis darauf, daß sie erst vor kurzem geweint hatte.
Bekleidet war sie mit einem gestreiften Pullover und einer schwarzen Jeanshose.
»Du hast geweint, nicht?«
Ulrike zuckte mit den Schultern.
»Ist die Angst denn so schlimm?«
»Ja, vor der Nacht.«
»Ach, das schaffen wir schon. Zuerst einmal werden wir was essen.« Monika begann, die Tüte auszupacken. Sie stellte den Karton mit der Pizza, die beiden Salatschalen und auch die zwei Flaschen Rotwein auf den Tisch. »Das wird uns schon die Zeit vertreiben.«
»Hunger habe ich nicht.«
Monika verdrehte die Augen. »Stell dich nicht so an. Pizza ist doch dein Leibgericht. Habe ich extra gekauft. Für mich hätte ich was beim Chinesen besorgt. Außerdem kommt der Appetit mit dem Essen, hat meine Mutter gesagt. Da hat sie ausnahmsweise mal recht.«
»Okay.«
»Dann deck schon mal den Tisch.« Monika kannte sich in der Wohnung ihrer Freundin aus. Sie wußte auch, wo die Mikrowelle stand, in der sie die Pizza aufwärmen wollte und den Kreis dafür in verschiedene Stücke schnitt, damit sie sich besser in der Mikrowelle verteilten. Danach öffnete sie die Weinflaschen und vergaß auch nicht, ihre Freundin zu beobachten, die sich recht langsam bewegte, als wäre sie mit ihren Gedanken ganz woanders und überhaupt nicht bei der Sache.
Monika beobachtete es mit Sorge, hielt sich aber mit irgendwelchen Kommentaren zurück. Dafür schenkte sie Rotwein in die beiden Gläser und fragte, ob sie Musik machen sollte.
»Nein, ich habe keinen Bock.«
»Du bist in Trauer.«
»Nein, auch das nicht, ehrlich nicht. Aber ich bin… na ja, wenn du erlebt hättest, was ich hinter mir habe, würdest du auch anders denken.«
»Ist es schlimmer geworden?« Monika stand direkt vor ihr und schaute auf die Freundin nieder, die schon ihren Platz am Tisch eingenommen hatte.
»Das nicht. Aber es wird schlimmer werden. Das weiß ich. Davon lasse ich mich nicht abbringen. Die Angst klebt in mir fest, und sie wird sich noch steigern, sobald die Dunkelheit eingebrochen ist. Auch vorhin habe ich versucht, wach zu bleiben, als ich im Bett lag. Es ist mir nicht gelungen. Ich bin eingeschlafen. Ich kam nicht dagegen an. Ehrlich nicht. Es war grauenhaft.« Sie schüttelte sich, als hätte jemand Wasser über ihren Kopf gegossen.
»Und was war mit deinen Träumen?«
»Die haben sich zurückgehalten.«
Monika lächelte. »Das ist doch schon etwas. Komm, beruhige dich wieder, und iß erst mal. Die Pizza wird jetzt warm sein.« Sie eilte zur Mikrowelle hin, öffnete die Klappe, schaute kurz hinein und holte dann die beiden Teller hervor.
Der Holztisch war klein. Er bot zwei Personen Platz, und beide saßen sich gegenüber.
»Guten Appetit, Ulrike!«
»Danke.«
Zumindest Monika schmeckte es. Der Wein war zwar keine Offenbarung - da lagerten im Keller ihrer Eltern bessere Tropfen -, aber er ließ sich durchaus trinken.
Schnell hatte sie das erste Glas geleert, während Ulrike nur an ihrem genippt hatte. Sie aß auch sehr langsam und stocherte mehr mit der Gabel im Pizzateig herum. Es war ihr anzusehen, daß sie mit den Gedanken ganz woanders war.
Dann sagte sie einen Satz, der Monika erschreckte. Nur mit Mühe konnte sie ein Überschwappen des Rotweins bei angehobenem Glas verhindern. »Ich glaube, daß ich in dieser Nacht sterben werde. Mir geht es wie den anderen drei Frauen. Ich bin davon überzeugt, daß sie mich in der Nacht holen werden, und das für immer.«
Ihre Freundin stellte das Glas wieder zurück. »Nein, Ulrike, du bist nicht mehr ganz bei Verstand. Hast du irgendwelche Psychopharmaka genommen?«
»Nichts«, flüsterte sie und starrte die Pizza mit dem darauf liegenden Besteck an. »Es ist einfach in mir«, gab sie zu. »Ich kann dagegen nicht ankämpfen. Tut mir leid.«
»Aber jetzt bin ich bei dir.«
»Das finde ich auch irre toll von dir, Monika. Trotzdem.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich schaffe es einfach nicht, über meinen eigenen Schatten zu springen.« Sie deutete auf ihre Stirn. »Etwas steckt in mir, und ich weiß nicht, was es ist.«
»Ein Trauma.«
»Ja, zuerst. Dann real.«
Monika reckte ihr Kinn vor. »Wir werden dir das Trauma schon austreiben, Das
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