1134 - Im Innern einer Sonne
sich in einer schlauchförmigen Röhre fort.
Der Sonnenkorridor!
Durch ihn mußten sie hindurch.
Forrler hörte die vielen, verwirrenden Daten, die sich die Menschen zuriefen, Auswertungen, Bemerkungen, Anweisungen. Da war von Entfernungen die Rede, von Flugrichtung, Geschwindigkeit, Eintauchwinkel und verschiedenen Vektoren. Der Silkrin verstand von alledem nichts. Er spürte nur, daß er immer unruhiger wurde.
Immerhin: Die Routine und Präzision, mit der die Zweigeschlechtigen den schicksalshaften Flug bewältigten, trotz aller Spannung, die auch sie erfüllte - das vermittelte ihm andererseits eine gewisse Sicherheit. Er vertraute ihrem Geschick und ihrem Können. Was konnte ihm schon zustoßen, solange er sich in ihrer Obhut befand!
„Wir sind dran ...", meldete Gordana Ujlaki, während sie gebannt ihre Anzeigen beobachtete. Plötzlich wurde es totenstill in der Zentrale. Gordana wartete einen Moment wie erstarrt, dann fuhr sie mit erhobener Stimme fort: „... und ... wir tauchen ein - jetzt!"
Unwillkürlich verkrampften sich Forrlers Hände. Das glänzende Pünktchen in dem Rasterbild, das die PRÄSIDENT darstellte, befand sich an der trichterförmigen Auswölbung und schwebte in den Schlauch hinein. Der Sonnenkorridor besaß einen Durchmesser von fast hundert Kilometern, genug also, um notfalls mehrere Schiffe gleichzeitig aufzunehmen. Trotzdem waren die Fremden um einen Kurs bemüht, der genau in der Mitte der Röhre entlangführte. Sie wollten jedes Risiko vermeiden und dem Kraftfeld, das die Sonnengewalten zurückdrängte, auf keinen Fall unbeabsichtigt zu nahe kommen.
Langsam bewegte sich das Pünktchen voran, während sich der Bildausschnitt der Projektion verschob und den weiteren Verlauf des Korridors anzeigte. Niemand wußte genau, wie tief die Enklave in der Sonne eingebettet war. Erst wenn sie in die andere Welt hinausstießen, würden sich die Entfernungen und der zurückgelegte Weg genau bestimmen lassen.
Aber das waren Probleme, die Forrler nur am Rand interessierten. Für ihn gab es einen wesentlich wichtigeren Aspekt: Chtapofis - oder, wie die Fremden dazu sagten, Seth-Apophis. Wenn der Geist die andere Welt immer noch durchdrang, würde der Silkrin ihn spüren, als schmerzenden Druck irgendwo in seinem Gehirn. Das konnte gefährlich für ihn werden. Er wußte nicht, ob er die Mentalschwemme ertragen und aushalten würde.
Mrnck hatte ihn eindringlich gewarnt. Im ungünstigsten Fall mochte es geschehen, daß er den Verstand verlor und in geistige Umnachtung fiel.
Je länger der Flug durch den Sonnenkorridor dauerte, desto mehr verkrampfte sich Forrler. Immer wieder lauschte er in sich hinein und suchte nach Anzeichen, daß Chtapofis' Macht ihn bereits erreichte. Unwillkürlich versuchte er, sich dagegen zu wappnen, seinen Geist unzugänglich zu machen. Aber das war aus der Angst geborene, vergebliche Mühe. Er wußte es. Gegen den mentalen Druck gab es keinen Schutz, zumindest keinen, den er kraft seines Willens würde erzeugen können.
„Wir sind bald durch", sagte Gordana, während sie weiterhin sorgfältig die Instrumente beobachtete.
Es klang zuversichtlich und war wohl auch so gemeint. Forrler jedoch wurde nur noch unruhiger.
In der Rasterdarstellung erreichte das Leuchtpünktchen jetzt eine Stelle, wo die Röhre sich verbreiterte. Im weiteren Verlauf wölbten sich die Wände des Schlauches wie ein Trichter nach außen, um schließlich - die Grafik brachte es jetzt ins Bild - abrupt zu enden ...
Dort begann die andere Welt!
Forrler zitterte bei dem Gedanken.
„Den eigentlichen Sonnenbereich haben wir hinter uns", verkündete Tanwalzen ruhig.
„Der Korridor ist jedoch etwas länger und ragt quasi noch in den freien Raum hinein."
„Das muß er wohl auch", piepste der seltsame Roboter, der sich, wie Forrler wußte, für eine überflüssige Erklärung nie zu schade war. „Die Sonnenoberfläche ist nämlich keine Oberfläche in dem Sinn, wie wir sie von Planeten kennen. Sie ist vielmehr gasförmig und deshalb nicht statisch. Das Stück, das der Korridor noch hinausragt, ist wahrscheinlich eine Art Sicherheitszone, um Raumfahrer vor Protuberanzen, Sonnenplasma und dergleichen ..."
„Ürkan!" grollte Icho Tolot verhalten. „Ich fordere dich auf, Ruhe zu bewahren!"
Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, Forrler hätte sich über die schon schematische Drohung des Haluters erheitert gezeigt. Wenn Ürkan erst einmal einen seiner Redeschwälle begann, endeten sie
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