1135 - Cathys Friedhof
Zuschauer nicht ausgehen. Es war ein Geist, ein Astralleib, der sich in einem Zwischenreich aufgehalten hatte. Von dort aus war er wie eine verlorene Seele hochgestiegen, um die normale Welt zu besetzen.
Aus dem rätselhaften und geruchslosen Nebel formte sich allmählich eine Gestalt oder Figur mit menschlichen Umrissen. Sie war nicht zu stoppen, sie verdichtete sich sogar. Beide Männer wurden von einem eisigen Luftzug getroffen, der ihnen entgegenwehte. Es war eine Kälte, wie man sie draußen in der Natur nicht kannte, und Tanner fand genau die richtigen Worte.
»So fühlt sich der Tod an…«
Suko gab dazu keinen Kommentar. Innerlich stimmte er dem Kollegen zu. Diese feinstoffliche Gestalt war so etwas wie der Tod. Ein gefangener Geist, der sicherlich auch auf Erlösung wartete und auf den Namen Catherine Camdon hörte.
Das wollte Suko genau wissen. Aber er ließ sich noch Zeit und wartete, bis sich die Erscheinung zu ihrer vollen Größe aufgerichtet hatte. Sie war nicht so groß wie ein Mensch und wirkte trotzdem nicht gedrungen. Sie besaß mehr die schlanke Form einer Flasche, und sie drehte sich dabei auf der Stelle. Sie wurde dichter, ohne jedoch fester zu werden. Suko suchte nach einem Gesicht. Es gab den Kopf, aber kein mit den üblichen Merkmalen ausgestattetes Gesicht.
Die Temperatur nahm immer mehr ab. Hier regierte plötzlich diese besondere Kälte, die aus dem Reich des Todes mitgebracht worden war. Der Geist einer bestimmten Person war nun frei, und er hatte sogar die Ansätze von Armen und Beinen bekommen, ohne jedoch seine eigentliche Form zu verlieren.
Suko wagte es. Er wollte mit dieser Erscheinung kommunizieren und fragte: »Wer bist du?«
Die Antwort erfolgte prompt. »Nicht gestorben, nur gegangen…«
»Bist du Lady Catherine Camdon?«
Diesmal dauerte es einige Zeit, bis die dumpfe und trotzdem irgendwie helle Stimme wieder erklang. »Ja, ich bin Lady Catherine. Ich existiere noch. Ich führe mein Leben weiter. Ich und sie, wir beide. Es wird so werden wie früher. Cathy ist da. Sie wird mich vertreten. Doch auch ich bin noch vorhanden. Ist das nicht wunderbar? Wir sind jetzt zu zweit. Sie wird mich stärken. Sie holte sich die Energien für mich, damit auch ich wieder küssen kann. Beide küssen wir. Beide werden wir hier herrschen und es den Männern zeigen. Wir holen uns von ihnen, was wir brauchen. Ich habe es schon immer getan, und Cathy ist meine Nachfolgerin. Sie ist zugleich auch ich.«
Es waren Worte, die Tanner und Suko kaum begriffen. Fest stand nur, dass es zwischen einer lebenden und einer »toten« Person eine Verbindung gab. Über Raum und Zeit hinweg. Sie hatten sich wieder getroffen und würden die Vergangenheit auferstehen lassen.
Das wollte Suko auf jeden Fall verhindern. Er wusste nur nicht, wie er es anstellen sollte. Zu fassen wie ein normaler Mensch war diese Erscheinung nicht. Er würde durch sie hindurchgreifen, und er dachte an seine Dämonenpeitsche. Sie war vielleicht die einzige Waffe, die etwas brachte.
Er zog sie hervor.
Tanner schaute von der Treppe aus zu. Er hatte sein Gesicht verzogen und sah aus wie jemand, der mit der Situation überhaupt nicht zurechtkam. Mit einer Hand stützte er sich an der Wand, die andere hatte er vorgestreckt, als wollte er die Erscheinung noch einmal richtig begrüßen.
Plötzlich schwebte sie los. Nicht unbedingt schnell, aber auch nicht langsam. Mit einer lässig anmutenden Bewegung verließ sie das Zentrum des Kreises, und dann schwebte sie auf Tanner zu.
Der war so überrascht, dass er zunächst nicht reagieren konnte. Bevor er einen Arm zur Abwehr in die Höhe reißen konnte, war die Gestalt schon bei ihm.
»Weg, Tanner!« schrie Suko, denn er hatte die plötzliche Gefahr erkannt.
Der Chief Inspektor wich zurück. Es war sein Fehler. Er dachte nicht mehr an die erste Stufe, und Suko schaute zu, wie sein Freund in einem beinahe zeitlupenhaft langsamen Tempo nach hinten kippte. Rücklings landete er auf den Stufen. Es dauerte nicht einmal eine Sekunde, da war die Erscheinung bereits vor ihm.
Suko startete.
Für ihn war der kürzeste Weg immer der beste. In diesem Fall war es der Sprung über den Druidenstern hinweg.
Den schaffte Suko nur halb. Er befand sich in der Luft, als ihn die Magie erwischte. Plötzlich hatte er das Gefühl, von mehreren Strömen gleichzeitig erwischt zu werden. Er schien über dem Boden und genau im Zentrum des Sterns angehalten worden zu sein. Grüne Lichtblitze umtanzten ihn. Sie
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