1135 - Cathys Friedhof
Augen sah, obwohl er auch zugab, daß Dinge existierten, die jenseits des normalen Begriffsvermögens lagen, und die Arbeit der beiden Geisterjäger nicht nur akzeptierte, sondern auch unterstützte.
Suko fand Camdon House einfach zu ruhig. Und er sah diese Ruhe nicht als normal an. Sie kam ihm zu künstlich vor. Da paßte der Begriff Totenstille einfach besser. Sie war für ihn wie eine Wand, hinter der sich etwas Schreckliches verbergen konnte. Die vier Morde waren außerhalb des Hauses geschehen, doch Suko glaubte, den Ursprung zwischen diesen Wänden zu finden.
Tanner lehnte an der Wand und schimpfte leise mit sich selbst und auch über sich. Suko schaute sich um. Er nahm die kleine Leuchte zu Hilfe, denn sie waren in einen recht schmalen Seitenflur gelangt, in dem es keine Fenster gab, dafür graue Wände und einige Kästen mit Leergut, die bis zur Decke gestapelt waren. Der Stapel stand genau neben einer Tür, die Suko erst auffiel, als er einen Schritt davor stehenblieb.
Er leuchtete sie an. Die Tür war so grau wie die Wand und bestand aus normalem Holz. Der Lichtstrahl wanderte von unten nach oben, dann wieder zurück und blieb schließlich dort hängen, wo sich das Schloß abzeichnete. Eine Klinke gab es ebenfalls. Suko versuchte, die Tür zu öffnen, was ihm nicht gelang, weil sie abgeschlossen war.
Tanner kam zu ihm. »Was ist los?«
»Eine Tür.«
»Sehe ich auch.«
»Vielleicht führt sie in den Keller hinab. Hast du vergessen, daß wir ihn suchen wollten?«
»Nein, das habe ich nicht. Nur kann ich nicht glauben, daß wir unsere Freundin Cathy dort finden.«
»Es wäre einen Versuch wert.«
»Aber die Tür ist nicht offen.«
»Stimmt. Sie wird aber offen sein, wenn du mal für eine Minute zur Seite schaust.«
»Klar, der Fachmann.«
»Manchmal muß man es tun.«
Suko versuchte es mit einer Kreditkarte. Es war ein schlichtes Schloß und setzte ihm keinen Widerstand entgegen.
»Den Kniff habe ich auch schon angewendet«, sagte Tanner.
»Eben.« Suko zog die Tür vorsichtig auf. Sie schleifte über den Boden hinweg. Aus den Tiefen seiner Manteltasche hatte Tanner ebenfalls eine Leuchte geholt und strahlte damit in die Finsternis hinein. Denn da war es wirklich stockdunkel.
Beide blieben stehen. Es war sicherer, zunächst einmal die Lage zu checken, aber es gab nichts, was sie störte. Keine Hinweise auf etwas, das sich dort unten aufhalten könnte. Nur die tiefe Stille war vorhanden, die jetzt von einem hörbaren Atemzug des Chief Inspectors unterbrochen wurde.
»Es ist das Letzte, was ich hier noch unternehme«, erklärte er. »Dann setze ich mich ab, wenn es wieder nichts bringt. Ich komme mir vor wie ein Kreisläufer.«
»Keller sind immer interessant.«
»Auch leere?«
»Hin und wieder schon.«
»Dann geh mal vor.«
Suko ließ sich nicht zweimal bitten. Bereits nach den ersten beiden Stufen war zu erkennen, daß der Keller später gebaut worden war als das Haus selbst. Man hatte hier andere Materialien verwendet.
Die Wände waren glatt und wirkten wie verputzt.
Auch die Stufen zeigten keine Kerben und Einbuchtungen. Sie besaßen alle die gleiche Größe und unterschieden sich in nichts. Die Treppe führte gerade in die unbekannte Tiefe hinein. Zwei Lichtkegel huschten über die Stufen hinweg und kamen vor der Treppe zur Ruhe.
»Da ist nichts«, sagte Tanner, der ewige Pessimist.
»Warte erst mal ab.«
Suko ließ auch den Rest der Stufen hinter sich und stand wenig später vor der Treppe. Er ging keinen Schritt mehr weiter und leuchtete in die Runde.
Das Licht huschte über die grauen Wände hinweg, es berührte auch den Boden und wanderte dort weiter. Bis praktisch in die Mitte dieses viereckigen und nur nach einer Seite hin offenen Kellerraums hinein.
»Ha, habe ich doch gesagt, Suko, hier ist nichts.«
»Bist du sicher?«
»Wieso? Siehst du was?«
»Dann gib mal acht.«
Der Chief Inspector trat langsam näher. Er selbst leuchtete nicht dorthin, wo Suko den Lichtkegel kreisen ließ, und zwar über einer bestimmten Stelle am Boden.
»Siehst du das, Tanner?«
»Na ja, noch nicht richtig.« Er lachte. »Leuchte mal langsamer für einen alten Mann.«
Suko tat ihm den Gefallen, aber er schwenkte die rechte Hand auch, so daß auf dem Boden ein helles Zackenmuster entstand. Tanner wollte schon fragen, was es bedeutete, da bekam er den Grund selbst zu Gesicht. Der Lichtkegel zeichnete ein Muster auf dem Boden nach, das die Form eines Sterns aufwies.
»Oh«, flüsterte er.
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