1138 - Triumph der Psioniker
Inkarnation des Körperlichen, und er hatte keinen Anlaß, an ihren Worten zu zweifeln. Er versorgte sie mit Informationen über die Verhältnisse auf der Erde. Sie stellte ihm dafür die Dienste ihres Riesencomputers zur Verfügung, den sie das Viren-Imperium nannte.
Was würde sie zu seinem neuen Plan sagen? Wenn er sich verwirklichen ließ, hatte Vishna in naher Zukunft keinen Bundesgenossen mehr auf der Erde. Er wäre dann auf dem Weg zu ES. Aber müßte das nicht auch in Vishnas Interesse sein? Die Menschheit bezeichnete ES als ihren Mentor. Seine Absichten gegenüber der Superintelligenz waren keineswegs von der Art, wie er sie dem Menschen namens Ernst Ellert geschildert hatte.
Er wollte ES vernichten. Das Idol jener Denkschule, die die vergeistigte, körperlose Existenz als die höchste erreichbare Entwicklungsstufe anpries, sollte aus dem Universum verschwinden. Natürlich hatte er zu Ellert nicht davon sprechen können. Er wußte auch noch nicht, wie er sein Vorhaben verwirklichen wollte. Erst an Ort und Stelle würde er darüber entscheiden können. Aber was er mit ES vorhatte, mußte auch in Vishnas Interesse liegen. Er würde sie darüber in Kenntnis setzen. Er war so gut wie sicher, daß von ihrer Seite kein Einwand zu erwarten war.
Ein seltsamer Gedanke schlich sich in sein Bewußtsein. Er hatte den Menschen angelogen und den Roboter seinen Freund und Vertrauten genannt. Er hatte den letzteren zum Aufpasser über den ersteren ernannt. Die Inkongruenz seines Verhaltens störte ihn plötzlich. Wahrheit und Aufrichtigkeit waren logisch definierbare Begriffe - wenigstens im Rahmen der Logik, die er gelernt hatte. Wie konnte er falsch zu dem einen und wahr zu dem ändern sein?
Seine Gedanken trieben ab, verwirrten sich. Er brauchte einen, dem er vertrauen konnte. Er war zu lange einsam gewesen. Indem er den Roboter zu seinem Vertrauten machte, entsprach er einem inneren Bedürfnis - und gleichzeitig seinem Mißtrauen gegenüber den zur Vergeistigung neigenden Menschen. Sein Verhalten Speck gegenüber resultierte aus einem Verlangen seiner Seele. Was er Ernst Ellert vorgelogen hatte, gehörte zu seinem Plan und entsprach somit der Logik.
War das richtig?
Es half ihm nichts, entschied er ärgerlich, wenn er sich über unnütze Dinge den Kopf zerbrach. Das machte seine Lage nur noch schlimmer, als sie ohnehin schon war. Er vergeudete wertvolle Zeit, indem er hier auf dem Felsen saß, in den dunklen Himmel hinaufstarrte und sich Gedanken machte. Er hatte Wichtigeres zu tun.
Er löste sich von seinem Sitz und glitt ins Wasser. Die ersten paar hundert Kilometer würde er unter der Oberfläche des Meeres zurücklegen müssen, um den Häschern zu entgehen. Erst wenn er in freien Gewässern war, konnte er auftauchen und sein Energiereservoir mit Höchstgeschwindigkeit ansteuern.
*
Die Meldung kam in Begleitung des schrillen Summtons, der äußerste Dringlichkeit anzeigte.
„Auf Empfang", sagte Julian Tifflor zu dem akustischen Servo des Interkoms.
Eine Bildfläche leuchtete auf. Galbraith Deightons Gesicht materialisierte. Auf den ersten Blick erkannte Tifflor, daß er Erfreuliches zu berichten hatte. Die Begeisterung strahlte ihm förmlich aus den Augen.
„Zweiter Kontakt", rief er. „Wir wissen, wo sich die drei Energie-Reservoire des Fremden befinden. Nicht auf den Punkt genau, aber nahe genug, daß wir unsere Sucheinheiten darauf ansetzen können."
„Danke", sagte der Erste Terraner. Man hörte ihm die Erleichterung an. „Ich hatte eine Dosis Aufmunterung dringend nötig. Wo?"
„Alle im Pazifik", antwortete Deighton. „Wenn du die Koordinaten..."
„Nicht nötig", winkte Tifflor ab. „Ich erfahre sie früh genug. Woher haben wir die Information?"
„Der Maahk hat den Spezialrobot endgültig zu seinem Vertrauten gemacht. Er führte mit ihm ein langes Gespräch und schilderte sein Schicksal. Besonders eindringlich war offenbar sein Bericht über seine Erlebnisse seit seiner Landung auf der Erde. Dabei wurden die Energie-Reservoire erwähnt."
„Die Verbindung zwischen Brannor und Lynda funktioniert einwandfrei?"
„Wenn man davon absieht, daß Lynda vorsichtig zu Werke gehen muß, ja. Brannor benützt die Zusatzgeräte, wenn er weiß, daß die Luft rein ist. Allmählich entwickelt er eine Peilung. Noch zwei oder drei Kontakte, meint er, und wir wissen genau, an welchem Punkt sich die Gefangenen befinden."
Julian Tifflor reagierte nicht sofort. Er sah nachdenklich vor sich hin.
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