1138 - Zurück aus der Hölle
bisher noch Zweifel gehabt, so fuhr ich voll auf Zingaras Schiene ab. Wenn sie tatsächlich Crowleys Erbe in Besitz hielt, dann war vieles möglich.
Sie hatte in den letzten Sekunden nichts gesagt und mich einfach nur in Ruhe gelassen. Es war mir wohl anzusehen, welche Gedanken sich hinter meiner Stirn ausbreiteten, denn ein Lachen konnte sie jetzt nicht mehr zurückhalten.
»Crowley also«, sagte ich.
»Ja!« Ihre Antwort klang fröhlich. »Wie ich merke, sagt dir der Name etwas.«
»Und ob.«
»Ich kannte ihn auch. Leider nicht persönlich, aber ich habe von ihm gehört. Und wer die Augen offenhält, so wie ich es getan habe, der wird immer auf Spuren treffen, die er hinterlassen hat. So war es auch mit dem Kartenspiel. Es waren seine Karten. Es war sein Gebetbuch. Das Gebetbuch der Hölle, wie man immer so schön zu sagen pflegt. Bei ihm aber traf es zu, weil er dem Teufel so eng verbunden war. Er hat viel von ihm übernommen. Er hat überall versucht, ihm eine Heimat zu geben, und deshalb wurde er von der Hölle geliebt. Das werde ich auch. Die Hölle mag mich, weil ich irgendwo in seinem Sinne denke. Nur stelle ich es schlauer an, John. Ich zeige es nicht offen, was mich treibt. Ich fange langsam, sehr langsam an und komme erst dann zum Erfolg, wenn ich mir sicher bin, dass nichts mehr schief gehen kann.« Sie tippte auf die Karten. »Sie sind einfach wundervoll. Wenn ich sie den Menschen zeige, wobei ich selbst nicht viel dazu beitragen muss, geraten sie in ihren Bann. Sie… sind dann völlig von der Rolle, und ich habe das Gefühl, als würden sie alles andere vergessen, was für sie bisher von großer Wichtigkeit gewesen ist. Du glaubst gar nicht, wie leicht es ist, Menschen in den Bann der Karten und damit in meinen geraten zu lassen. Selbst welche, die große Verantwortung tragen. Wie eben Politiker und auch Männer, die in der Wirtschaft etwas zu sagen haben. Selbst Frauen können sich der Aura der Karten nicht entziehen. Ich schwebe also über alle Geschlechter hinweg und sehe mich selbst als Phänomen an. Mich und die Karten, denn sie sind genau in die richtigen Hände gelangt.«
»Hat Crowley damals das gleiche geschafft wie du?«
»Ja, natürlich. Er hat das Tor öffnen können. Schon zu seiner Zeit sind Wesen zurückgekehrt und haben sich unter die normalen Menschen gemischt. Aleister war…«, jetzt lachte sie glucksend und unterbrach ihren eigenen Redefluss, »… wirklich einhöllisches Phänomen. Das muss ich einfach zugestehen, sowenig du es verstehen kannst.«
»Keine Sorge, ich verstehe es schon. Es ist schließlich nicht so, dass mir der Name nichts sagt.«
»Ich dachte es mir.«
»Nur kannst du dich auf Crowley nicht mehr verlassen.«
Sie tippte auf die Karten. »Keine Sorge, ich besitze sie.«
»Auch das ist nicht die absolute Wahrheit, muss ich dir leider sagen. Ich kenne mich ein wenig aus. Zwar bin ich Crowley nie persönlich begegnet und…«
»Dann würdest du auch nicht mehr leben!«, erklärte sie hart. »Glaube es mir!«
»Davon einmal abgesehen, Zingara, ich habe etwas anderes in meine Hände bekommen.«
»Und was?«
»Die Krone des Satans. Sie hat sich auch in seinem Besitz befunden, falls dir das ein Begriff ist.«
Sie kannte sie oder hatte sie gekannt. Plötzlich verlor sie ihre Lockerheit und saß starr vor mir. Ihre Augen glänzten kalt, und der Blick hatte einen scharfen Ausdruck bekommen. »Die Krone?« flüsterte sie. »Ja, ich kenne sie. Sie ist mir ein Begriff. Sie war ein altes Erbstück. Es gab welche, die nach ihr gesucht haben.«
»Ich fand sie.«
»Weiter!«
Diesmal lachte ich. »Ich fand sie dort, wo Crowley jämmerlich starb. Von der Welt und vom Teufel verlassen. In einem Altersheim an der Küste.« Sie war begierig darauf, mehr zu hören. Das hätte ich ihr auch sagen können, aber ich kürzte meine Rede ab. »Es gibt die Krone nicht mehr. Es gibt sie ebenso wenig, wie es ihn noch gibt. Auch Crowley ist Vergangenheit, das solltest du dir ins Stammbuch schreiben. Über ihn kann man nur sagen: Es war einmal.«
Ich hatte sie aus dem Konzept gebracht. Was sie von mir über Crowley gehört hatte, konnte ihr einfach nicht gefallen. Wild schüttelte sie den Kopf, und ich merkte auch, wie eine Aura des Hasses auf mich zurollte.
»Du hast also die Krone vernichtet?«
»In der Tat.«
»Dafür müsste ich dich auf eine besondere Art und Weise töten. Dich nicht einfach nur vernichten, sondern es dir verdammt schwer machen. Ich müsste dich
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