1139 - Das Herz der Jungfrau
Schlachtfeld hin, durch die Stadtmauer von Orléans, der Stadt, die sie von den verhassten Engländern befreit hatte.
Und mit ihr ritt die Garde. Die Schotten, die Katholiken, die auch so gegen die Engländer waren und immer ihre Unterdrückung fürchten mussten. Sie hatten sich Johanna angeschlossen und ihre Garde gebildet, zu der auch Dean McMurdock gehörte.
Er war stolz darauf. Ebenso wie seine Mitstreiter, denn sie alle gehörten der Gruppe an, die von der offiziellen Kirche gejagt wurde, weil man es noch nicht geschafft hatte, alle Templer zu vernichten.
Nach dem ersten Schock und der Flucht vieler, hatte man sich wiedergefunden und kleine Gruppen gebildet. Eine ritt an der Seite Johannas.
Ein Sieg war gelungen. England war zumindest hier geschlagen, aber es war nicht beendet.
Der Schläfer stöhnte auf und wälzte sich im Traum auf die rechte Seite. Diesmal sah er die Menschenmenge. Das Feuer, das von Frauen, Männern und Kindern umstanden wurde. Sie hatten sich zu einer johlenden Menschenmenge versammelt, denn sie alle wollten die Heilige brennen sehen. Es war nicht mehr die Siegerin. Man hatte sie verflucht. Man hatte ihr nachgesagt, mit unheimlichen Mächten in Verbindung zu stehen und dadurch gottlos zu sein.
Die Flammen loderten, und sie ließen die Augen der Gaffer aufleuchten, in denen der Hass zu lesen war. Viele Herolde waren durch die Dörfer und Städte gezogen, um die Nachricht vom Tod der Johanna bekannt zu machen, und so waren die Massen geströmt.
Das Feuer fraß sich hoch. Die Flammen waren unersättlich. Sie verschlangen zuerst das Reisig und danach den Körper der Jungfrau, die nicht schrie, die auch keine Panik zeigte, sondern den Blick nach oben gerichtet hatte, als wollte sie mit dem Allmächtigen Zwiesprache halten.
Aufrecht ging sie in den Tod.
McMurdock erlebte es in seinem Traum, und es war nicht das erste Mal, dass er darunter litt. Immer wieder hatte er sie sterben sehen, und nach dem Erwachen hatte er sich stets wie am Boden zerstört gefühlt, weil es ihm nicht gelungen war, ihr zu helfen. Aber er war weit, zu weit entfernt gewesen.
In den Fesseln bäumte sich der Frauenkörper auf, als die heißen, gespenstisch zuckenden Feuerzungen danach griffen. Er schmolz dahin, nachdem die Kleidung verbrannt war. Er bäumte sich auf und sackte dann als verkohlter Leib zusammen, nachdem die Fesseln zerfressen worden waren. Schwer schlug er in den noch glühenden Reisighaufen, dessen Funken wie rote Sterne durch die Luft wirbelten.
Die Menge johlte. Sie hatte ihren Spaß gehabt, und viele würden sich jetzt bei der anschließenden Feier betrinken. Andere waren dafür zuständig, den Leichnam wegzuschaffen, doch das sah der Schläfer in seinem Traum nicht mehr.
Er war plötzlich wach geworden. So heftig, als hätte ihn jemand wachgerüttelt. Er breitete sogar die Arme aus, um sich davon zu überzeugen, aber seine Hände griffen sowohl rechts als auch links ins Leere. Da war einfach nichts.
Tief atmete er durch. Auf seinem Gesicht lag kalter Schweiß. Das war ihm nicht neu, denn jeder Alptraum war mit dieser heftigen Anstrengung verbunden. Er schwitzte und fror zugleich. Eine Decke brauchte er in einer Sommernacht nicht, trotzdem war ihm kalt geworden.
Auf dem Rücken blieb er liegen. Unter der Decke, die er vom Rücken seines Pferdes genommen hatte, spürte er die Härte des Lehmbodens wie Stein. Flüsternd drang ein Fluch über seine Lippen. Aus ihm sprach der Hass gegen diese Alpträume.
Mühsam wälzte er sich zur Seite und kam auf die Knie. Sein Schwert hatte er abgelegt. Er stieß mit der Hand gegen das Gehänge und hob die Waffe an, als er aufstand.
Neben seinem Lager blieb er stehen. McMurdock überlegte, was ihn geweckt haben könnte. Möglicherweise der Alptraum, aber so recht daran glauben wollte er nicht. Da musste noch ein anderes Geräusch hinzugekommen sein.
McMurdock überlegte krampfhaft, was es sein konnte, doch die Erinnerung wollte nicht kommen. Es war wohl nicht innerhalb des Hauses aufgeklungen, denn hier herrschte die nächtliche Stille. Er hörte nur das Atmen der alten Frau, sonst nichts.
Sehr langsam nur gewöhnten sich die Augen an die seltsame Dunkelheit. Es war nicht so finster wie man es sich von einer Nacht vorstellte, denn der fast volle Mond schickte seinen Schein auch durch ein Fenster, und so entstand ein silbriger Glanz. Er breitete sich dort aus, wo auch Gabriela schlief. Dean wollte sie nicht wecken.
Er ging auf Zehenspitzen zur Tür und
Weitere Kostenlose Bücher