1140 - Der Rächer des Engels
manchmal Ausnahmen. Vergiss nicht, wer mich gesandt hat.«
Dean McMurdock hatte alles genau verstanden. Was bisher nicht passiert war, trat nun ein. Er fror plötzlich und fühlte sich wie jemand, der vereist worden war. Die Kälte war nicht nur in seine Knochen hineingekrochen, sie lag auch auf der Haut, und so hatte er das Gefühl, sich nicht mehr bewegen zu können.
Aus seinem Mund drang kein Wort. Er hätte noch so vieles fragen und sagen wollen, doch die Gewalt der Worte und die damit verbundenen Folgen hatten ihn stumm gemacht. So etwas kam bei ihm nicht oft vor. Er war auch nicht in der Lage, die gesamte Tragweite zu überblicken. Erst als er abermals den intensiven Kontakt mit dem Engel spürte, ging es ihm wieder besser, und der Schleier vor seinem Denken verschwand.
»Was kann ich denn tun?«
»Achtgeben, dass es niemand mehr stiehlt. Ich weiß, dass dies geschehen wird. Die andere Seite gibt keine Ruhe. Und sie hat Zeit, sehr viel Zeit. Aber auch du wirst Zeit haben, denn durch mich wirst du etwas bekommen, was nicht das ewige Leben ist, aber du wirst immer in der Lage sein können, das Herz zu bewachen und es auch zu schützen, wenn es denn sein muss.«
McMurdock breitete die Arme aus. Es war mehr eine hilflose Geste. »Aber ich bin nur ein Mensch…«
»Gerade weil du ein Mensch bist.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Du wurdest nach seinem Ebenbild geschaffen, aber du hast nicht seine Macht mitbekommen. Ich weiß, dass dies auch niemals der Fall sein wird, doch ich habe beschlossen, dir etwas von mir abzugeben. Einen kleinen Teil meiner Macht, und deshalb wirst du bald vielen Menschen überlegen sein.«
Das Licht vor ihm und auch die Gestalt bewegte sich jetzt noch näher an ihn heran. McMurdock konnte nicht anders. Er musste einfach die Augen schließen und fühlte sich von einer Kraft umschlungen, wie er sie bisher noch nicht gekannt hatte.
Wieder durchdrang ihn das Gefühl, das ein Kind empfinden musste, wenn es von der Mutter beschützt wurde.
»Deine Feinde sind auch meine Feinde«, hörte er die weiche Stimme des Engels. »Du wirst sie bekämpfen, wo sie auftreten, und du wirst ungewöhnliche Begegnungen mit ungewöhnlichen Menschen haben. Geh immer deinen Weg, auch wenn er schwer sein wird, aber geh ihn. Denn nur das ist wichtig.«
McMurdock hielt die Augen geschlossen. Jedes Wort war für ihn eine Bibel für sich gewesen. Er prägte es sich ein, und er vertraute dem Engel und hoffte, dass er ihn auch weiterhin beschützen würde.
Aber es gab noch ein Problem. Bisher hatte Michael nur über sich und ihn gesprochen, nicht aber über das Wichtigste überhaupt, das Herz der Jungfrau.
Dieses Thema schnitt er an, obwohl er sich davor fürchtete. »Wenn du mir wirklich die Macht geben willst, daran glaube ich ja, so denke ich darüber nach, was mit dem Herz der Jungfrau geschehen soll. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich es beschützen kann, trotz meiner neuen Kräfte.«
»Du wirst es können, aber du wirst es nicht für dich behalten, mein Freund.«
McMurdock begriff sehr schnell. »Dann soll ich es in ein anderes Versteck schaffen?«
»Ja, das ist deine Aufgabe. Und du wirst dann so lange existieren, wie es auch das Herz gibt. Es ist ein besonderes Versteck. Es existiert auf dieser Welt, aber es ist trotzdem nicht zu sehen. Das Herz wird dort nicht allein liegen, da brauchst du keine Sorge zu haben. Es wird sich im Kreis der Gerechten befinden, die darauf Acht geben. Nur ist es keine Garantie für immer. Sobald du merkst, dass Feinde an das Herz heranwollen, wirst du diese fremde Welt verlassen und es verteidigen bis zu deinem Tod. Du wirst ein Mensch bleiben. Du wirst auch weiterhin so aussehen wie jetzt, aber du bist trotzdem etwas Besonderes, weil ich dir etwas von mir mitgeben werde oder schon mitgegeben habe. Ich gab dir bereits einen Teil meiner Kraft.«
Obwohl ihm Michael einiges erklärt hatte, war alles noch fremd für den Schotten. »Ich will dich nicht belehren, Michael, aber ich spüre sie nicht«, sagte er zaghaft.
Wieder hatte er den Eindruck, dass sich das Gesicht der hellen, geisterhaften Gestalt zu einem Lächeln verzog. »Glaube es mir, sie steckt bereits in dir.«
Die letzten Worte hatten ihn noch mehr verunsichert. »Wie soll ich das… ich meine… wie ist es möglich? Wie kann ich… ich bin doch kein Engel.«
Michael fragte: »Was unterscheidet einen Engel von einem Menschen hier auf dieser Welt?«
Dean stieß den Atem durch die Nase. »Da gibt
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