1142 - Piraten-Terror
sehr gut, meine Liebe. Bei mir ist alles klar, denn ich kenne die Regeln.«
»Ich auch.«
»Hinstellen!«
Er hatte das Wort geschrien, und Laura zuckte zusammen. Sie musste umdenken. Jetzt ging es nicht nur um das Bild, sondern auch um sie. Sie wollte mit heiler Haut aus dem Keller kommen.
Hinter ihrem Rücken hörte sie das heftige Atmen des Mannes. Das Licht der Laterne bewegte sich wieder und huschte wieder gelb über den Boden und durch die Luft.
Laura Watson lehnte das Bild gegen die Wand und drehte sich wieder um. Der Mann stand noch immer an der gleichen Stelle und leuchtete sie an. Er sagte auch nichts, und deshalb sprach sie. »So, ich habe getan, was Sie wollten.«
»Das war auch gut.«
»Dann lassen Sie mich jetzt bitte gehen.«
Der Mann mit der Laterne tat, als hätte er sie nicht gehört. »Gehen?«, flüsterte er. »Du willst weg? Hinauslaufen in die Welt und allen erzählen, was hier passiert ist?«
»Ja, das will ich.«
Der Mann stieß ein meckerndes Lachen aus. »Aber draußen wird es allmählich finster. Es ist zwar noch Tag, aber die Nacht bricht herein. Da ist es für Fremde gefährlich. Besonders in einer Nacht wie dieser, wenn du verstehst.«
»Nein, ich verstehe nicht.«
»Du wirst hier unten bleiben. Es ist besser. Es ist sogar zu deinem eigenen Schutz.«
Laura war über den Vorschlag nicht überrascht. So etwas Ähnliches hatte sie sich auch vorgestellt, aber sie wollte nicht. Das Tor war abzuschließen. Okay, sie hätte es vielleicht aufbrechen können, das alles hätte Zeit gekostet, und der Mann hatte recht. Die Nacht war bereits hereingebrochen. Eine Nacht, in der der Piraten-Terror leicht aufleben konnte. Dann kehrte der Verfluchte zurück. So stand es geschrieben, und darüber wussten auch die Menschen Bescheid, die in den letzten Tagen so ängstlich reagiert hatten.
»Ich finde nicht, dass es für mich besser ist. Draußen fühle ich mich beschützter.«
»Ein Irrtum, kleine Laura. Ich habe beschlossen, dass du hier unten bleibst. Und das wird auch so bleiben. Ich werde dich fesseln und am nächsten Morgen nach dir schauen.« Er grinste breit. »Falls du dann noch am Leben bist.«
»Sie… Sie sind verrückt!«
»Nein, bin ich nicht«, erwiderte er fast beleidigt. »Ich kenne nur die Regeln und befolge sie. Das ist alles.«
Laura wunderte sich über sich selbst, dass sie so gelassen blieb. Sie hatte den Punkt erreicht, wo es ihr gelungen war, die Angst zu überwinden.
So harmlos wie möglich schaute sie sich um und suchte nach einer Waffe, mit der sie sich verteidigen konnte. Das hier aufbewahrte Strandgut eignete sich kaum dazu. Es waren keine schweren Eisenstangen angeschwemmt worden oder ähnliche Gegenstände, mit dem sie sich den Mann vom Leib hätte halten können.
»Dreh dich um!«
»Und dann?«
»Wirst du dich vorbeugen und mit beiden Händen an der Wand abstützen. Das kennst du doch sicherlich aus dem Fernsehen.« Er kicherte und freute sich auf das Kommende. Klar, das kannte Laura. Sie wusste auch, dass sie dabei in eine recht wehrlose Lage hineingeriet. Aber eine Waffe sah sie nicht. Wenn der Mann sie bei sich trug, dann versteckt unter der Kleidung.
Sie kam der Aufforderung nach. Noch während sie sich drehte, kam er näher. Er hob den rechten Arm mit der Laterne an.
»Ja, ja, manchmal ist es besser, wenn man sich den Gesetzen fügt«, sagte er.
Er war zufrieden. Nicht so Laura. Sie hielt die Augen verdreht und schaute dem Licht nach. Die hellen Geister über ihr sprangen von einer Seite zur anderen, das war normal. Aber sie zogen sich plötzlich zurück und huschten hinter ihr in das Dunkel des Kellers hinein.
Für Laura stand fest, was das bedeutete. Sie wusste jetzt, was der Mann vorhatte. Er würde mit der Laterne zuschlagen.
Sie schrie auf, fuhr herum - und sprang den Mann an!
Es war ein kurzer Weg bis zu ihm, aber innerhalb dieser winzigen Zeitspanne registrierte sie all das, was sich vor ihr tat. Der Typ hatte die Laterne tatsächlich zum Schlag angehoben, um ihren Kopf zu treffen, aber er kam nicht mehr dazu. Laura traf ihn unvorbereitet und wie ein Rammbock. Beide Fäuste stieß sie in den Leib des Mannes, der zurückgeschleudert wurde und sich nicht mehr halten konnte. Er prallte gegen die andere Wand dicht neben der Leiter, stieß sich den Hinterkopf und rutschte zu Boden. Die Laterne konnte er nicht mehr halten. Sie landete neben ihm, ohne allerdings zu zerbrechen.
Bevor sich der Mann erheben konnte, war Laura bei ihm. Wieder schlug
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