1145 - Das Haus der Selbstmörder
Denken Sie an die Toten. Denken Sie an die Stimmen. Sie sind stärker. Sie haben Kraft, die haben… haben… sogar Macht. Ich komme mir vor, als wäre mir mein eigenes Ich entrissen worden. Ich habe keinen Willen mehr.« Zuckend deutete er auf das Haus.
»Dort… dort sitzen sie…«
Es gab keinen, der ihm widersprach. Natürlich hing jeder seinen Gedanken nach, und Suko blieb es schließlich überlassen, sie auszusprechen. »Eines ist mir nicht klar und euch wahrscheinlich auch nicht. Welches Motiv könnte es für diese Taten geben? Warum werden die Menschen in das Haus gelockt, um sich umzubringen, und wie bringen Sie sich um?«
»Das kann ich Ihnen sagen, Kollege. Sie treten an die oberen Fenster hinein ins Licht.«
»Und stürzen sich dann hinaus?«
»Genau!«
Suko lächelte unwillkürlich. »Dann hätten wir die Leichen vor dem Haus liegen sehen müssen.«
»Ja, hätten wir.«
»Wo sind sie?«
Clark Garret ballte die Hände zu Fäusten. »Scheiße, ich weiß es einfach nicht.«
Jane Collins trat näher an Suko heran. Ihr Gesicht behielt den ernsten Ausdruck bei, als sie sprach.
»Ich habe mir natürlich auch meine Gedanken gemacht, Suko. Selbstmörder sind besondere Menschen. Lassen wir mal ihre Gründe und Probleme zur Seite. Fest steht, dass sie ihr Leben selbst wegwerfen wollen. In diesem Fall freiwillig und zugleich gezwungen durch eben die Stimmen der Toten. Die haben sie gelockt. Ich frage dich, wer diese Toten sind.«
»Geister«, sagte Suko leise.
»Klar, Geister, die locken.« Sie tippte ihn an. »Und genau sie wollen, dass auch andere sterben. Das ist das Motiv, das ist der Hauptgrund. Frage mich jetzt nur nicht nach Einzelheiten. Die werden wir noch herausfinden müssen.«
»Stimmt alles, Jane, und deshalb werde ich mir das Haus mal von innen anschauen.«
»Nicht nur du. Ich gehe mit!« Als Suko den Mund öffnete, um etwas zu erwidern, kam Jane ihm zuvor. »Nein, sag nichts. Spiele nicht John Sinclair. Keine Widerrede. Mein Entschluss steht fest.«
»Wie du willst.«
Garret hatte mitgehört. Etwas unsicher fragte er: »Sie wollen tatsächlich in das Haus?«
»Das müssen wir. Und Sie, Kollege, übernehmen die Verantwortung für unseren Schützling Al Frogg. Sorgen Sie dafür, dass ihm nichts passiert. Alles andere übernehmen wir.«
»Sie wissen ja, wie gefährlich es sein kann?«
»Das ist uns klar, Kollege. Aber nur die Harten kommen in den Garten, Sie verstehen?«
»Toll, dass Sie Humor haben.«
Al Frogg hatte ebenfalls zugehört. Er quälte sich wieder, und erst als er stöhnte, wurden Suko und Jane aufmerksam. Die Detektivin fasste ihn an. »Was haben Sie, Al?«
Er blieb stehen und schloss die Augen. Dann presste er seine Fingerkuppen von beiden Seiten gegen die Stirn. »Sie sind noch da«, berichtete er flüsternd. »Ja, sie sind noch in der Nähe. Ich höre sie, denn sie geben nicht auf.«
»Was hören Sie?«
»Ihr Gemurmel. Es ist so dumpf. Es dröhnt trotzdem durch meinen Schädel.«
»Werden Sie gerufen?«
»Ich glaube schon.«
»Aber Sie wollen nicht gehen…«
»So ist es.«
»Was tun Sie?«
»Ich kämpfe, Jane. Ich kämpfe dagegen an. Ja, ja, ich versuche es mit allen Mitteln. Ich will mich nicht hinreißen lassen. Es ist die verdammte Angst. Ich will leben, nur leben. Kein Selbstmord. Ich hasse das verdammte Haus.«
»Keine Sorge, Sie bleiben bei mir«, sagte Clark Garret. »Ich könnte Ihnen auch Handschellen anlegen, das ist dann…«
»Nein, ich will nicht gefesselt werden.« Noch während des Sprechens sprang er zurück.
»Lassen Sie ihn«, sagte Jane. »Nur im äußersten Notfall. Ansonsten muss er allein zurechtkommen.«
Clark nickte ihr zu. »Keine Sorge, das packe ich. Geben Sie nur auf sich Acht.«
Die Detektivin drehte sich um. Suko war schon ein paar Schritte auf das Haus zugegangen. Er stand vor der ersten Stufe der flachen Treppe und ließ die Fenster nicht aus den Augen. Dabei schüttelte er immer wieder den Kopf.
»Und? Was sagst du?«
»Nicht viel, Jane, aber es ist schon seltsam. Das Licht, meine ich. Das ist eigentlich nicht normal. Wenn es so wäre, hätte es strahlen müssen, aber siehst du was?«
»Nein.«
»Dann ist es auch kein Licht. Ich gehe sogar davon aus, dass es im Haus nicht anders aussieht. Es bleibt nur auf diese verdammten Fenster beschränkt. Wir müssen davon ausgehen, dass es sich einfach um Tore handelt, durch die du andere Welten betreten kannst.«
»Das Jenseits?«
»Zum Beispiel.«
»Wenn das so einfach
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