1145 - Das Haus der Selbstmörder
Er dachte über das Gehörte nach und war auch damit einverstanden, wie die beiden das ungewöhnliche gelbe Licht interpretierten. Für keinen war es normal, auch deshalb nicht, weil es keinen Schein nach außen schickte.
»Jetzt weißt du alles«, sagte Jane und lehnte sich für einen Moment an ihn. »Ein ehemaliges Zuchthaus. Eine Art Cottage, zugleich ein Haus der Selbstmörder.«
Suko wandte sich an den Kollegen. »Sagen Sie, wann haben sich die Leute denn umgebracht? Doch nicht zu Zeiten des Zuchthauses. Da waren Gitter vor den Fenstern.«
»Genau. Das geschah später, als das Haus verlassen war. Es hat sich auch niemand dafür interessiert. Es ist innen ausgeräumt worden. Es gibt keine Zellen mehr. Man hat Wände ausgeschlagen, aber man hat den Bau an sich stehen gelassen.« Garret schaute zu Boden. »Es ist ein verfluchter Ort. Einer, der von den Menschen gemieden wird. Man hat hier auf dem Grund und Boden, auf dem wir stehen, sogar einen Friedhof angelegt. Es war ein Totenacker. Man hat früher hier Menschen begraben, die keine Lobby hatten, sagen wir es mal so. Namenlose, Stadtstreicher, arme Teufel.«
»Wann war das?«
»Vor langer Zeit. Das liegt fünfzig oder sechzig Jahre zurück. Man hat hier auch die Selbstmörder verscharrt, falls sie keine Verwandten hatten, die sich um sie kümmerten. Nur weg von dem normalen Friedhof, ab in die Einsamkeit.«
»Da könnten die Steine, die hier an verschiedenen Stellen aus dem Boden ragen, Grabsteine sein«, vermutete Suko.
Garret nickte ihm zu. »Das könnten sie nicht nur, das sind sie sogar. Wir stehen hier, wenn man es genau nimmt, auf dem Friedhof der Selbstmörder. Und etwas ist damit, ebenso wie mit dem Haus. Da muss es eine Verbindung geben.«
»In die Sie auch eingeflochten sind, Kollege.«
»Leider«, gab Clark Garret leicht stöhnend zu. »Meine Vorgesetzten kamen auf die Idee, dass ich mich mal näher um dieses Problem kümmern sollte, was ich auch getan habe. Es war Glück oder Zufall, dass ich auf einen gewissen Jack Kessler traf. Der berichtete mir davon, dass er Stimmen hörte. Keine normalen Stimmen, auch keine Stimmen von lebenden Personen, sondern Totenstimmen. Die riefen nach ihm. Sie wollten etwas Wichtiges, und zwar sein Leben.«
»Das heißt, sie hatten vor, ihn in den Selbstmord zu treiben. Und das in diesem Haus.«
»Richtig, Kollege. Nur wehrte sich Jack Kessler. Er bat mich inständig um Hilfe. Ich sollte mich mit einem Mann in Verbindung setzten, der John Sinclair heißt. Von ihm versprach sich Kessler Rettung. Deshalb kam Ihr Kollege auch her.«
»Er deutete so etwas an. Es war sehr eilig, deshalb nahm er auch den Hubschrauber. Ich kam mit dem Wagen von London aus nach. Haben die beiden sich noch gesehen?«
»Sie sind gemeinsam im Haus verschwunden«, erklärte Jane.
»Das hast du gesehen?«
»Ich nicht, aber Garret.«
»Stimmt das?«, fragte Suko.
Garret nickte. »Ja, das stimmt. Ich blieb als Rückendeckung draußen. Sie sind in das Haus gegangen, aber noch nicht wieder herausgekommen. Eigentlich müssten sie ja noch drin sein, aber das kann ich nicht so recht glauben.«
»Warum haben Sie nicht nachgeschaut?«
»Es kam nicht dazu. Ihre Bekannte, Freundin, Kollegin wie auch immer erschien auf der Bildfläche.«
»Reiner Zufall, Suko«, sagte Jane.
»Darüber können wir später noch reden.« Der Inspektor fixierte das Haus, dann wandte er sich wieder an Jane. »Du weißt auch nicht, wie es innen aussieht?«
»Nein, da habe ich nicht die Spur einer Ahnung. Aber ich werde es bald wissen.«
»Okay, unsere Rollen kenne ich jetzt, aber hier steht noch jemand auf der Bühne.«
»Das ist Al Frogg.« Jane wies mit der Hand auf ihn, und Al duckte sich, als er angesprochen wurde.
»Al lief mir in den Wagen. Ich merkte sofort, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Er sagte mir schnell den Grund…«
»Mich riefen die Toten!«, erklärte Al Frogg schrill. Er deutete hektisch auf seinen Kopf. »Hier… hier habe ich sie gehört. Sie wollten, dass ich mich umbringe. Mich in den Selbstmord treiben. Für mich sollte das Leben vorbei sein. Aber ich will nicht. Ich will nicht sterben. Ich habe ein verdammtes Leben geführt, ein beschissenes, aber das ist kein Grund dafür, dass ich sterben soll. Jeder hat ein Recht darauf, am Leben zu bleiben.«
»Beruhigen Sie sich«, sagte Suko. »Wir werden dafür Sorge tragen, dass Ihnen nichts passiert. Sie müssen wirklich keine Angst haben, Mr. Frogg.«
»Angst? Ich habe Angst, verflucht!
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