1145 - Das Haus der Selbstmörder
sich einfach darauf verlassen, dass die Treppe keine Lücke aufwies und sie keine unangenehme Überraschung erlebten.
»Die Treppe endet vor dem Fenster«, erklärte Suko. »Da kannst du dich auch normal auf einen Fußboden oder eine Plattform stellen. Das ist kein Problem.«
»Ich verlasse mich auf dich.«
Er lachte leise. »Das musst du sogar.«
Beide hatten jetzt die Hälfte der Treppe hinter sich gelassen. Ab und zu schaute Jane in die Tiefe, aber dort hatte sich nichts verändert. Es war alles normal geblieben. Sie sah sogar den viereckigen Schatten des Vordereingangs.
Die Luft hatte sich nicht verändert. Sie war so kalt und auch leicht ölig geblieben. Keine fremden Wesen lauerten in der Nähe, um auf einen Angriff zu warten, und trotzdem hatte Jane das Gefühl, dass sie nicht allein waren und aus Verstecken unter Kontrolle gehalten wurden.
Noch ein Treppenabsatz. Schräg vor ihnen zeichnete sich das Fenster ab.
Sie waren näher am Ziel als von außen her gesehen. Erst jetzt fiel ihnen auf, wie groß es war. So hoch und so breit hatte es von unten her nicht gewirkt.
»Mal eine Frage, Suko.«
»Bitte.«
»Spürst du schon was?«
Er drehte sich halb um. »Was sollte ich denn spüren?«
»Das Fenster da. Verdammt, es ist nicht mit dem normalen Licht gefüllt. Das ist wie eine Wand und…«
»Nein, Jane, ich spüre nichts. Hätte ich Johns Kreuz, wäre das vielleicht anders.«
»Du hast Recht. Gehen wir weiter.«
Es waren nur noch wenige Stufen bis zum Ziel. Jane gab zu, dass sie immer nervöser wurde. Ihr wäre es lieber gewesen, wenn sie von einem Gegner angegriffen worden wären. Dann hätten sie gewusst, woran sie waren. In diesem Fall passierte nichts. Um sie herum war alles leer, und trotzdem zweifelte Jane daran.
Suko hatte die letzte Stufe hinter sich gelassen. Er trat zur Seite, damit Jane ihm folgen konnte. Wie er blieb sie stehen, den Blick auf das hellgelbe Viereck gerichtet, das nicht von normalem Licht gefüllt wurde, denn der Durchblick nach draußen war und blieb ihnen verwehrt. Sie hätten dort die Dunkelheit erkennen müssen und auch die Personen, die vor dem Haus auf ihre Rückkehr warteten.
»John ist gesprungen«, flüsterte Jane Suko zu. »Was sollen wir machen?«
»Ist er das wirklich?«
»Was hätte er sonst tun sollen? Wir haben ihn nicht gesehen. Er muss durch das Tor in diese andere Dimension oder Welt gegangen sein. Eine andere Lösung kann ich mir nicht vorstellen.«
»Es kann auch sein, dass man ihn lockte«, meint Suko.
»Und wer sollt das getan haben?«
»Die Stimmen der Toten…«
»Sehr gut.« Sie lachte etwas kratzig. »So ganz kann ich das nicht nachvollziehen. Da hätten wir doch auch die Stimmen hören müssen. Oder hörst du sie?«
»Nein, noch nicht.«
Nach dieser Antwort wartete Suko nicht länger. Er schob sich näher an das Ziel heran, war dabei aber sehr vorsichtig und auch darauf gefasst, jeden Moment wieder zurückspringen zu können, sollte ihm von der anderen Seite Gefahr drohen.
Es ereignete sich nichts. Tiefe Stille umgab die beiden Menschen nach wie vor. Auch das Licht bewegte sich nicht. Es blieb in der Farbe gleich, es gab nicht einmal ein Zittern.
In Griffweite blieb Suko vor dem Rechteck stehen. Er holte seine Dämonenpeitsche hervor und schlug einmal den Kreis.
Es war so still, dass sie das Rutschen der Riemen hören konnten. Die Enden berührten den Boden nicht, sie schwangen leicht darüber hinweg.
»Willst du den Zugang zerstören? Das kann nicht dein Ernst sein, Suko.«
»Nur ein Versuch.«
»Und dann?«
»Wir müssen doch einen Kontakt finden.«
»Ja, aber nicht so. Geh hinein. Lass uns hineingehen. Bitte, dann wirst du die Lösung finden und…«
Mit einem Zischlaut verstummte Jane. Sie hob für einen Moment die Arme und sah aus, als wollte sie fliehen.
»Was hast du?«
Die Detektivin schüttelte sich, bevor sie etwas sagte: »Ich höre sie, Suko. Ich höre die Stimmen.«
Ihre Augen weiteten sich so weit, dass das Weiße zu sehen war. »Sie sind da.« Jane hob die Hand und bewegte sie im Kreis. »Sie sind überall, Suko. Sie… sie… sprechen mit mir. Hörst du sie nicht?«
»Nein.«
»Sie wollen uns. Sie wollen mich. Sie wollen, dass wir zu ihnen kommen. Wir müssen ins Licht, Suko. Erst dann werden wir sie sehen können. Die andere Welt wartet auf uns. Es ist der für uns einzig richtige Weg. Glaub mir bitte.«
Es gefiel Suko gar nicht, wie sich Jane Collins verändert hatte. Seiner Meinung nach zum Negativen
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