Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1145 - Der unsichtbare Bote

Titel: 1145 - Der unsichtbare Bote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
mit dem man auf Terra vor Jahrtausenden Menschen die Köpfe abtrennte. Hast du dich nicht mit der Geschichte des präkosmischen Zeitalters befaßt, Fragan?"
    „Nur flüchtig", antwortete Tyn und betrachtete schaudernd die Guillotine. „Aber wie kommt ein solches Gerät ins Armadasiegelschiff?"
    Nejai stöhnte.
    „Deinen IQ möchte ich nicht haben. Ist dir nicht klar, daß es im Siegelschiff keine Guillotine geben kann? Es gibt sie im Siegelschiff ebenso wenig wie die Aussicht auf eine blühende terranische Wiese mit terranischen Laubbäumen."
    „Was schließt du daraus?" erkundigte sich Tyn.
    „Nun, daß wir ...", fing Nejai an, dann unterbrach sie sich, preßte die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
    „Da siehst du, wie weit du mit deinem IQ gekommen bist", meinte Tyn schadenfroh. „Wie konntest du nur denken, wir wären auf Terra! Das Siegelschiff ist sicher ein kleines Wunder, aber auch hier kochen sie bestimmt nur mit Wasser. Sie können uns nicht über rund zehn Millionen Lichtjahre Entfernung auf einen Planeten transmittiert haben, dessen Koordinaten sie überhaupt nicht kennen. Ich nehme als sicher an, daß alles, was wir jetzt sehen, nur materielle Projektionen sind, deren Details unseren Erinnerungen entnommen wurden."
    Nejai sah ihn nachdenklich an.
    „Und was sind wir dann, du Intelligenzbestie? Auch nur Projektionen, oder was?"
    „Wir sind natürlich echt", behauptete Tyn. „Das alles ist vielleicht nur Teil eines Testes, dem alle unterzogen werden, die das Armadasiegelschiff betreten. Eigentlich könnte man uns wieder in die Realität zurückholen, denn wir haben ja den Test bestanden. Oder etwa nicht?"
    „Vielleicht erst dann, wenn wir aus eigener Kraft zurückfinden", meinte Nejai.
    „Schließlich sind wir noch im Siegelschiff. Also gibt es auch einen Weg zur ‚anderen Seite’ des Netzes aus Licht. Verflixt, wir sind doch nicht dümmer als Jercygehl An! Dennoch befindet er sich schon längst auf der anderen Seite."
    „Das hat der Bewahrer gesagt", erwiderte Tyn. „Aber vielleicht hat er gelogen. Dennoch sehe ich ein, daß wir versuchen sollten, von hier aus auf die mysteriöse andere Seite zu kommen."
    Er drehte sich im Kreis und entdeckte eine rechteckige, etwa drei Meter hohe und zwei Meter breite Tür aus dem gleichen rotbraunen Material wie die Möbel und mit einem Metallgriff auf der linken Seite.
    Entschlossen ging er auf die Tür zu. Er brauchte Nejai nicht zu ziehen, denn sie blieb an seiner Seite.
    „Stammt auch aus dem präkosmischen Zeitalter", bemerkte er verächtlich, während er den Griff mit der Hand herunterdrückte. „Aber das kenne ich aus einem historischen Film."
    Die Tür öffnete sich knarrend. Tyn stieß sie mit dem Fuß auf und fuhr erschrocken zurück. Nejai keuchte vor Entsetzen und klammerte sich an ihn.
    Beide Menschen starrten aus irr flackernden Augen auf einen hochaufgetürmten Berg blutverschmierter, nackter menschlicher Leiber, deren bleiches Fleisch ineinander zu fließen schien. Im Hintergrund dieser grausigen Szenerie zischten und fauchten grellweiße Flammen aus riesigen verrußten Metallbecken und dröhnte hämmernd Stahl auf Stahl.
    Ein Windstoß fegte heran und schmetterte die Tür zu, dann tanzten unzählige glühende Funken in der Luft. Die Umgebung verschwamm, und als sie wieder klare Konturen annahm, war es eine völlig andere Umgebung...
     
    *
     
    Fragan Tyn und Nejai Koone standen am Grund einer annähernd halbkugelförmigen, zirka fünfzig Meter tiefen Mulde, deren Wandung aus Metallplastik zu bestehen schien, in der sich zahllose stecknadelkopfgroße Löcher befanden. Etwa sechzig Meter über ihnen verbreitete eine helle Scheibe mildes gelbweißes Licht, und vom Rand der Mulde in fünfzig Metern Höhe ragte auf einer Seite eine Rampe rund zehn Meter über den Abgrund.
    Nejai klammerte sich noch immer an Tyn.
    Er löste sich behutsam von ihr und strich ihr übers Haar.
    „Der Spuk ist vorüber, Kind", sagte er beruhigend, wie er hoffte. „Du brauchst keine Angst mehr zu haben."
    Nejai schluckte und nickte.
    „Es war grauenhaft. Sicher war es nur eine Projektion, aber ich finde es abscheulich, uns so etwas vorzuführen."
    „Geschmacklos", bestätigte Tyn. „Wer sich so etwas ausdenkt, muß ein Sadist sein."
    Die dumpfe Stimme, die sie schon zweimal gehört hatten, ertönte ein drittes Mal, aber diesmal sprach sie Interkosmo.
    „Der Bewahrer der Flamme bedauert, daß eure Gefühle durch eine Störung der Prüfautomatik

Weitere Kostenlose Bücher