1153 - Hölle auf Erden
die akustische Übermittlung.
„Der Graue Korridor, in den Vishna Terra und Luna stürzte, ist eine Art perforierter Mikrokosmos. Aus den spärlichen Angaben eines Wesens namens Chthon und aus den bisherigen Erkenntnissen unserer Wissenschaftler stehen Terra und Luna insgesamt sieben Plagen bevor, die durch die Perforationen aus fremden Universen kommen.
Die erste der Plagen war das Babel-Syndrom, eine allgemeine Sprachverwirrung, von der auch alle positronischen Systeme betroffen waren.
Die zweite Plage wurde am 3. Januar 427 NGZ von Chthon auf dem Raumhafen von Terrania unter dramatischen Begleitumständen angekündigt. Der Außerirdische nannte sie die Parasitär-Enklaven. Kurz nach der Ankündigung war eine silbrige Lichterscheinung aufgetreten. Chthon sagte dazu: ,Das war das Zeichen.’ Bisher gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse, was unter ,Parasitär-Enklaven’ zu verstehen ist. Da aber auf jede Plage eine stärkere und gefährlichere folgen soll, muß mit dem Schlimmsten gerechnet werden.
Der Rat der LFT und des HQ-Hanse haben vorbeugend wissenschaftliche und militärische Einsatzstäbe gebildet, sowie menschliches Personal und Roboter aller Art zusammengezogen, um auf jede Bedrohung schnell und optimal reagieren zu können.
Alle Menschen und Außerirdischen auf Terra und Luna sind dazu aufgefordert, sich selbst und ihre Umwelt aufmerksam zu beobachten. Wer irgend etwas Verdächtiges beobachtet, soll es unverzüglich an eine der beiden Informations-Sammelstellen in den Hauptquartieren von LFT und Hanse melden oder an eine beliebige Ordnungsdienst-Station."
Nachdenklich schaltete Booker wieder zu der Ausrüstungsfirma durch, bei der er seine Bestellung aufgegeben hatte und tippte: GEHT IN ORDNUNG - WANN WIRD DER CONTAINER MIT DER ÜBRIGEN AUSRÜSTUNG BEI MIR SEIN?
IN ZWEI STUNDEN GUT - DANKE Booker schaltete den Terminal aus und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück.
Die Lichterscheinung war also kein Begleiteffekt eines Versuchs gewesen, den Grauen Korridor zu neutralisieren, sondern wahrscheinlich die Begleiterscheinung des Durchtritts einer weiteren Plage durch eine Perforation.
Anscheinend verhielten sich selbst so geniale Wissenschaftler wie Geoffry Waringer dem Grauen Korridor gegenüber passiv, und Hanse-Sprecher Reginald Bull schien sich damit abzufinden, daß man alle sieben Plagen eben über sich ergehen lassen mußte und hinterher den Scherbenhaufen zusammenfegte, der von der menschlichen Zivilisation übriggeblieben war.
Booker überlegte, ob er eine Bürger-Initiative gründen sollte, um den Verantwortlichen in Terrania einzuheizen. Er verwarf diesen Gedanken sogleich wieder.
Wie hätte jemand wie er, der sterbenskrank war und sich zeitweise nicht einmal bewegen konnte, die Energie aufbringen sollen, die Verantwortlichen wachzurütteln!
Außerdem, so schlimm würde es schon nicht werden, zumindest nicht in dieser abgeschiedenen Gegend, in der man notfalls auch ohne Transmitter, Pneumotrains und Transportbänder, ohne Strom- und Wasserversorgung, ohne Entsorgungssysteme und ohne den Rohrpost-Versand von Lebensmitteln und Gebrauchsgütern auskommen konnte.
Booker Tern wollte sich erheben und merkte dabei, daß er kein Gefühl mehr in den Beinen hatte. Resignierend ließ er sich in seinen Sessel zurücksinken.
So fanden ihn die beiden Angestellten der Ausrüstungsfirma, die mit einem Containerträger neben dem Bungalow landeten.
Sie wollten den Medodienst verständigen, doch Booker untersagte es ihnen.
„Es wäre zwecklos, sonst hätte ich es selbst getan", argumentierte er. „Bringt mir den Schwebesessel, den ich angefordert habe und setzt mich hinein! Alles andere erledige ich dann selbst."
Der Schwebesessel war ein ausgefeiltes technisches Meisterwerk. Er paßte sich den Körperformen des Benutzers automatisch an und wurde von einem Computer kontrolliert.
Selbstverständlich ließ er sich auch manuell steuern, und Booker beschloß, davon Gebrauch zu machen, solange sein Körper mitspielte. Er äußerte seinen Wunsch, dann legte er den rechten Arm auf die gepolsterte Unterlage und schloß die Hand um eine Art Steuerknüppel, der knapp in der Faust verschwand.
Die beiden Angestellten sahen ihm verblüfft nach, wie er den Sessel durch den Arbeitsraum, den Korridor und durch die Vorhalle steuerte und von der Terrasse abhob.
Booker zog den Sessel nur fünfzig Meter hoch, dann ließ er ihn an der fast siebenhundert Meter hohen Kraterwand hinabschweben und steuerte
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