1153 - Hölle auf Erden
hatte.
Nach zweieinhalbmonatiger Behandlung auf dem Medoplaneten Tahun war er als geheilt entlassen worden. Immerhin hatten die Mediker es für notwendig befunden, ihm einen dreimonatigen Genesungsurlaub zu verordnen. Er war zur Erde zurückgekehrt und hatte versucht, sein Leben da wiederaufzunehmen, wo er es früher geführt hatte - von den Unterbrechungen abgesehen, die seine Einsätze schon immer erforderten. Booker nahm ein trockenes Handtuch und wischte mit dem Schaum auch die Bartstoppeln ab.
Es würde nie wieder wie früher werden. Zwar lebte er wie einst mit Assaile Zimbalu in ihrem gemeinsamen Bungalow zusammen, und sie gab sich unbefangen und liebevoll, aber über kurz oder lang mußte ihre Beziehung zusammenbrechen. Die Trypanosomen hatten ihn seiner Männlichkeit beraubt.
Assaile hatte ein verlockendes Angebot vom Biologischen Institut der Kosmischen Hanse erhalten, eine Studie über Einzeller-Populationen auf Siga anzufertigen. Wenn sie klug war, nahm sie es an. Dann sahen sie sich mindestens achtzehn Monate lang nicht.
Zeit genug für sie beide, zu vergessen und Zeit genug für ihn, sich auf ein grundlegend verändertes Leben einzustellen.
Er zog sein leichtes Blouson an, stieg in die festen Lederstiefel und setzte den Tropenhelm auf, dann verließ er den Bungalow und blickte von der Terrasse aus über die Ebene des riesigen Ngorongoro-Kraters. Wie fast immer, hing dicht über dem jenseitigen Rand eine Kette kleiner weißer Wolken.
Booker runzelte die Stirn. Etwas war anders als sonst.
Er hob den Kopf und blinzelte in den Himmel. Da fiel ihm wieder ein, was sich verändert hatte. Am Himmel leuchtete nicht mehr Sol, das natürliche Muttergestirn der Erde, sondern eine Kunstsonne, deren Stellung sich nie veränderte und die bei Beginn der Tagperiode ein- und der Nachtperiode ausgeschaltet wurde.
Neun Tage und Nächte war das nun schon so gegangen, seit Terra und Luna in den von Vishna geschaffenen Grauen Korridor gestürzt waren. Seitdem hatte es auch keinen reinblauen Himmel mehr gegeben. Der Himmel besaß vielmehr eine graublaue Grundtönung und war von breiten Streifen in den Farben des Spektrums durchzogen.
Bookers Gesicht verfinsterte sich, doch dann zuckte er die Schultern.
Sollten sich kompetentere Leute als er den Kopf darüber zerbrechen, wie sich der Normalzustand wieder herstellen ließ! Der Graue Korridor war eine Sache für Hyperphysiker, nicht für Seuchenspezialisten.
Das silbrige Leuchten am gestrigen Abend war wahrscheinlich die Begleiterscheinung eines ersten Versuchs gewesen, den Korridor zu neutralisieren. Sicher hatte TERRA INFO etwas darüber durchgegeben. Er hatte seinen Terminal absichtlich nicht eingeschaltet, weil ihn solche Einzelheiten nicht interessierten. Schließlich war er mit seinen eigenen Problemen vollauf beschäftigt.
Verächtlich blickte Booker auf die menschenleere Terrasse des rund zweihundert Meter entfernten Krater-Hotels, das auf eine vorspringende Klippe gebaut war. Am gestrigen Morgen hatten dort noch etwa fünfzig Frauen und Männer beim Frühstück gesessen, als er zu seinem Tagesausflug aufgebrochen war. Heute war nicht ein einziger Tisch gedeckt.
Anscheinend hatten die Feriengäste (Jas Haus inzwischen fluchtartig ver-, lassen, vielleicht von der Hysterie einiger weniger Mitbewohner angesteckt.
Er mied die breite Waldschneise mit den automatischen Schwebegondeln, von denen man sich vom oberen Kraterrand bis zur Kraterebene bringen lassen konnte und drang auf einem schmalen Fußpfad in den lichten Wald ein. Noch bereitete ihm das Gehen Schmerzen, aber er zwang sich dazu, sie weitgehend zu ignorieren.
Wenn Assaile das Angebot annahm, wollte er hier bleiben und in der nahen Forschungsstation arbeiten. Es mußte keine hochqualifizierte Arbeit sein, nur eine, die ihm das Gefühl vermittelte, etwas Nützliches zu tun. In seiner Freizeit konnte er dann die Umgebung durchstreifen, die er so liebte.
An der - nächsten Weggabelung blieb er stehen. Sein Rücken war steif, und er hatte kaum noch Gefühl in den Beinen. Unter dem Rand seines Tropenhelms lief ihm der Schweiß hervor und übers Gesicht.
Geheilt!
Er wollte den Helm abnehmen und erschrak, als er die rechte Hand nicht hoch genug bekam. Er versuchte es mit der linken Hand und bekam sie ein Stück höher, aber nur bis dicht unters Ohr.
Ächzend ließ er die Hände sinken.
Das war eine eindeutige Verschlimmerung. Bis gestern hatte er nur geringe Schwierigkeiten mit den Armen gehabt. War der
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