1154 - Dämonen-Trauer
hatte, das er sich nicht erklären konnte. Er hatte eine Stimme gehört, ohne jemand zu sehen, und diese verdammte Stimme konnte seiner Ansicht nach nur aus der Schwärze gekommen sein, denn ein anderes Lebewesen gab es nicht, obwohl er die lichtlose Masse auch nicht als Lebewesen ansah. Es war etwas anderes gewesen, etwas Gefährliches, das von einer Welt in die andere hineingekommen war.
Ben Adams wusste nicht, ob er diesen Versprechungen trauen konnte. Er war da schon misstrauisch, und dieses Misstrauen baute sich erst ab, als er sah, wie sich die schwarze Masse mit den beiden roten Augen darin zurückzog.
Sie hatte es nicht eilig. Sie schien ihm demonstrieren zu wollen, wie sehr er dabei auf ihre Versprechungen bauen konnte. Während die Masse von ihm wegglitt, erschienen wieder die Umrisse der Gräber und Grabsteine, die sie nicht verschluckt hatte.
Ben Adams konnte nur staunen. Er wischte über seine Augen. Dass die Bewegung für Schmerzen in seinem Arm sorgte, das merkte er nicht. Der Rückzug dieser unheimlichen Masse hatte ihn einfach zu stark fasziniert. Und er hörte sich wieder selbst sprechen. Die Worte verließen dabei flüsternd seinen Mund.
»Das ist nicht wahr! Das… das… kann es doch nicht geben!«
Er hatte sich höher gedrückt und dann hingekniet, ohne es selbst richtig mitbekommen zu haben.
Auf seinem Gesicht änderte sich der Ausdruck. Die Spannung verschwand, er wirkte erleichtert.
Wäre Ben in der Lage gewesen, sich völlig normal zu bewegen, dann wäre er jetzt in die Höhe gesprungen und hätte gejubelt.
Es war nicht möglich. So freute Ben Adams sich innerlich und schaute weiterhin zu, wie sich die tiefe Schwärze zurückzog. Die beiden roten Augen sah er schon längst nicht mehr. Sie waren abgetaucht, wie auch der größte Teil dieser nebeligen Masse, und nur noch Reste schwammen über den Boden hinweg.
Es war etwas eingetreten, das er nicht mehr für möglich gehalten hatte. Die normale Welt hatte ihn wieder. Wobei er den Friedhof nicht unbedingt als normal ansah.
Wohin war die Masse gegangen oder verschwunden? Hatte sie sich aufgelöst? War sie in den Boden eingetaucht, um die dort liegenden Leichen zu umschweben?
Für Ben zählte einzig und allein, dass er es geschafft hatte, dieses Grauen zu überleben.
Erst jetzt, als er sich wieder mit sich und seinem eigenen Schicksal beschäftigte, stellte er fest, dass er nicht weit von einem Grabstein entfernt kniete. Das kam ihm gelegen, denn er war die ideale Stütze beim Aufrichten.
Nur mühsam brachte er es fertig, auf die Füße zu gelangen, und dabei erwischte ihn ein Schwindelanfall, der ihn fast von den Beinen gerissen hätte.
Im Nachfassen hielt er sich fest und drückte seinen Oberkörper zurück, damit er das Gleichgewicht halten konnte. In seinem Kopf fanden kleine Explosionen statt. Die Umgebung drehte sich vor seinen Augen. Schweiß brach ihm aus.
Er blieb normal stehen und atmete tief durch, auch wenn ihn jeder Atemzug schmerzte.
Die begrenzte Welt des Friedhofs drehte sich auch weiterhin vor seinen Augen. Nur diesmal nicht so schnell. Er bekam sich und seinen Zustand wieder in den Griff.
Er hatte überlebt!
Er konnte sein Glück kaum fassen.
»Wahnsinn!«, flüsterte er. »Das ist der reine Wahnsinn! Ich lebe noch, und ich kann mich bewegen!«
Es war eine verflucht weite Strecke bis zu seiner Wohnung. Zuvor musste er noch sein Fahrrad erreichen, und das Fahren selbst würde zu einer Tortur werden.
Nicht aufgeben. Jeden Schritt vorsichtig setzen, damit die Schmerzen nicht zu stark waren.
Dann war es geschafft. Er konnte sich an den Stein lehnen, hinter dem er gehockt hatte.
Da sah er den Recorder. Er lag so dicht vor seinen Füßen, dass er beinahe darauf getreten wäre. Das Schicksal hatte es anders gemeint. Ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen, bevor er sich sehr behutsam bückte und dabei schon den Arm ausstreckte. Der Recorder war ein wichtiges Beweisstück. Er konnte das Gerät nicht einfach auf dem Friedhof liegen lassen.
Auch das Mikro nahm er mit.
Irgendwann hatte er sein Haus erreicht. Es lag dunkel wie eine kleine Burg vor ihm. Der zuckende Strahl des Scheinwerfers huschte durch den Vorgarten und wanderte nicht mehr weiter, denn hier war für den einsamen Mann Schluß.
Er stieg nicht normal vom Rad. Er kippte einfach um, aber er fiel weich, und das Rad landete auf der anderen Seite am Boden, wo es liegen blieb.
Ben Adams musste sich ausruhen. Minuten ließ er sich Zeit, bevor er
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