1155 - Luzifers große Stunde
Ich will dir was zeigen.«
Jack Callum zuckte mit den Schultern und machte sich auf den Weg. Adams drehte den Mann so herum, dass er direkt auf die Scheibe schaute. »Sieh hindurch«, flüsterte er ihm zu. »Schau genau in den Garten hinein. Direkt hinter die Terrasse. Was du da siehst, ist keine Täuschung.«
In dieser Situation hätte der Konstabler alles getan, was man von ihm verlangt hätte. Er schirmte die Augen ab, um alles besser sehen zu können.
Ben Adams musste ihm schon etwas Zeit geben, um dann die Frage zu stellen: »Siehst du was, Jack?«
»Kann sein.«
»Komm sag schon.«
»Da sitzt oder kniet jemand.«
Ben Adams lachte blechern auf. »Richtig, alter Kämpe. Da sitzt oder kniet jemand. Und das ist genau die Gestalt, deretwegen ich dich herbestellt habe.«
Der Konstabler sprach in den folgenden Sekunden kein Wort. Schließlich holte er tief Luft und drehte sich um. »Und… und… sie hat den Garten hier bei dir nicht verlassen, Ben?«
»Ich schwöre es.«
Callum stieß die Luft hörbar aus.
Adams ließ ihm keine Ruhe. »Weißt du denn, was das für uns oder für Uplees bedeutet, Jack?«
»Inzwischen schon«, gab der Konstabler mit rauer Stimme zu. »Wir müssen damit rechnen, dass noch mehr dieser Wesen hier in Uplees eingefallen sind…«
***
Das Wasser war nicht nur kalt. Es kam Suko vor wie flüssiges Eis, das einen Ring um seine Beine gelegt hatte, der sich auf und ab bewegte, als er durch die flache Uferregion ging. Er wusste nicht, wie tief der Flussarm wurde, bis er die Insel erreicht hatte. Er konnte nur hoffen, dass er letztendlich nicht bis zum Hals im Wasser stand.
Er hatte Raniels Schicksal noch deutlich vor Augen und fragte sich nun, was ihn erwartete. Zumindest die Schwärze und darin die kalten, unbarmherzigen Augen, deren Blick Menschen in die Verzweiflung und in den Suizid treiben konnten.
Luzifer, der Drache, die Schlange, das Urböse, gegen das sich auch Luzifer gestemmt und verloren hatte. Ob er tot war? Suko konnte es nicht sagen. Er hatte ihn auch nicht mehr gesehen, seit er in das kalte Wasser gefallen war. Oder nicht? War er vielleicht verbrannt? Die Feuerzungen aus der Schwärze hatte Suko nicht vergessen, und wahrscheinlich war es das eiskalte Höllenfeuer.
Das Wasser blieb eiskalt, war aber nicht mehr so flach. Schon nach wenigen Schritten reichte es Suko bis zu den Hüften. Der Boden war weich, und bei jedem Schritt schienen seine Füße im Schlamm zu versinken. Die Kälte nahm zu, und die anlaufenden kleinen Wellen schossen schon hoch bis zu seiner Brust.
Er hörte nur sich und das Wasser. Ansonsten war die Welt um ihn herum wie ausgestorben. Der Fluss transportierte sein Wasser heran, das plötzlich bis an die Brust des Inspektors heranschwappte.
Er hatte es bei seinem Start nicht glauben wollen, aber er dachte auch nicht daran, jetzt abzubrechen.
Dabei hatte er den Eindruck, der Insel kaum näher gekommen zu sein, aber das Glück im Unglück erwischte ihn ebenfalls. Er hatte die tiefste Stelle erreicht und wurde von der Brühe nicht überschwemmt.
Keinen Umriss sah er von der Insel. Sie war völlig unter dieser schwarzen Kugel verschwunden.
Bewegungen darin mochte es geben, nur waren die nicht außerhalb zu sehen.
Von seinem Freund John keine Spur. Suko dachte weniger an sich, als an ihn. Wie mochte es ihm in der Schwärze ergangen sein? Bei der direkten Konfrontation mit dem Bösen. Er musste Luzifer Augen in Auge gegenüberstehen. Eine Konfrontation, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnte, und sicherlich der Horror überhaupt war.
Schaffte ein Mensch es, den Kampf gegen Luzifer aufzunehmen? Im Prinzip nicht. Er musste immer verlieren, aber John besaß den Schutz und die Waffe zugleich - sein Kreuz!
Das Zeichen des Sieges, ebenso wie das Schwert des Erzengel Michael, mit dem er zu Beginn der Zeiten den Drachen in die Tiefe der Verdammnis gestoßen hatte.
Ein Schwert trug Suko auch bei sich. Die Waffe des Salomo zerrte an ihm und sorgte für ein Ungleichgewicht auf der linken Seite. Suko setzte darauf seine Hoffnung, denn er hatte sich vorgenommen, die Schwärze mit dem Schwert anzugreifen und auch das kalte Gesicht, sollte es noch einmal erscheinen.
Mit einer starken Strömung brauchte er nicht zu rechnen. Er wurde nicht abgetrieben und konnte auf ziemlich direktem Weg der Insel entgegengehen.
Über ihm hatte auch der Himmel ein sehr dunkles Gesicht bekommen. Es waren weder Mond noch Sterne zu sehen. Wolken bildeten einen Teppich, aber
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