116 - Dämonenfalle Amazonas
sieht oder wittert mich. Nein, etwas anderes jagte das Wild in die Flucht: plötzlich aufflammendes Feuer! Ich sah einen Bogen, ein brennendes Tor! Und es spie diese schrecklichen Gestalten aus. In meiner Angst ließ ich den Speer fallen und ergriff die Flucht, aber diese grauenerregenden Wesen hatten mich bemerkt. Vielleicht wollten sie verhindern, daß ich jemandem von ihrer Ankunft erzähle. Sie verfolgten mich, und ich lief um mein Leben. Als ich die Station sah, dachte ich, ich wäre gerettet. Aber dann stürzte ich und hatte nicht mehr die Kraft, aufzustehen…«
»Wo befindet sich dieses… Höllentor, Puso?« fragte Goddard. »Weit von hier?«
»Nicht sehr weit. Das macht mir Sorgen.«
»Kannst du mir den Weg dorthin beschreiben?« fragte Rian Goddard.
Der Indio sah ihn mit großen Augen an. »Ich würde nicht allein hingehen, wenn ich Sie wäre.«
»Ich glaube kaum, daß du bereit bist, mich zu begleiten«, gab Goddard lächelnd zurück. »Wenn unserer Station Gefahr droht, möchte ich das wissen, denn eine Gefahr ist nur noch halb so groß, wenn man sie kennt.«
»Ich werde Ihnen den Weg zeigen«, sagte der Eingeborene. »Ich kann meine Angst überwinden.«
»Aber bist du nicht noch zu schwach?«
»Ich hatte Zeit, mich zu erholen«, gab Puso zurück.
»Wenn Dr. Sheene davon erfährt…«
»Ich werde ihm nichts sagen. In zwei Stunden liege ich wieder in diesem Bett - und Sie haben das Höllentor gesehen.«
»Vorausgesetzt, es ist noch vorhanden«, sagte Goddard. »Es kann inzwischen erloschen sein.«
»Das werden wir sehen«, sagte Puso und stand auf.
»Es waren wirklich grüne Wesen, die du gesehen hast?«
»Sie sahen furchterregend aus, konnten sich verändern, wurden zu mumifizierten Gestalten, und schlohweißes Haar bedeckte ihren Kopf. Auch ihr Bart war weiß, und sie hatten keine Nasen, nur Löcher… Es sah aus wie bei einem Totenkopf. Und ihre Augen waren weiß… Aber am meisten hat mich erschreckt, daß sie Flammen aus ihrem Kopf lodern lassen konnten. Das sind Teufel. Die haben bestimmt Schreckliches im Sinn.«
»Siehst du, deshalb ist es gut, wenn wir rechtzeitig wissen, woran wir sind, damit wir uns auf diese Feinde einstellen können. Sobald wir mehr wissen, werde ich Dr. Sheene davon erzählen«, sagte Rian Goddard, begab sich zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Niemand war zu sehen. Auf seinen Wink huschte Puso aus dem Zimmer, und wenig später traten sie unbemerkt aus dem Gebäude.
Unter einem Baum, dessen kugelförmige Krone einen tiefschwarzen Schatten warf, mußte Puso kurz warten. Goddard holte seinen Revolver.
Als er den Baum erreichte, war Puso nicht mehr da!
Goddards Magen krampfte sich zusammen. Er fühlte sich für den Indio verantwortlich. Ich habe ihn aus der Krankenstation geholt, dachte er. Wenn ihm etwas zustößt… Gordon würde mir Vorwürfe machen, und das mit Recht.
»Puso!« rief er gedämpft in die Dunkelheit.
»Ich bin hier, Señor.«
Goddard atmete auf. Der Indio hatte sich ins Gras gelegt, war nicht zu sehen. Goddard begab sich zu ihm. »Nenn mich Rian.«
»Gut… Rian«, sagte der Eingeborene und erhob sich. »Haben Sie Dr. Sheene gesagt, was Sie Vorhaben?«
»Nein, denn er hätte uns nicht gehen lassen.«
»Er ist ein guter Arzt, nicht wahr?«
»Ich kenne keinen besseren. Er hat noch Ideale«, sagte Goddard. »Deshalb liegt mir sehr viel daran, daß ihm diese Station erhalten bleibt. Außerdem ist sie mein Zuhause.«
Puso wies auf den Revolver, den Goddard in seinem Gürtel stecken hatte. »Den können Sie hierlassen, Rian. Ich sagte Ihnen doch…«
»Ich weiß, aber ich fühle mich mit der Waffe trotzdem sicherer.«
Sie entfernten sich von der Station. Puso fand den Weg, als wäre es taghell. Er war ein Kind der Natur, geboren in diesem Urwald, der für ihn nichts Feindseliges hatte. Er war ein Teil von ihm. Rian Goddard hingegen gehörte nicht hierher, und das ließ ihn diese Gegend manchmal ziemlich unsanft spüren.
Bald war die Krankenstation nicht mehr zu sehen. Zweifel meldeten sich bei Goddard. War das, was er tat, wirklich richtig? Er hatte noch nie etwas hinter dem Rücken seines Freundes unternommen. Würde Gordon Sheene das als Vertrauensbruch ansehen?
Sie erschreckten eine Papageienkolonie. Die Vögel setzten zu einem vielstimmigen Geschrei an, und damit erschreckten sie wiederum Rian Goddard.
Sein Reflex ließ ihn sofort zum Revolver greifen, doch dann ließ er die Waffe im Gürtel stecken, und die Papageien beruhigten
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