Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1160 - Aitheran ruft

Titel: 1160 - Aitheran ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
halben Raumwinkel umfaßte. Ansonsten war er völlig humanoid. Aber das große, rote Auge verlieh ihm ein geheimnisvolles Fluidum, dessen Wirkung sich so rasch niemand entziehen konnte.
    Es war das erste Mal, daß ich ihm allein gegenüberstand und die Möglichkeit hatte, mich mit ihm zu unterhalten. Diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen.
    „Derselbe Gedanke wäre dir auch gekommen", behauptete ich. „Wir glauben, daß wir uns dem Sitz der fremden Superintelligenz nähern. Wir folgen einem Kurs, den Nachor von dem Loolandre uns angegeben hat. Wem wäre nicht aufgefallen, daß da ein Zusammenhang bestehen könnte?"
    „Zugegeben", antwortete er. „Es besteht eine eigenartige Verquickung von Umständen.
    Aber glaubst du auch jetzt noch, daß ich die Galaktische Flotte Seth-Apophis in die Arme treiben will?"
    Seine Frage brachte mich in Verlegenheit. War er wirklich so naiv zu glauben, daß es nur ein paar freundlicher Worte bedürfe, einen nicht gänzlich grundlosen Verdacht zu zerstreuen? Ich beschloß, offen mit ihm zu sein.
    „Nachor", sagte ich, „deine Logik funktioniert nach denselben Prinzipien wie meine.
    Welches Argument hast du mir bisher geliefert, das mich überzeugt, daß du mit Seth-Apophis nichts zu tun hast?"
    Er dachte eine Zeitlang nach.
    „Keines", antwortete er mit entwaffnender Rückhaltlosigkeit. „Du hast recht. Ich argumentiere unlogisch. Ich weiß, daß meine Absichten ehrlich sind, und erwarte von anderen, es ebenfalls zu wissen."
    Plötzlich tat er mir leid. Er war hochgewachsen und von athletischer Statur. In seiner finsteren Rüstung wirkte er wie ein grimmiger Krieger, dem weder Feind noch Laune des Schicksals etwas anzuhaben vermochte. Aber hier stand er vor mir wie ein kleiner Junge, der darum bettelte, daß man ihm glaubte.
    Abseits der Informationszellen stand ein großer, runder Tisch. Auf ihm verstreut lagen einseitig gebundene, mit harten Deckeln versehene Folienstapel, die die Terraner Bücher nannten. Viele Besatzungsmitglieder zogen es vor, sich das gewünschte Wissen durch Nachlesen zu erwerben, anstatt es sich von einem Computer vorspielen zu lassen oder sich gar einer Hypnoschulung zu unterziehen. Um den Tisch herum standen bequeme Sessel. Tagsüber waren sie gewöhnlich von lesenden Terranern belegt. Jetzt standen sie leer.
    „Es spricht sich besser im Sitzen", sagte ich und ließ mich in einem der Gelenkmöbel nieder. Nachor nahm nach kurzem Zögern mir gegenüber Platz. „Sag mir, Armadaprinz: Was ist das Loolandre?"
    Er machte eine vage Geste mit der linken Hand. Jedes Armadavolk hatte seine eigene Gestik. Nachors Handbewegung schien mir Ungewißheit und Resignation auszudrücken.
    „Du hast alles gehört, was ich darüber zu sagen habe", antwortete er düster.
    „Mehr weißt du nicht? Du behauptest, das Loolandre sei deine Heimat, und kannst weiter nichts darüber sagen, als daß es ‚wahrscheinlich eine Armadaeinheit’ sei?"
    „So ist es", bekannte er.
    Er wußte, daß seine Geschichte zu unwirklich klang, als daß jemand sie ihm hätte abnehmen wollen. Was er nicht ahnte, war, daß seine Hilflosigkeit in mir eine Saite berührte und sie zum Schwingen brachte. Befand ich mich nicht in derselben Lage wie er?
    Was wußte ich über meine Herkunft? Daß sie mich in einem kosmischen Schlackehaufen am Rande der Galaxis Vayquost, in einem Raumsektor des Namens Varnhagher-Ghynnst gefunden und an Bord der SOL genommen hatten. Daß ich ursprünglich ein zwar humanoides, ansonsten aber fremdartiges Wesen mit unheimlichen Kräften gewesen war.
    Die Details kannte ich aus Aufzeichnungen, die damals angefertigt worden waren. Mein aktives Gedächtnis umfaßte einen Zeitraum von nicht mehr als zehn Standardmonaten.
    Ich sah den Armadaprinzen an.
    „Seine eigene Vergangenheit nicht zu kennen, ist nicht so seltsam, wie du glaubst", sagte ich.
    Ein eigenartiges Leuchten erschien in seinem Auge. Es wurde heller.
    „Nicht?" fragte er. „Du kennst mehr solche Fälle?"
    „Nur einen", antwortete ich. „Mich selbst."
    Lange Zeit saßen wir schweigend. Ich war ihm dankbar, daß er keine Fragen stellte, und vergalt ihm die Zuvorkommenheit, indem ich meine Wißbegierde ebenfalls zügelte. Er würde von selbst zu sprechen anfangen, dessen war ich sicher.
    Ich behielt recht. Nach ein paar Minuten begann er.
    „Ich erinnere mich nicht an meine Jugend, nicht an mein Volk. Ich weiß nicht einmal, ob es ein Volk gibt, das ich das meine nennen könnte. Vielleicht bin ich

Weitere Kostenlose Bücher