1160 - Aitheran ruft
ihm an.
Aber es ging ihm anscheinend auf, daß er mich nicht würde umstimmen können. Er zog eine zweite Konsole zu sich heran und drückte ein paar Tasten.
„Du hast zwei Stunden unbeschränkten Zugriff zu allen Daten" sagte er. „Von jedem privilegierten Anschluß aus. Nenn deinen Namen und dein Geburtsdatum."
Jetzt war die Reihe, erstaunt zu sein, an mir.
„Ich habe kein Geburtsdatum", sagte ich.
„Eben", grinste er. „Schlaue Idee, nicht wahr? War käme schon auf den Gedanken, sich gegenüber einem Computer mit der Behauptung zu identifizieren, er kenne seinen Geburtstag nicht?"
*
Gewiß, auf den ersten Blick erschien es wie eine fixe Idee. Aber je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, daß es keine andere Erklärung gab. So dachte ich damals, als ich voller Eifer unterwegs zu einem abgelegenen Datenlabor war, wo ich mir die Bestätigung meines Verdachts holen wollte. Später, als ich den wahren Zusammenhang erkannte, war es für uns alle längst zu spät.
Der Gedanke war nahezu unerträglich. Aber er forderte Beachtung. Wie hatten die Angreifer aus Seth-Apophis' Hilfsvolk unter zwanzigtausend Schiffen der Galaktischen Flotte ausgerechnet die fünfhundert unterbewaffneten kranischen Einheiten herausfinden können? Woher hatten sie gewußt, an welcher Stelle sie angreifen mußten - und daß sie es gewußt hatten, daran bestand kein Zweifel. Laaju sprach von einer Vorwarnzeit von weniger als dreißig Sekunden. Die Fremden waren in unmittelbarer Nähe der Kranen aus dem Hyperraum hervorgebrochen.
Verrat. Es gab einen Verräter in der Galaktischen Flotte. Die Sterne mochten wissen, wie es in seinem Bewußtsein aussah und womit er es vor sich verantwortete, Wesen seiner eigenen Art an einen grausamen, unberechenbaren Feind zu verraten. Vielleicht war er einer, der mit den politischsozialen Verhältnissen innerhalb der Flotte oder daheim auf Terra haderte - ein Dissident, der Seth-Apophis' Gewaltherrschaft den gegenwärtigen Zuständen vorzog. Vielleicht war er ein Schwärmer, der glaubte, im Sinn eines größeren kosmischen Ganzen zu wirken, indem er der Superintelligenz Vorschub leistete. Vielleicht aber war es auch nur ein Verrückter, der die Folgen seines Handelns nicht übersah.
Das alles spielte für mich keine Rolle. Wichtig war, daß es einen Verräter gab. Er mußte isoliert werden, bevor er weiteren Schaden anrichten konnte. Es gab nur eine Methode, wie er sich mit Seth-Apophis in Verbindung gesetzt haben konnte: Hyperfunk. Und es war vernünftig anzunehmen, daß er sich an Bord der BASIS befand; denn hier allein war die Datenfülle konzentriert, deren Preisgabe Seth-Apophis einen entscheidenden Vorteil gegenüber der Galaktischen Flotte zu verleihen vermochte.
Das Datenlabor lag leer und verlassen, wie ich es erwartet hatte. Der große Raum wirkte kahl und unpersönlich im Vergleich mit der behaglich eingerichteten Informationsstelle, in der ich vergangene Nacht einem anderen Verdacht nachgegangen war. Wände und Decke waren mit einer weißen Schutzschicht versehen, gegen die sich die grellroten Konsolen der privilegierten Datenanschlüsse kontrastreich abhoben.
Der Computer erkannte mich als berechtigt an. Daß er es mit einem Kunden zu tun hatte, der sein eigenes Geburtsdatum nicht kannte, focht ihn nicht an. Er sprach nicht in leichtem Unterhaltungston, sondern sachlich, nüchtern, unpersönlich. Ich nannte ihm mein Anliegen. Mich interessierten Hyperfunksprüche, die während der zwanzigstündigen Pause zwischen den beiden Hyperflugphasen und während der bisher sieben Stunden seit Beendigung der zweiten Phase von der BASIS ausgestrahlt worden waren.
„Es gibt achtzehntausend solcher Sendungen" belehrte mich der Computer. „Willst du sie alle aufgelistet haben?"
„Nein, Einschränkung durch Suchbegriffe", antwortete ich.
„Welche Suchbegriffe?"
„Kranen oder kranisch oder fünfhundert oder unterlegene Bewaffnung oder Koordinaten zur Position des kranischen Verbands."
„Verstanden. Suche beginnt."
Eine Videofläche materialisierte auf der Wand. Sie füllte sich rasch mit Text. Der Computer spielte mir jeweils die ersten dreißig Worte jeder Meldung vor, die den von mir genannten Suchbegriffen entsprach. Auf jede belanglose Meldung reagierte ich mit einem Tastendruck, woraufhin sie von der Sichtfläche verschwand.
Die ersten zwanzig Funksprüche waren von der BASIS unmittelbar an die SKÖNDERHAR oder ein anderes der kranischen Schiffe gegangen. Es
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