1161 - Der Keim des Bösen
seinem Tod bleiben.
»Ich brenne darauf, meine Zeichen zu setzen!«, flüsterte er.
Sie nickte. »Das weiß ich. Ist mir alles bekannt. Und du wirst es auch können.«
»Wann?«
»Gleich hier!«
Seine Augen leuchteten. »In dieser…«
»Nein, nein. Damit wir uns nicht falsch verstehen, mein Freund. Nicht in dieser Umgebung. Du wirst schon in das kleine Restaurant in der ersten Etage gehen müssen.« Als sie seinen skeptischen Blick sah, sagte sie: »Ich beschreibe dir den Weg.«
Phil Harper hörte sehr genau zu. Besonders interessierte ihn, was Lukretia über die drei Personen sagte, auf die er besonders achten sollte.
»Es sind wichtige Leute für mich. So wichtig, dass sie nicht mehr am Leben bleiben dürfen. Sie müssen sterben. Du hast genügend Kugeln in deinem Magazin. Niemand wird dir ansehen, was du vorhast. So harmlos wie du ist kaum jemand. Und dann ziehe es durch. Auch im Namen deiner neuen Existenz. Im Namen des Bösen, dessen Keim dich durch mich erreicht hat.«
Phil Harper schaute die Silberblonde mit glänzenden Augen an. Genau das hatte er hören wollen.
Genau das waren die Worte, die ihn weiterbrachten. Die Vorfreude ließ einen hellen Glanz in seinen Augen entstehen. Er öffnete seinen Mund. In dem kleinen Oval schwappte dunkler Rauch oder Ruß.
»Niemand wird dich fangen können, Phil. Du stehst unter dem Schutz des Bösen. Unter dem Mantel desjenigen, der auch noch hinter mir steht. Und er ist gewaltig. Hast du noch Fragen? Hast du alles behalten?«
»Ja.«
Lukretia wiederholte es trotzdem noch mal. »Zuerst diese drei und nicht wahllos wie zu Anfang besprochen. Panik wird es geben. Du kannst noch einige Male abdrücken, das ist mir egal. Wichtig ist, dass du den Keim des Bösen in die Welt bringst und etwaige Gegner schon jetzt ausschaltest.«
»Du wirst mit mir zufrieden sein, Lukretia.«
»Dann gehe jetzt!«
Sie brauchte nichts mehr zu sagen und schaute nur zu, wie er aufstand und zur Tür ging. Er fiel wirklich nicht auf. Auch nicht mit seiner Kleidung. Harper war nur mittelgroß, hatte dünnes, farbloses Haar, ein Dutzendgesicht und trug zudem eine beige Kleidung, die ebenfalls unauffällig war.
Die Tür schwappte hinter ihm zu. Sekunden später schon war er nicht mehr zu sehen.
Lukretia konnte zufrieden sein. Auch sie wollte sich erheben, da sah sie das etwa fünfjährige Mädchen, das nur zwei Schritte entfernt stand und sie anstarrte.
»Willst du was, Kleine?«
»Ähm… sind… sind deine Haare echt?«
»Und ob.« Lukretia lächelte das Kind an. Die Kleine blieb noch einen Moment stehen. Dann machte sie plötzlich kehrt und rannte zu ihrer Mutter, die sich in die Schlange der Käufer eingereiht hatte.
Als wäre das Kind aus einem schlimmen Albtraum erwacht, warf es sich in die Arme der Mutter.
Es sprach schnell und deutete dorthin, wo Lukretia gesessen und es angeschaut hatte.
Der Platz war leer.
Die Frau hatte das Restaurant bereits verlassen. Sie hielt sich im Eingangsbereich auf und wartete, dass eine Etage über ihr die Hölle ausbrach…
***
Lady Sarah war etwas langsamer. Ganz natürlich in ihrem Alter. Jane und ich waren bereits aufgestanden, wobei ich mich als Kavalier um die Horror-Oma kümmerte.
Jane Collins hielt sich neben mir auf. Sie schien die Silberblonde noch immer nicht vergessen zu haben, denn ihr Blick war nur nach vorn gerichtet, damit sie sich das Kommen und Gehen der Gäste anschauen konnte.
Es war viel junges Volk hier. Oft für den normalen Geschmack extrem gekleidet, aber durchaus trendy, wie andere sagten. Viel Leder oder enge farbige Tops und Shirts. Schmuck, der an allen möglichen Stellen des Körpers angebracht war. Dazu Haare, die in oft grellen Farben leuchteten.
In einer derartigen Gruppe fällt immer jemand auf, der »normal« gekleidet ist. Da wird sogar der Unscheinbare zum bunten Vogel, und genau das war auch hier der Fall.
Ich sah ihn nicht. Es war Jane Collins, die den Mann entdeckte und sich schon wunderte. Der Typ mit dem fahlblonden Haar war nicht weit hinter dem offenen Zugang stehen geblieben. Etwas unschlüssig verharrte er auf der Stelle, aber er bewegte dabei seinen Kopf. Wie jemand, der nach einer bestimmten Person Ausschau hält. Es konnte durchaus sein, dass ein Vater seinen Sohn oder die Tochter suchte.
Auf einmal bewegte der Mann seinen Kopf nicht mehr. Er schien den Gesuchten entdeckt zu haben, und Jane Collins begann sich zu wundern, denn sie sah den Blick des Mannes auf sich gerichtet.
Oder doch
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