1161 - Totentanz in M 82
Krebszelle, inmitten ihres sonst völlig rationalen und logischen Bewußtseins.
So weit waren wir gekommen, da sagte Simsin: „Unsere Zeit ist um. Seth-Apophis nimmt an, daß du die ganze Zeit von ihren Foltermechanismen bearbeitet wurdest. Zieh das in Betracht, wenn du vor sie hintrittst."
Die Projektion verschwand. Der gräßliche Schrei hallte ein letztes Mal auf. Ich sah das breite, verzerrte Gesicht wie einen fließenden Schatten. Dann wurde es hell hinter mir.
Aus dem Nichts schoß ein Bündel von Tentakeln heran, umschlang mich und riß mich hinaus in die erbarmungslose Helligkeit des Korridors. Atoresk wartete dort mit den beiden Fleischklumpen. Sie brachten mich zur Kammer des Schweigens.
Das war billiger Rat gewesen, den Simsin mir gegeben hatte. Ich brauchte den Gefolterten nicht zu spielen. Es gab keinen Muskel, keinen Nerv in meinem Körper mehr, der nicht schmerzte. Die Augen tränten. Die Umrisse der Dinge, die mich umgaben, sah ich wie durch eine Wand aus Wasser hindurch. Die Zunge lag mir wie ein aufgequollenes Stück Baumrinde im Mund. Wenn ich zu sprechen versuchte, brachte ich nur krächzende, unverständliche Laute hervor. Hätten die Tentakel mich nicht festgehalten, ich wäre zu Boden gestürzt und liegengeblieben.
Der Anblick der in bleiches Fädengewirr eingebetteten Mumie erschreckte mich nicht mehr. Die Fähigkeit, Wiederwillen, Abneigung und Angst zu empfinden, war dem gemarterten Bewußtsein abhanden gekommen. Simsin hatte mich durch sein Eingreifen vor dem Wahnsinn gerettet, aber die Kräfte, die mir durch die Tortur abhanden gekommen waren, hatte er mir nicht wiedergeben können.
Seth-Apophis' synthetische Stimme sprach auf mich ein. Ich verstand nur ein Zehntel.
Von Gehorsam war die Rede und von weiteren Qualen. Es war mir alles gleichgültig. Eine zweite Folter dieser Art würde ich nicht bei gesundem Verstand überstehen. Das Wesen im Körper der Mumie schien schließlich meinen Mangel an Aufnahmefähigkeit zu erkennen. Eine Tür öffnete sich. Zwei Tentakel griffen herein und nahmen mich auf. Über Gänge und Rampen ging es nach oben. Ich besaß nicht genug Konzentrationsfähigkeit, mir die Einzelheiten des Weges einzuprägen. Schließlich erreichten wir einen Korridor, dessen Boden dick mit Staub bedeckt war. Ich mußte für einen Augenblick die Besinnung verloren haben, denn als ich die Augen wieder aufschlug, waren Atoresk und seine beiden Gehilfen verschwunden. Statt dessen beugte Nachor, der Armadaprinz, sich über mich und musterte mich mit besorgtem Gesichtsausdruck.
*
Er brachte ein kleines Gefäß herbei, schöpfte daraus mit der Hand und netzte mir die Lippen.
„Ich möchte hören, wie es dir ergangen ist", sagte er. „Aber zuerst sieh zu, daß du wieder zu Kräften kommst."
Waylon Javier stand scheinbar unbeteiligt im Hintergrund des Raumes. Er bemerkte meinen fragenden Blick und hob die Hand. Ich begriff. Er war vorsichtig. Wenn Seth-Apophis ihn rief, wollte er nicht dabei ertappt werden, wie er sich besorgt um seinen halb bewußtlosen Kommandanten kümmerte.
„Ich habe das Loch dort untersucht", begann Nachor von neuem. „Es führt in einen Gang, der früher offenbar von Wartungsrobotern benützt wurde. Anders kann ich mir die geringen Ausmaße nicht erklären." Sein rotes Auge leuchtete. „Am anderen Ende des Ganges liegt ein technisches Wunderland, ein Raum nach dem ändern, ein Stockwerk über dem ändern bis hinauf zur Kuppe des Gebäudes. Seit unvorstellbaren Zeiten vernachlässigt, aber zum Teil noch in Betrieb. Die Technik erscheint auf den ersten Blick undurchsichtig. Aber wer sich auskennt, findet sich damit zurecht. Mit den Maschinen, die dort stehen, können wir einiges anfangen, mein Freund, Ich habe nur hoch nicht ermittelt, woher sie ihre Energie beziehen ..."
„Sonne", krächzte ich.
Er wich vor mir zurück, als hätte ich plötzlich den bösen Blick entwickelt.
„Woher weißt du das?" stieß er hervor, aber als er sah, wie ich erneut zum Sprechen ansetzte, winkte er hastig ab. „Nein, nein; das hat noch Zeit. Schone dich."
Er wartete, um zu sehen, ob ich seiner Aufforderung folgte. Dann fuhr er fort: „An einer größeren Ansammlung von Aggregaten, die das Zentrum der Anlage bildet, sind deutlich Spuren von Fremdeinwirkung zu erkennen. Irgend jemand, der nicht mit dem Erbauer der Maschinen identisch war, hat sich daran zu schaffen gemacht - wahrscheinlich, um die Funktion der Aggregate zu verändern ..."
Er unterbrach
Weitere Kostenlose Bücher