1162 - Lukretias Horror-Welt
gehen, ich bleibe, denn ich habe Lady Sarah versprochen, an ihrem Bett zu wachen. Das bin ich ihr schuldig.«
Suko glaubte ja vieles, das allerdings nicht. Nicht in diesem Fall. Er kannte Jane und wusste, wie sie zu Sarah Goldwyn stand. Jung und Alt ergänzten sich da prächtig. Es wäre sogar normal gewesen, hätte sie an Sarahs Bett gesessen und gewacht. Nicht aber nach dieser letzten Szene, als Suko deutlich die dünnen, dunklen Rauchfahnen durch das Licht hatte schweben sehen. Und sie waren aus dem Mund der Detektivin gedrungen. Da war er sich sicher. Wenn sie jetzt an Sarahs Bett blieb, hatte sie mit der Horror-Oma etwas anderes vor als über sie zu wachen.
Aber er benahm sich weiterhin so, als hätte er nichts davon bemerkt. »Bleibst du die ganze Nacht über hier?«
»Das hatte ich eigentlich vor.«
»Ist auch normal bei eurem Verhältnis«, gab Suko zu. »Ich bin nicht nur erschienen, um nach Sarah zu schauen, ich wollte dich auch fragen, ob du etwas mehr über diese Lukretia herausgefunden hast.«
Jane runzelte die Stirn. »Du kannst mir glauben, dass ich es versucht habe, Suko. Aber ich muss leider passen. Es gab nichts, was auf sie gepasst hätte. Sie ist eben wie ein Phantom. So habe ich sie auch in dem Kino-Restaurant erlebt.«
Suko lächelte sie an. Er sah deutlich, dass Jane sein Besuch gerade zu dieser Zeit nicht passte. Lady Sarah hatte nichts bemerkt. Sie lag im Bett und schlief.
Es stand für Suko fest, dass er hier keinen Rückzieher machen und Jane mit der Horror-Oma allein lassen würde. Die Detektivin stand unter dem Einfluss einer fremden Macht. Der dunkle Atem vor ihren Lippen hatte es deutlich gezeigt, und jetzt schaute Jane überrascht zu, wie Suko seine Hände um die Lehne eines Stuhls legte und das Möbelstück in die Nähe des Bett trugs, wo er es abstellte.
»Was… was… hast du vor?«
Suko setzte sich. »Das siehst du doch.«
»Du willst noch bleiben?«
»Ich denke schon.«
Mit dieser Antwort musste die Detektivin erst zurechtkommen. Sie strich verlegen über ihre Stirn hinweg. »Wie lange willst du denn hier im Zimmer bleiben?«
»Das kommt darauf an. Wenn es sein muss, die ganze Nacht.«
»Aber das habe ich doch vor!«
»Und? Wo liegt das Problem?« Fast naiv schaut Suko Jane ins Gesicht. »Sag es, wo liegt das Problem? Sicherlich nicht bei mir, kann ich mir vorstellen.«
»Nun ja, ich meine… es kommt etwas überraschend.« Jane suchte nach einer glaubwürdigen Ausrede, ohne jedoch eine zu finden. Wäre sie kritisch gegen sich selbst gewesen, dann hätte sie sich gesagt, dass ihr Benehmen aus dem Rahmen fiel.
»Was hast du dagegen?«, erkundigte sich Suko mit harmlos klingender Stimme.
»Ja… hm… eigentlich nichts.« Sie blickte auf ihre Hände. »Ich denke da nur an dich und deinen Job.«
»Warum das denn?«
»Ganz einfach. Es reicht doch, wenn sich einer von uns die Nacht um die Ohren schlägt.«
»Im Prinzip schon. Aber Lady Sarah ist eben etwas Besonderes. Meint John übrigens auch.«
»Ach so? Meint er?«
Suko sagte in den folgenden Sekunden nichts mehr. Ein Teil seines Plans war aufgegangen. Er hatte bei Jane Collins für eine gewisse Unsicherheit gesorgt. Selbst im nicht sehr hellen Licht war die Veränderung bei ihr zu sehen. Sie gab sich zwar äußerlich ruhig, doch im Innern musste sie aufgewühlt sein, denn sie wusste nicht, wohin sie schauen sollte.
Suko, der nahe am Bett saß und seinen Platz nicht verließ, schaute zu, wie Jane an der anderen Seite des Betts auf und ab ging. Wie jemand, der über die Lösung eines Problems nachdachte.
Dabei hielt sie den Mund geschlossen. Suko hätte sich gern das Gegenteil gewünscht und noch einmal dem Rauch nachgeschaut, der über ihre Lippen nach außen geflossen wäre, doch den Gefallen tat sie ihm nicht.
Sie ließ sich etwa eine halbe Minute Zeit, bis sie wieder das Wort ergriff. »Ich kann es nicht begreifen, dass wir uns beide die Nacht um die Ohren schlagen wollen. So schwer verletzt ist Sarah doch nicht.«
»Da gebe ich dir Recht!«
»Toll!«, flüsterte sie. »Und warum bleibst du dann hier im Zimmer?«
Der Inspektor hob den Blick. »Möglicherweise ist nicht nur Lady Sarah der Grund für meine Anwesenheit.«
»Ach.« Jane spielte die Überraschte. »Das ist mir neu. Gibt es da noch einen anderen?«
»Möglicherweise. Nein!« Er korrigierte sich selbst. »Es gibt einen zweiten Grund, und das bist du!«
»Ich?« Sie wollte lachen. Das schaffte sie im Ansatz, zu mehr allerdings kam sie
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