1162 - Lukretias Horror-Welt
aus der Masse hervor. Es klappte ohne Schwierigkeiten. Es hatte seine Pflicht getan, und auch das helle Licht war wieder zusammengesunken, so dass mich jetzt wieder die normale Beleuchtung umgab.
Was immer auch vorgefallen war, die Masse hatte die Flüssigkeit verloren. Sie war einfach weg.
Das Gebilde hatte sich auch verkleinert, aber in diesem zu Stein gewordenen Anachronismus steckte ein zusammengepresster Mensch.
Lukretia war tot. Das Gehirn hatte sie umgebracht. Zusammengedrückt, die Sehnen gerissen und die Knochen gebrochen. Sie war jetzt nicht mehr als ein Einschluss im Gestein.
Und der Götze?
Ich schaute über den dicken grauen Klumpen hinweg bis zu ihm. Er war noch da. Er erinnerte an eine Höhlenzeichnung, wie man sie in alten Fundstellen entdeckt hatte.
Sicherlich war er aus der Tiefe hochgespült worden bei all den tektonischen Veränderungen, die es auch hier in der Nähe von London gegeben hatte.
Ich wusste noch nicht, was mit ihm geschehen sollte. Es konnte sein, dass ich den entsprechenden Wissenschaftlern Bescheid gab, damit sie sich darum kümmerten. Wenn das passierte, dann auf jeden Fall unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Und Lukretia war nur zu sehen, wenn man dicht an den Stein herantrat und genau wusste, wo sie von der Masse eingeschlossen worden war. Trotzdem würde ich sie nicht vergessen.
Ich drehte mich um und ging mit langsamen Schritten die Treppe hoch…
***
Die Tür zur Halle stand noch offen. Dahinter malte sich die nächtliche Welt ab, die von Regenschleiern wie Perlenschnüre gezeichnet war. In diesen Vorhang hinein geriet eine fremde Bewegung, und sofort danach huschte mir der schmale Strahl eines Scheinwerfers entgegen.
Ich hatte Jane und Suko erkannt. »Falls ihr mich sucht, ich bin hier, und es ist auch alles soweit okay.«
»John!« Jane Collins stieß einen Jubelruf aus. Dann hielt sie nichts mehr. Sie rannte auf mich zu, warf unterwegs eine Eisenstange weg, und ich musste Jane einfach auffangen, um sie zu stoppen.
Schon auf den ersten Blick sah ich, dass sie wieder normal geworden war. Und sicherlich nicht erst, nachdem Lukretia diese Welt verlassen hatte.
Über ihren Kopf hinweg schaute ich Suko an, der bei uns stehen geblieben war. »Es geht ihr wieder gut, und Lady Sarah ist auch nichts passiert.«
»Das habe ich hören wollen!«, erwiderte ich leise.
»Und was ist mit Lukretia?«
»Sie gibt es nicht mehr, aber sie hat eine besondere letzte Ruhestätte gefunden.«
»Wie das denn?«
»Erkläre ich dir später. Erst einmal möchte ich telefonieren, damit sich Sir James um alles andere kümmern kann…«
ENDE des Zweiteilers
Weitere Kostenlose Bücher