1163 - Der Blut-Galan
würde ich verschieben müssen. Sie war die Letzte, die dafür kein Verständnis gehabt hätte.
»Eines sage ich Ihnen, Kollege, auch wenn es mir nicht leicht fällt. Ich werde mit dabei sein. Diese Wunde lasse ich behandeln, und dann bin ich wieder fit.«
»Nehmen Sie sich nicht zuviel vor, Cash. Gut, dass Sie es erwähnt haben. Ich werde anrufen und…«
Den Rest der Worte schenkte ich mir vorläufig. Die Tür zum Gang hatte ich nicht geschlossen. Sie stand allerdings nicht so weit offen, als dass man von der anderen Seite in den schmutzigen Toilettenraum hätte hineinschauen können.
Ich hörte, wie die zweite Tür aufgestoßen wurde und sich einen Moment später Schritte näherten.
Blitzschnell war ich an der Wand neben der Tür und hielt mich dort im toten Winkel auf. Ich legte einen Finger auf meine Lippen und warf Cash Milton einen entsprechenden Blick zu.
Der Kollege nickte nur. Auch er war gespannt, wer uns da besuchen wollte.
Zunächst hörten wir nur die Tritte. Sie kamen näher, aber sie erreichten nicht die zweite Tür. Plötzlich verstummten sie, und einen Moment später hörte ich einen erstickt klingenden Laut. Es war so etwas wie ein Schrei, der nur mit großer Mühe hatte unterdrückt werden können.
Ich schaute durch den Spalt und sah einen jungen Mann, der neben der Leiche stand. Ein Blick reichte aus, um zu erkennen, zu welcher Gesellschaftsschicht er gehörte. Zu denen, die am Rande leben und von den anderen vergessen worden waren. Möglicherweise ein Fixer. Zumindest aber ein Berber, der auf der Platte lebte.
Der Anblick der Toten musste ihn entsetzt haben. Er zitterte. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt, und ich rechnete damit, dass er jeden Moment auf dem Absatz kehrtmachen und fliehen wollte.
Dem kam ich zuvor.
Ich riss die Tür ganz auf und war wie der Blitz bei ihm. Der Mann hatte sich drehen und wegrennen wollen, aber ich packte ihn und zerrte ihn zurück.
»Nein, ich, nein…« Er wehrte sich nicht nur mit Worten und versuchte, um sich zu schlagen. Es war das aus einer Panik hervor geborene Wehren, das ich schnell stoppte, indem ich ihn in den Polizeigriff nahm. Noch immer eine der sichersten Methoden.
»Okay, es ist vorbei. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin nicht der Mörder.«
Der junge Mann stöhnte nur und drehte den Kopf nach rechts. Mein Blick traf sein Profil. Ich sah die kleine Nase und auch die welke Haut. Das struppige Haar, der Flackerblick, das alles wies auf einen Junkie hin. Wenn das stimmte, konnte Cash Milton ihn kennen. Deshalb schob ich ihn in den Raum hinein, in dem Milton noch immer am Boden hockte und mein Taschentuch gegen seine Wunde drückte.
Der Kollege bekam große Augen, als er sah, wen ich da anschleppte. »Ach - du?«
»Sie kennen ihn?«
»Klar. Es ist der Typ, der mich hier auf die Geräusche aufmerksam gemacht hat.«
»Wunderbar.« Ich ließ ihn los und stieß ihn nach vorn. An der Wand stützte er sich ab und blieb stehen. Er wusste nicht, wohin er schauen sollte. So wechselte der Blick ständig zwischen Cash Milton und mir hin und her.
Seine Angst war schnell vorbei. Er konnte auch wieder eine Frage stellen und flüsterte: »Was ist denn hier los?«
»Wer sind Sie?«
»Warum? Ich…«
»Das ist ein Kollege!« sagte Milton.
»Robby. Ich bin Robby.«
»Junkie?«
Ich hatte gefragt, und Cash Milton antwortete. »Ja, John, er ist ein Junkie und ein armes Schwein. Immer auf der Suche nach Stoff, wie viele andere auch.«
Das machte Robby nichts aus. Wahrscheinlich war er es gewohnt, festgenommen zu werden, was sich wiederum nur auf bestimmte Delikte bezog, nicht aber auf das, was hier tatsächlich geschehen war. »Mit dem Tod von Cindy habe ich nichts zu tun, verdammt. Das müsst ihr mir glauben. Ich hätte das gar nicht tun können, verflucht. Da müsst ihr mir doch glauben.«
»Ah - du kennst sie?« fragte ich.
»Ja. Das ist Cindy.«
»Und weiter?«
Er wirkte unsicher und hob die Schultern. »Wieso weiter? Was soll ich sagen?«
»Mehr!« erklärte Kollege Milton. »Lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Wir wollen mehr über sie wissen. Gehörte sie auch zu denjenigen, die auf Droge waren?«
Robby gab es krampfhaft nickend zu.
»Das reicht nicht!«
»Sie hat es immer gehasst. Sie wollte nicht mehr. Das hat sie oft geagt.«
»Hat sie es denn geschafft?« fragte ich.
»Keine Ahnung. Vielleicht. Ich… ich… habe sie ja lange nicht mehr gesehen. War sie es, die in der Kabine so schreckliche Laute abgegeben
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