1165 - Einsteins TrÀnen
Glanz, der Sols Leuchtkraft auf ihre Oberfläche zaubern konnte, denn dazu waren die Kunstsonnen nicht stark genug. Trotzdem bot sie noch immer einen imposanten Anblick. Dort unten, erinnerte sich der ES-Beauftragte bitter, standen jetzt die vom Vishna-Fieber umprogrammierten Menschen und warteten auf die letzte Phase der sieben Plagen.
Während er sich ihr näherte, ließ Ellert die Kugel nicht aus den Augen.
Es war ein etwa eineinhalb Meter großes Exemplar. Die Oberfläche war nicht zu sehen.
Vielleicht bestand das gesamte Gebilde aus azurn leuchtender Energie.
Aber daran glaubte Ellert nicht. Es hätte nicht zu seinen Visionen gepaßt.
Um ihn herum waren noch andere Kugeln. Sie reagierten nicht auf die Anwesenheit des Menschen. Ellert hatte schon befürchtet, daß diese Objekte über automatische Abwehreinrichtungen verfügten. Er kam jedoch ungehindert bis auf wenige Meter heran.
Dann prallte er gegen eine unsichtbare Barriere, die die Blase umgab. Ellert tastete die Wand ab und führte ein paar Messungen durch, die jedoch keine nennenswerten Ergebnisse brachten.
Danach begann er die Kugel zu umkreisen, in der Hoffnung, vielleicht irgendwo eine Lücke in der Barriere zu entdecken.
Schließlich zog er seinen Impulsstrahler und gab aus unmittelbarer Nähe eine Serie konzentrierter Strahlschüsse ab. Der Schutzschirm der Kugel absorbierte sie mühelos.
Ellert justierte den Strahler neu, so daß er als Kombilader funktionierte und in raschem Wechsel Projektile und Strahlen verfeuerte. Auch damit war der Kugel nicht beizukommen, ebenso wenig mit dem Desintegratorstrahler und dem Vibratormesser, die Ellert danach einsetzte.
Unbeeindruckt von Ellerts Vorgehen setzte die Kugel ihren Flug fort und passierte dabei die kleine Space-Jet, in der Chthon wartete.
„Ich glaube", meldete sich der Schatten, „daß dein Repertoire damit erschöpft ist, Ernst."
Der Mutant mußte das zugeben.
Noch einmal näherte er sich der Blase und schmiegte sich ganz eng an sie. Dabei breitete er die Arme aus, als wollte er sie umarmen.
Da geschah es!
Ein Ruck ging durch Ellerts Körper. Er brauchte einige Zeit, um zu begreifen, daß er von der Kugel regelrecht angezogen wurde. Er schien zu kippen, und plötzlich stand er breitbeinig auf der Energieblase, als hätte es nie eine Barriere gegeben.
„Chthon!" schrie er auf.
„Ich sehe alles", teilte ihm das seltsame Wesen im Nebelwams mit. „Es war, als hätte sich der Schutzschirm in seiner Funktion mit einem Schlag umgekehrt. Es kam zu einer Art gravitationaler Explosion, auf deren Höhepunkt die Kugel dich angezogen hat."
Ellert blickte an sich hinab. Seine Füße berührten die Oberfläche der Blase. Sie leuchteten azurblau, sonst war nichts zu sehen.
„Was kann das bedeuten?" überlegte Ellert. „Die Kugeln hätten wahrscheinlich alle auf diese Weise reagiert. Sie müssen entsprechend programmiert sein."
„Versuche dich von ihr zu lösen!" riet Chthon.
Eisiger Schrecken durchfuhr Ellert, als er daran dachte, daß er nun vielleicht hier festsaß. Er aktivierte sein Rückstoßaggregat. Mühelos hob er ab und flog ein Stück von der Kugel weg. Als er umkehren wollte, war die Barriere wieder da.
Er stieß eine Verwünschung aus.
„So kommen wir auch nicht weiter", meinte Chthon.
„Nein!" Ellert nickte langsam. „Ich fürchte, daß die ersten Tränen bald auf der Erdoberfläche ankommen werden. Laß uns nach Terrania zurückkehren und beobachten, was dort inzwischen passiert ist."
Chthon war einverstanden, und Ellert kehrte in den Diskus zurück, um seinen Platz im Pilotensitz einzunehmen. Um sie herum wirbelten Energieblasen in die tieferen Schichten der Atmosphäre.
Ellerts Hoffnung, sie würden dort vielleicht verglühen, erfüllte sich nicht.
In einer flachen Landebahn steuerte er das Kleinstraumschiff nun ebenfalls in die Atmosphäre und nahm Kurs auf Terrania.
*
Ellert und Chthon sahen, daß sich die Farbe des Himmels und des Grauen Korridors verändert hatten. Die graublaue Grundtönung war kaum noch zu sehen. Auch die Farbstreifen in allen Spektralfarben wirkten blaß angesichts des intensiven silbrigen Leuchtens, das jedes Mal mit einer neuen Plage einherging. Allerdings war dieses Silberlicht niemals zuvor so intensiv gewesen. Der Himmel schien aus brennendem Quecksilber zu bestehen.
Das Licht tat den Augen weh. Ellert bedauerte, daß er den SERUN wieder abgelegt hatte, denn der Blendschutz des Helms hätte seine Augen geschützt.
Der
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