1165 - Von Angst gepeitscht
Schrecken gefangen. Es war ihr unmöglich, sich zu bewegen. Sie hätte Raul Gaskin auch nicht zu Hilfe eilen können, außerdem wollte sie das nicht. Sie gestand sich ein, dass der Vampir dabei war, sie von Gaskin zu befreien.
Oder nicht?
Nein, nein, so einfach war das nicht. Plötzlich kam ihr wieder in den Sinn, was sie alles über Vampire gesehen, gehört und auch gelesen hatte. Gaskin war zwar tot, aber er war nicht richtig tot. Nach dem Absaugen des Blutes würde er sich wieder bewegen können. Dann war er in der Lage, sich zu erheben. Er würde aufstehen und als Wiedergänger die Welt betreten, um sich ebenfalls auf die Suche nach dem Blut der Menschen zu machen.
Sie würde dann vom Regen in die Traufe kommen. Er würde sich auch danach noch auf ihre Fährte setzen.
Leroi war noch nicht satt. Er saugte weiterhin. Er schluckte, er bewegte seinen Mund. Manchmal gab er ein leises Knurren ab, das bei ihm ein Ausdruck der Zufriedenheit war. Die Laute hätten auch zu einem Tier passen können. Sie klangen so wohlig und zufrieden und wurden zwischendurch immer wieder von einem Schmatzen unterbrochen.
Pamela konzentrierte sich auf die Gestalt des Zuhälters. Es gab kein normales Leben mehr in ihr.
Raul Gaskin war zu einer Puppe geworden, mit der man machen konnte, was man wollte.
Der Begriff für Zeit war Pamela verloren gegangen. Sie kam sich selbst vor wie aus dem normalen Leben wegtransportiert. Es schwamm um sie alles. Sie spürte sich selbst nicht mehr, und auch bei ihr stimmte der Vergleich mit einer Puppe.
Im Zimmer war nur die in der Ecke stehende Lampe eingeschaltet. Sie streute zwar ein warmes Licht ab, aber es floss nicht bis zu ihr hin und erreichte auch kaum den Vampir und sein Opfer. Das gesamte Zimmer schien nur durch ein schwaches Licht, das zudem noch durch ein Tuch gefiltert wurde, erhellt zu sein. Der Vampir war eine Gestalt der Nacht, und er war auch dabei, das Licht zu vertreiben, sodass es seine Helligkeit verlor.
Ein Knurren, das auch ein Hund hätte ausstoßen können, schreckte Pam aus ihren Gedanken hoch.
Sie konnte sich plötzlich wieder bewegen. Sie raffte vor der Brust den Morgenmantel zusammen und schob ihren Körper etwas höher.
Auch der Vampir richtete sich auf. Er gab dabei ein wohliges Stöhnen von sich, und er drehte sein Gesicht der Zeugin zu, um ihr zu zeigen, wie er jetzt aussah.
Die Lippen waren durch das Blut verschmiert worden. Auch an den Zähnen klebte noch die rote Flüssigkeit. Die beiden Spitzen waren nicht mehr zu sehen. Einige Tropfen fielen noch nach unten, wurden aber von der vorschnellenden Zunge aufgefangen. Nichts ging bei ihm verloren.
Der Blick blieb auf Pamela gerichtet, und sie stellte sich die Frage, ob jetzt sie an der Reihe war. Es musste eigentlich so sein, es sei denn, der Vampir war satt. Und er hatte noch etwas getan. Durch seinen Biss war auch Raul Gaskin zum Blutsauger geworden. So jedenfalls hatte sie es öfter gesehen oder gelesen. Er würde sich irgendwann erheben und sich ebenfalls auf die Suche nach einem Opfer machen.
Und da hatte er es nicht weit…
Pam begann zu zittern. Ihre Lippen bebten. Sie konnte auch die Hände nicht ruhig halten, denn jetzt rutschten sie unruhig über die beiden Lehnen hin und her. Das Herz schlug viel schneller und härter als gewöhnlich. Sie wünschte sich weit fort. Sie hätte sich sogar in einem Grab versteckt, obwohl sie sich davor fürchtete wie vor allem, was mit Tod und Verwesung im Zusammenhang stand.
Beau Leroi ließ sein Opfer los. Der Zuhälter prallte auf den Boden.
Über seine Lippen drang kein Wort. Auch kein Schrei. Kein Ausruf. Einfach nichts. Er blieb stumm wie ein Fisch, und auch in seinen Augen war nichts mehr zu erkennen. Sie standen zwar offen, hatten jedoch den Glanz verloren. Er befand sich in einer anderen Welt und vor allen Dingen in einem anderen Zustand.
Leroi sprach Pamela an. »Hast du Angst?«
»Ja, habe ich!«
»Ich weiß. Das brauchst du nicht.«
»Wieso?«
»Er wird dir nichts tun.«
Pamela schwieg. Sie hatte sich zuvor darüber gewundert, dass sie in der Lage gewesen war, sprechen zu können, auch wenn ihre Stimme wie die einer Fremden geklungen hatte.
»Aber… aber… er ist wie du!«
Beau Leroi lächelte sie mit noch immer blutverschmierten Lippen an. »Das stimmt wohl, Pam, doch er wird nicht mehr lange so bleiben, das verspreche ich dir.«
Sie konnte sogar den Kopf schütteln. »Wie… wieso? Nicht mehr ein Vampir?«
»Nein, nicht direkt.«
»Was
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