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1170 - Abgrund unter schwarzer Sonne

Titel: 1170 - Abgrund unter schwarzer Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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entgegen. Die Stimme wurde lauter. Rechts und links von mir wuchsen Felswände auf. Der Pfad senkte sich. Ich befand mich in einem Hohlweg. Und schließlich, nachdem ich eine Biegung umrundet hatte, sah ich den Lichtschein vor mir.
    Der Hohlweg mündete in einen kleinen, flachen Talkessel. In einer Senkung hatte sich Wasser angesammelt und bildete einen winzigen Teich. Am Rand des Teichs brannte ein Feuer. Wovon es sich nährte, war mir ein Rätsel. Ich hatte bisher weder Strauch noch. Halm in dieser gottverlassenen Felseinöde gefunden. Über dem Feuer hing an einem primitiven Gestell ein altertümlicher Topf, aus dem Dampf aufstieg. Auf der Sohle des Tales hatte der Wind keine Wirkung mehr. Ich hörte ihn droben um die Felszinnen jaulen.
    Der Eigentümer des Feuers war ein kleiner, alter Mann, nicht nur humanoid, sondern ausgesprochen menschlich. Er war in ein merkwürdiges, altmodisch wirkendes Gewand gekleidet und hockte ein paar Schritte abseits der Flammen. Er starrte in das dunkle Wasser des Teiches. Er schwieg jetzt, aber es war ganz ohne Zweifel seine Stimme gewesen, die ich gehört hatte.
    Neben ihm lag etwas auf dem Boden, das ich nach längerem Hinsehen als einen Hund identifizierte, eine Promenadenmischung aus Bulldogge, Basset und Vorstehhund. Wenn er sein Futter wert gewesen wäre, hätte er mich längst erschnüffelt. Aber er lag da und rührte sich nicht.
    Ich war noch unschlüssig, was ich mit dieser Lage anfangen sollte, da wandte der Alte sich plötzlich um. „Willkommen in der Tiefe der Einsamkeit, Jen Salik", sagte er in reinstem Interkosmo.
     
    *
     
    Ich wirke von Natur aus nicht imposant. Der Mann mit dem Status eines Ritters der Tiefe und dem Aussehen eines pensionsreifen Programmierers, so nennt man mich. Aber in diesem Augenblick muß ich besonders dumm dreingeschaut haben. Der Alte lachte auf. Sein Gesicht hatte orientalischen Schnitt; die großen, klaren Augen waren von der mongolischen Falte umgeben.
    Selbst des Hundes Interesse hatte ich inzwischen erregt: Er hob den Kopf und schnupperte in meine Richtung. „Es darf dich nicht überraschen, Jen Salik, daß ich deinen Namen kenne", sagte der Alte heiter. „Ich komme viel herum. Mein Name ist Yee Soong, und dieser Nichtsnutz dort, den die Götter über seine Zeit hinaus am Leben erhalten, ist Zhu Rou."
    Als er seinen Namen nennen hörte, gab der Hund einen heiseren Laut von sich und kehrte sodann zu seiner schläfrigen Haltung zurück. „Komm näher", forderte mich der Alte auf. „Es ist kalt. Die Wärme des Feuers wird dir guttun."
    Wie ein Automat setzte ich mich in Bewegung. Es war in der Tat bitter kalt. Der Alte wies auf den dampfenden Topf. „Eine Schale Suanlatang biete ich dir an. Sie wärmt den Körper und stärkt den Geist."
    Allmählich kam wieder Leben in meinen geschockten Verstand. „Wo bin ich hier?" fragte ich.
    Er verzog den Mund zu einem breiten Grinsen und entblößte dabei zwei Reihen strahlend weißer Zähne. .„Und wie komme ich hierher, ist die nächste Frage, nicht wahr?" Er machte eine einladende Geste. Ich hockte mich neben ihn. „Spielt es eine Rolle? Nein, sage ich. Du befindest dich in der Tiefe der Einsamkeit. 'Fürchte dich nicht. Noch bist du vor den Hyänen sicher."
    „Vor welchen Hyänen?"
    „Es gibt nur zwei, die braune und die graue. Früh genug wirst du mit ihnen zu tun bekommen." Er begann in einem Beutel zu kramen, den ich bis jetzt für einen Bestandteil seines unförmigen Gewands gehalten hatte, und brachte zwei Eßschalen zum Vorschein. „Sie wollen Freiheit und Gerechtigkeit verschlingen, darum mußt du sie bekämpfen."
    „Was du sagst, ergibt keinen Sinn", beschwerte ich mich.
    Er stand auf und ging zum Feuer. Mit der bloßen Hand tauchte er die beiden Schalen, eine nach der anderen, in die dampfende Flüssigkeit und zog sie gefüllt wieder hervor. Er reichte mir eine davon. Die Wärme des keramischen Gefäßes in den Händen tat mir wohl. Sie zog die Arme hinauf und verbreitete sich durch den Körper.
    Yee Soong hob den Topf vom Feuer und setzte ihn zu Boden. Die Flammen, das sah ich jetzt, nährten sich von quaderförmigen, brikettähnlichen Gebilden. „Zhu Rou, steh auf und nähre dich", gebot er dem Hund.
    Der Hund stand auf und trottete zum Topf hin. Er steckte die Nase in den Dampf und schien eine Zeitlang unschlüssig, ob der Geruch ihm behage. Kurze Zeit später begann er geräuschvoll zu fressen. Yee Soong ließ sich neben mir nieder und nahm seine Schale auf. Mir war

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