1182 - Das Element der KÀlte
auf!"
Die kristalline Struktur von Stein Nachtlichts Zeitturm verlor ihren Zusammenhalt. Sie bröckelte auseinander, doch die Viren stürzten nicht zu Boden, sondern bildeten eine Wolke, die dicht über dem Boden begann und an der Spitze des Turmes endete. Die Wolke bauschte sich in der Mitte auf und nahm Spindelform an. Immer dicker wurde sie, bis sie Kugelform besaß. Auch die übrigen Türme veränderten sich nach demselben Muster. Bald hingen überall die Virenwolken in der Luft.
Irgendwo über den Köpfen der beiden Beobachter summten Robotkameras und übertrugen das Ereignis in die Computer des HQ-Hanse und auf die Bildschirme überall auf der Erde.
Ernst Ellert deutete auf die Wolke, die Stein Nachtlichts Turm gewesen war. Dort, wo der Schacht abwärts geführt hatte, lag der Belag des Platzes unversehrt da. „Er ist da drin?" fragte er. Vishna nickte langsam. „Ja", meinte sie. „Alles ist in der Wolke. Der Schacht, die Verstärkungen an den Zeitsohlen. Auch Stein Nachtlicht!"
„Was geschieht mit den Virenwolken?"
Ellert beobachtete, wie sich die Wolken in Bewegung setzten und den Himmel hinaufstiegen.
Nach kurzer Zeit war sie hinter den Hochhäusern der Stadt verschwunden. Lediglich eine verharrte noch an ihrer alten Stelle. Es war die Wolke Stein Nachtlichts, und sie glitt jetzt langsam davon und auf die Mitte des Platzes zu. Dort verharrte sie und leuchtete in silbrigem Licht.
Und dann verformte sie sich. Sie wurde zu einem komprimierten Gebilde, das einer Kleinausgabe eines Zeitturms ähnlich war, die Stalagmitenform jedoch nicht erreichte. Aus der Virenwolke wurde eine zehn Meter hohe, zwei Meter durchmessende Säule, die aus dem Belag des Platzes ragte. Sie bildete einen farbenprächtigen Kristall, der über den gesamten Platz zu sehen war. Am Fuß der Säule befand sich eine mannshohe Öffnung von ovaler Form.
Ellert trat an die Säule heran und warf einen Blick durch die Öffnung. „Eine Nische", murmelte er. „Eine Säule mit einer Nische. Was sollen wir damit?"
Vishna gab ihm keine Antwort. Sie starrte hinüber zu den Minierden, die noch immer an ihren bisherigen Plätzen verharrten. Auf ihnen gingen die Sturmreiter ihrer Arbeit nach. Eine der winzigen Kugeln näherte sich der Säule und glitt an ihrer Außenseite empor. Der Virochip setzte sich auf die Spitze der Säule und verharrte dort.
Die übrigen Minierden stiegen gleichzeitig in den Himmel hinauf und entfernten sich auf dieselbe Weise wie die Virenwolken. „In den zwanzigtausend größten Städten der Erde ereignet sich fast zeitgleich dasselbe", erklärte Vishna ihm nun. „Jede Stadt erhält eine Virensäule samt Virochip.
Auf diese Weise wird einmal jeder einzelne Mensch direkten Kontakt zum Virenimperium aufnehmen können. Allerdings ist das nur dann vertretbar, wenn ein wirklich ernsthafter Grund vorliegt. Das Virenimperium gibt keine Auskunft auf Fragen nach der Uhrzeit oder Ähnlichem."
Die Nische! erkannte Ellert. Sie ist dazu da, Kontakt herzustellen. Ob ich mit Stein Nachtlicht...? „Der Ordensmann ist in seiner bisherigen Form nicht mehr existent. Es gibt kein Virenkonglomerat, das eine Erinnerung an seine Existenz als Ordensmann aufrechterhält", klang Vishnas Stimme in ihm auf. Diesmal wurde es Ellert ganz deutlich bewußt, daß Belice lediglich den Mund bewegte, ihre Äußerungen jedoch direkt in sein Gehirn projizierte. „Schade", meinte er. „Ich hätte mich gern mit ihm weiterunterhalten. Wir hatten uns soviel zu sagen. Es herrschte eine Art Seelenverwandtschaft zwischen uns!"
„Die du ausgelöst hast", lächelte Vishna. „Modern umschrieben kann man sagen, daß Stein Nachtlicht voll auf dich abgefahren ist. Natürlich liegt auch ein bißchen Gegenseitigkeit vor. Hätte ich mich damals intensiver um euch beide gekümmert, wäre manches anders gekommen!"
„Ja." Ellert deutete hinüber zu einem der Eingänge des HQ-Hanse. Eine Gestalt tauchte dort auf, orientierte sich kurz und eilte dann mit kräftigen Schritten auf sie zu.
Es war Taurec, und der Kosmokrat in seiner diesseitigen Gestalt war erregt. Sein Flüsterhemd befand sich in stetiger Bewegung, und ein klein wenig machte er den Eindruck, als sei er außer Atem. „Die Sitzung war erfolgreich", berichtete er Vishna, ohne Ellert auch nur ein einziges Mal anzusehen. „Bull wird zur GAVÖK reisen und das Gremium informieren. Tifflor hat sich nachträglich entschlossen, ihn zu begleiten. Es kann also nichts schiefgehen, wenn die
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