1182 - Halloween Man
feucht. Der Dunst war hier ebenfalls sehr dicht, und selbst das Scheinwerferlicht konnte ihn kaum durchdringen.
Die Passagiere verhielten sich seltsam ruhig. Sie sprachen nur flüsternd miteinander. Selbst Kitty Hamlock, die mit ihrem Mundwerk sonst immer weit vornweg war, hielt sich zurück.
Natürlich auch Claudia Black.
Dann und wann schickte Frank Evans ihr einen Blick zu. Was er sah, gefiel ihm nicht. Er bekam Mitleid mit der zusammengesunkenen Gestalt der jungen Frau, die ihre Hände wie zum Gebet gefaltet hatte und auf sie schaute.
Die Atmosphäre im Bus hatte sich verändert. Eine andere Kraft schien Einlass gefunden zu haben.
Es herrschte großes Schweigen, und ein fremder Geist war jetzt derjenige, der herrschte.
Obwohl sich Frank Evans auf die Fahrerei konzentrieren musste, brachte er es einfach nicht fertig, Claudia in ihrem Zustand so sitzen zu lassen.
»Bitte, nimm es doch nicht so tragisch. Es steht wirklich nicht fest, dass etwas Schlimmes passiert ist. Mirco wird plötzlich wieder auftauchen.«
»Wo denn?«
»In der Ruine.«
»Nein.«
»Warte es ab. Er hat Zeit genug gehabt und konnte seinen Vorsprung ausbauen. Ich bin einfach davon überzeugt, dass es so gewesen ist. Da lasse ich mir auch nicht reinreden.«
Sie schwieg. Ihr war ja klar, dass Frank Evans es gut mit ihr meinte, aber sie wusste es besser.
Mirco war tot. Sie hatte neben ihm gekniet. Sie hatte seine Kehle gesehen. So konnte niemand überleben. Und auch der Killer war kein Phantombild aus Nebel gewesen. Der war echt gewesen. Grausam echt sogar, und deshalb glaubte sie keinem anderen.
Sie schaute durch die Scheibe. Sie sah den Nebel. Er bildete Wolken, er malte Figuren nach. Er schuf immer wieder neue, die sich nicht lange halten konnten und schon kurz nach dem Entstehen wieder zerrissen wurden.
Manchmal glaubte sie auch, Gesichter innerhalb der grauen fließenden Suppe zu sehen, aber das war wieder nur eine Einbildung. Zweimal putzte sie Tränen aus den Augen und musste sich auch schnäuzen. Normale Gedanken wollten ihr nicht mehr in den Sinn kommen. Wenn sie entstanden, dann drehten sie sich um den Tod ihres Freundes.
Frank sprach sie an. »Möchtest du etwas trinken, Claudia?«
»Nein, nein.«
»Okay, aber ich…«
Er beendete den Satz nicht und zuckte die Achseln. Claudia Black war nicht ansprechbar. Natürlich nicht, und er fragte sich auch, ob es nicht besser gewesen wäre, wieder umzukehren, doch dagegen hätten die anderen etwas gehabt, denn sie konnten nicht glauben, dass Mirco tot war.
Er wollte es nicht, aber er dachte an das Blut an seinen Händen. Und so sah er die Dinge anders.
Claudias leiser Ruf war nur von ihm zu hören gewesen. Mehr ein Kiekser, aber er wurde aufmerksam und schaute sofort in den Nebel hinein. Automatisch ging er vom Gas.
Im nächsten Augenblick zog sich sein Magen zusammen.
Da war jemand!
Eine Gestalt.
Sie stand im Nebel, sie stand auch mitten auf der Straße und ging einfach nicht weg.
Was Evans in den folgenden Sekunden alles sagte, wusste er selbst nicht. Er schaffte es allerdings, den Wagen früh genug zum Halten zu bringen, und als er nach links schaute - nur für einen kurzen Augenblick, der allerdings ausreichte -, sah er das entsetzte Gesicht der Claudia Black.
Auch sie hatte die Gestalt gesehen!
Beide sprachen nicht darüber.
Frank Evans stellte fest, dass sich auch in ihn die Angst hineinschlich. Nur war er der Verantwortliche und konnte sich keine Schwäche erlauben.
Auch die übrigen Fahrgäste hatten gemerkt, dass etwas nicht stimmte.
»He, was ist denn da los?«
»Nicht die Wahrheit, nicht die Wahrheit!«, flüsterte Claudia. »Er ist es gewesen. Ich weiß es.«
Evans schwieg. Er stand auf und drehte sich den Passagieren zu. »Da liegt ein Hindernis auf der Straße. Ich muss aussteigen und nachschauen.«
»Was denn? Ein Baum?«
»Keine Ahnung.«
»Sollen wir helfen?«
»Nein, nein, ich schaue zunächst nach. Wenn es soweit ist, sage ich euch Bescheid.«
Ihm war nicht wohl, als er die Fahrertür öffnete. Frank warf auch Claudia einen Blick zu. Sie saß bewegungslos auf ihrem Platz und hatte die Hände zu Fäusten geballt.
Wohl war Frank Evans nicht, als er seinen Fuß ins Freie setzte. Er verließ die Wärme des Busses und begab sich hinein in die klamme und feuchte Nebelkälte.
Wie viele Meter die Sicht betrug, konnte er nicht mal abschätzen. Für ihn war sie so gut wie gar nicht vorhanden, und das Licht der Scheinwerfer reichte nicht mal eine
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