1182 - Halloween Man
tanzten wir über die Bodenwellen hinweg und hatten immer wieder das Gefühl, dass die Nebelfahnen auf uns zukommen und uns verschlingen würden.
Ich musste mich noch stärker auf den Weg konzentrieren, je höher wir kamen. Er wurde an einigen Stellen ziemlich schmal, und manchmal bestand auch die Gefahr des Abrutschens, aber ich bekam den Rover immer wieder in den Griff.
Janes Verhalten hatte sich verändert. Sie saß zwar noch neben mir, aber sie verhielt sich nicht mehr so ruhig, sondern hielt immer wieder Ausschau nach dieser unheimlichen Gestalt, die wie ein Mensch ausgesehen hatte, aber keiner war.
Weiter ging es.
Als würde vor uns ein Vorhang zur Seite gezogen, so sahen wir plötzlich das Ziel. Die dunklen und mächtigen Mauern, die doch höher waren, als wir angenommen hatten. Breit und kompakt ragten sie gegen den Himmel, sie bildeten ein Bollwerk, und sie sahen mir nicht eben nach einer Ruine aus.
Eine richtige war es auch nicht.
Es gab noch dicke Außenwände, besonders an unserer Seite. Der Weg stieg auch nicht mehr an. Wir hatten jetzt das Plateau auf der Höhe des Hügels erreicht und sahen das alte Gemäuer zum Greifen nahe vor uns.
Ich steuerte den Rover langsam um die Ruine herum. Es musste irgendwo einen Eingang geben.
Einen Durchschlupf, der uns in den Innenhof führte.
Es gab ihn tatsächlich.
Und jetzt sahen wir auch, dass es sich um eine Ruine handelte. Früher musste an dieser Stelle, die vom Licht unserer Scheinwerfer erhellt wurde, mal ein Tor gewesen sein. Jetzt nicht mehr. Zumindest nicht ganz, denn an der rechten Seite war das Mauerwerk eingebrochen und hatte sich in viele unterschiedlich große Resthaufen und Blöcke auf dem ehemaligen Innenhof der Burg verteilt.
Zum Glück gab es für uns genügend Platz, um ohne Schwierigkeiten auf das Gelände fahren zu können. Allerdings wurde das Fahrwerk des Rovers strapaziert, und es dauerte auch nicht lange, bis ich anhielt.
»Gut«, sagte Jane, die ihren Gurt löste. »Das ist es wohl dann gewesen.«
»Vergiss deine Taschenlampe nicht.«
»Keine Sorge.«
Sie hatte es eilig und war auch als Erste draußen. Ich ließ mir etwas Zeit und nahm beim Aussteigen das Bild in mir auf, das Jane und mich umgab.
Ja, es war eine Ruine. Zur anderen Seite hin war diese Feste zusammengefallen. Es standen noch Mauern in unterschiedlicher Höhe. Es gab auch Treppen, über die man dorthin gelangen konnte, und es würde sicherlich noch Keller und Räume geben, die als perfekte Verstecke dienten, auch für den Halloween Man.
Jane Collins hatte sich von mir entfernt. Sie selbst sah ich nicht mehr, aber der Lichtkegel ihrer Lampe zeigte mir, wo sie sich aufhielt. Der runde Mond tanzte auf und ab und huschte über die Mauern und deren kantige Reste hinweg. Jane war dabei, über den ehemaligen Burghof zu gehen, doch was sie suchte, wusste ich nicht.
Nicht weit von mir entfernt und an der linken Seite klaffte ein weit auf gerissenes Maul in der Mauer. Zumindest sah es wie ein halb geöffnetes Maul aus. So etwas erregte immer meine Aufmerksamkeit. Es waren nur ein paar Schritte, dann hatte ich den Zugang erreicht.
Es war der Einstieg in den Keller oder die Unterwelt der Burg. Ob er früher auch so breit gewesen war, konnte ich nicht sagen. Jetzt allerdings war er so hoch, dass ich nicht mal den Kopf einziehen musste, um nach unten zu gehen.
Es gab die alte Treppe noch. Steinstufen, die mit der Hand gefertigt waren und eine unterschiedliche Höhe aufwiesen. Gern hätte ich eine stärkere Lampe besessen, die aber befand sich in Janes Besitz.
So verließ ich mich auf meine kleine Leuchte, deren Strahl ich breit gefächert einstellte.
Die Treppe oder der Weg in die unbekannte Tiefe war zunächst normal breit und wurde dann enger.
Die Wände wuchsen zusammen, und ich musste auch mit den unegalen Stufen zurechtkommen und jeden Schritt sehr vorsichtig setzen.
Schon oft war ich solche und ähnliche Wege gegangen. Das gehörte bei nahe zur Normalität. Mehr oder weniger schlimme Überraschungen hatte ich am Ende dieser Treppen erlebt, und ich war bei meinen Wegen auch immer hinein in die muffigen Regionen irgendwelcher Unterwelten gelangt.
Ich hatte schon Schreckliches gesehen und war auch hier auf eine schlimme Entdeckung gefasst.
Aber das Gefühl der Bedrohung entstand nicht. Nachdem ich die ersten Stufen hinter mir gelassen hatte, stellte ich fest, dass mein »Bauch« nicht reagierte. Oft hat man es in den Fingerspitzen, ob etwas Unerwartetes eintritt.
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