1182 - Halloween Man
ihre Hände bewegten sich hektisch.
»Wer war es?«
»Der… der… Halloween Man!«
Frank Evans sagte nichts. Er war sehr still geworden und merkte nur, dass ihm das Blut in den Kopf stieg. Es war gut, dass er nicht reagierte, womöglich hätte er etwas Falsches gesagt.
Wie Wellen erwischten ihn die Gedanken. Es war unmöglich. Das musste sich Claudia eingebildet haben. Eine Halluzination. Der Nebel hatte ihr etwas vorgegaukelt, was es in Wirklichkeit nicht gab.
Die anderen sechs Fahrgäste hielten sich zurück. Sie bildeten eine stumme Kulisse, die im Hintergrund wartete und ebenfalls geschockt war.
»Das kann nicht sein, Claudia…«
»Doch, doch. Es ist so gewesen, verdammt. Ja, ich weiß es genau. Ich habe das Gesicht gesehen. Er war der, den ich auch von… von… der Toilette her kannte. Du musst mir glauben.« Sie zuckte wieder herum und schlug mit der Faust gegen die Scheibe. »Da draußen habe ich ihn genau gesehen. Direkt an der Scheibe. Er hat sie sogar berührt, glaube ich. Verdammt, das ist…«
Frank Evans blies die Luft aus. Er wusste nicht, was er glauben sollte oder nicht. Er hatte keine Leiche gesehen, obwohl Claudia davon gesprochen hatte. Und der Halloween Man war ihm auch noch nicht über den Weg gelaufen. Irgendetwas lief da nicht richtig und war völlig aus dem Ruder geraten.
Er zog die Nase hoch. »Claudia«, sagte er mit leiser Stimme und fuhr mit einer Hand über ihren Arm. »Wir alle haben mal unsere komischen Minuten und sehen etwas, was es nicht gibt. Vor allen Dingen, wenn es neblig ist so wie heute…«
»Aber ich habe ihn gesehen!«, keuchte sie.
»Okay, dann frage ich dich, wo er hergekommen ist. Oder gab es nur sein Gesicht?«
»Ja.«
»Aha. Keinen Körper?«
»Nein, nein.« Sie schluchzte. »Es war nur sein Gesicht, und es pendelte vor der Scheibe hin und her. Ein paar Mal schlug es sogar dagegen. Ich… ich…«, sie konnte nicht mehr, senkte den Kopf und vergrub das Gesicht in den Händen.
Frank Evans setzte sich wieder normal hin. Auch er war kein Roboter und nur ein Mensch. Was Claudia erlebt hatte, musste er ebenfalls verkraften. Nachdem die so lang gewordenen Sekunden vorbei waren, regte sich im hinteren Teil des Busses etwas. Diesmal übernahm Kitty Hamlock wieder das Wort.
»Was ist denn passiert?«, rief sie. Sie kam nach vorn. Kitty hatte schmale Zöpfe in ihre blonde Mähne geflochten. Sie trug eine kurze Lederjacke und darunter einen Pullover, der einen Streifen um den Bauch herum freiließ. Im Nabel schimmerte ein Ring, und ebensolche Ringe klemmten in den Ohren und in der Nase.
Claudia konnte nicht antworten. Sie saß zusammengekrümmt auf ihrem Sitz und hielt die Hände vors Gesicht. Deshalb antwortete der Fahrer.
»Sie hat ein Gesicht gesehen.«
»Hä?«
»Ja, an der Scheibe. Claudia glaubt, dass es der Halloween Man gewesen ist.« Frank zog eine Grimasse, die darauf hindeutete, dass er Claudias Aussagen nicht eben für normal hielt.
Kitty konnte erst nichts sagen. Sie starrte auf das Fenster, aber da malte sich nichts ab. Nur die feinen Nebelschleier wehten draußen vorbei.
»Der Halloween Man?«
»Ja.«
»Aber das ist doch…«
»Ich kenne die Geschichte. Er ist eine Legende. Jeder wartet auf ihn, man feiert ihn, aber man hasst ihn trotzdem, und man hat Angst vor ihm. Alle wünschen sich, dass er kommt und trotzdem in seinem Versteck bleibt. Paradox, aber das ist so.«
Kitty nickte, ohne mit den Gedanken bei der Sache zu sein. »Oder hat sie Mirco gesehen?«
»Nein.«
»Wo steckt der überhaupt?«
Frank strich über seine Stirn. »Er ist und bleibt verschwunden. Mirco kehrte von der Toilette nicht mehr zurück. Ich weiß nicht, warum er das getan hat…« Von seinem Blutfund erzählte er nichts.
»Ich kann es mir auch nicht erklären«, sagte Kitty und setzte die Frage nach. »Was machen wir denn jetzt?«
»Wir fahren weiter.«
»Muss wohl so sein. Aber wohl ist mir nicht, verdammt.« Sie wollte Claudia ansprechen und tippte auch gegen ihre Schulter, doch die junge Frau schüttelte sich und bewies ihr so, dass sie nicht ansprechbar war.
»Ich gehe wieder zu den anderen.«
»Ja, ist gut.«
Frank Evans wartete, bis Kitty Platz genommen hatte. Er wusste selbst nicht, was er glauben sollte.
Gab es den Halloween Man? Gab es ihn nicht? Die Fragen bedrängten ihn, und er wunderte sich eigentlich darüber, dass nur Claudia ihn gesehen hatte und sonst keiner. Warum hielt er sich so zurück?
Er wollte sie fragen, als sie die Hände
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